Die Bundestagsdrucksache 21/671 vom 24. Juni 2025 enthält die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion zur Praxis privater Parkraumbewirtschafter, über das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Fahrzeughalterdaten abzufragen. Die kritischen Nachfragen der Abgeordneten konzentrieren sich auf datenschutzrechtliche Bedenken, mögliche Fehlfunktionen der verwendeten Kameratechnik und die Rolle des KBA als Auskunftsinstanz.
Zentrale Inhalte und Aussagen der Drucksache:
1. Keine Erkenntnisse über Fehlverhalten oder Missbrauch
Die Bundesregierung erklärt, ihr seien weder systematische Probleme mit den digitalen Erfassungssystemen privater Parkraumbewirtschafter noch spezifische Unternehmen bekannt, deren Forderungen besonders häufig angefochten würden. Auch über fehlerhafte Kameraaufzeichnungen, die zu unberechtigten Zahlungsaufforderungen führen, liegen laut Regierung keine Informationen vor.
2. Umfang der Halterabfragen durch das KBA
Die Zahl der vom KBA auf Grundlage des § 39 StVG erteilten Auskünfte stieg seit 2010 dramatisch an:
Von rund 170.000 im Jahr 2010 auf knapp 3,9 Millionen im Jahr 2024. Dabei wird nicht unterschieden, ob die Anfragen von privaten Parkraumbewirtschaftern oder anderen Anspruchsstellern stammen. Eine genaue Zuordnung der Anfragen zum Zweck oder zum anfragenden Personenkreis findet nicht statt.
3. Gebührenstruktur und Datenerhebung
Für jede Auskunft werden Gebühren in Höhe von 5,10 Euro erhoben. Detaillierte Angaben zu den Anfragen, bei denen keine Halterdaten übermittelt wurden – etwa aufgrund unzureichender Darlegung des Anspruchsgrunds – existieren nicht, da solche Fälle nicht statistisch erfasst werden.
Kritische Bewertung:
Die Antwort der Bundesregierung fällt auffallend defensiv aus. Sie verweist wiederholt auf fehlende statistische Erhebungen und betont das Fehlen eigener Erkenntnisse, was angesichts der hohen Sensibilität der Thematik aus datenschutzrechtlicher Perspektive problematisch erscheint. Die explosionsartige Zunahme der Auskunftsersuchen lässt auf eine wachsende kommerzielle Nutzung von Halterdaten schließen, ohne dass transparente Kontrollmechanismen offengelegt werden. Auch die Tatsache, dass keine Differenzierung nach Anfragezweck oder Anfragendem erfolgt, weist auf ein erhebliches Vollzugsdefizit im Bereich der datenschutzkonformen Verwaltungsauskunft hin. Die pauschale Gebührenregelung schafft zudem einen wirtschaftlichen Anreiz für private Parkraumbetreiber, Halterabfragen massenhaft durchzuführen – möglicherweise auch auf fragwürdiger Grundlage.
Fazit:
Die Drucksache dokumentiert nicht nur ein erhebliches Informationsdefizit innerhalb der Bundesregierung bezüglich der praktischen und rechtlichen Folgen von Halterabfragen durch private Dienstleister, sondern legt auch strukturelle Schwächen in der Regulierung und Kontrolle dieses sensiblen Bereichs offen. Vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung und algorithmischer Entscheidungen im Verkehrsrecht erscheint eine unabhängige Evaluation dringend geboten.
Jahr | Anzahl der Auskünfte |
---|---|
2010 | 170.675 |
2011 | 194.377 |
2012 | 231.095 |
2013 | 371.862 |
2014 | 375.626 |
2015 | 373.298 |
2016 | 611.054 |
2017 | 848.189 |
2018 | 1.025.379 |
2019 | 1.208.355 |
2020 | 1.343.216 |
2021 | 1.564.528 |
2022 | 2.365.502 |
2023 | 3.247.752 |
2024 | 3.898.073 |