Es ist schon fast Routine geworden, diese Meldungen über immer neue Pleiten und Insolvenzen, als wäre das einfach ein weiterer grauer Punkt in der Wirtschaftsnachricht des Tages, dabei steckt dahinter weit mehr als ein paar Zahlen aus Wiesbaden, denn wenn im September über zehn Prozent mehr Regelinsolvenzen gemeldet werden als im Vorjahr, dann zeigt das, dass etwas im System nicht mehr stimmt, und zwar gewaltig. Da geht es nicht nur um Bilanzen und Tabellen, sondern um Existenzen, um Menschen, um das Rückgrat der Gesellschaft, die kleinen und mittleren Betriebe, die seit Jahren die wachsenden Lasten schultern und jetzt nach und nach unter dem Druck zusammenbrechen.
Man kann sich das schönreden und sagen, dass die Wirtschaft sich anpasse, dass Marktbereinigung dazugehöre, aber diese Floskeln helfen niemandem, der sein Lebenswerk verliert, der seine Beschäftigten entlassen muss und am Ende selbst vor dem Nichts steht, während gleichzeitig Großkonzerne mit Subventionen gestützt werden und ihre Dividenden trotzdem auszahlen. Es entsteht der Eindruck, dass in diesem Land die Falschen gerettet werden, nämlich die, die am lautesten schreien oder die besseren Verbindungen haben.
Wenn im Bereich Verkehr und Lagerei die meisten Unternehmen pleitegehen, dann ist das kein Zufall, sondern ein Symptom. Hohe Energiepreise, überlastete Lieferketten, Bürokratie und ein Berg an Vorschriften schnüren den Betrieben die Luft ab, bis nichts mehr geht. Und während Politiker über Transformation und Nachhaltigkeit reden, fragt sich kaum jemand, wie der kleine Spediteur oder der Wirt um die Ecke das alles bezahlen soll. Das klingt dann nach Modernisierung, aber in Wahrheit ist es für viele schlicht das Ende.
Die Verbraucherinsolvenzen steigen auch, fast dreizehn Prozent mehr als im letzten Jahr. Das ist keine Randnotiz, das ist ein Hilfeschrei. Immer mehr Menschen kommen mit ihrem Geld nicht mehr klar, trotz Arbeit, trotz Sparsamkeit. Wer heute eine Familie ernährt, zahlt Miete, Energie, Lebensmittel, Versicherungen, alles wird teurer, und irgendwann ist einfach nichts mehr übrig. Dann hilft auch kein Haushaltsbuch mehr, dann hilft nur noch der Gang zum Gericht.
Diese Zahlen zeigen etwas, das tief unter die Haut geht. Deutschland ist müde geworden, ausgezehrt von Krisen, von Dauerreformen, von Versprechen, die sich in Luft auflösen. Das Land lebt vom Mythos seiner Stärke, von Fleiß und Ordnung, doch während die Schlagzeilen vom wirtschaftlichen Aufschwung reden, bröckelt das Fundament in der Fläche. In Wahrheit wächst die Unsicherheit, die Angst, die stille Verzweiflung. Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, rutschen in die Schuldenfalle. Unternehmer, die sich durch Corona, Energiekrise und Inflation gekämpft haben, sehen jetzt keinen Ausweg mehr.
Man kann sich fragen, wo die Verantwortung liegt. Sicher nicht nur bei den Betrieben, die jetzt Insolvenz anmelden. Viele sind Opfer einer Politik, die zwar Förderprogramme auflegt, aber sie so kompliziert macht, dass kaum jemand sie nutzen kann. Einer Bürokratie, die selbst einfache Entscheidungen in endlose Verfahren verwandelt. Und einer Gesellschaft, die lieber über den nächsten Skandal diskutiert, statt über die Frage, wie wir verhindern, dass die wirtschaftliche Mitte immer weiter ausblutet.
Vielleicht braucht es endlich Ehrlichkeit. Dieses Land hat ein strukturelles Problem, es hat den Bezug zur wirtschaftlichen Realität verloren. Man kann nicht ewig so tun, als sei alles stabil, während Woche für Woche mehr Betriebe aufgeben müssen. Der Glaube an die Kraft des Marktes hilft hier nicht mehr weiter, denn wenn die Rahmenbedingungen so schief sind, dass selbst solide Unternehmen ins Wanken geraten, dann läuft etwas grundsätzlich falsch.
Wer jetzt noch glaubt, das seien bloß konjunkturelle Schwankungen, sollte genauer hinsehen. Hinter jeder Insolvenz steht eine Geschichte, ein Mensch, ein Team, ein Stück Zukunft, das verloren geht. Und wenn diese Geschichten sich häufen, dann betrifft das uns alle. Denn wenn das Rückgrat bricht, hält der Kopf auch nicht mehr lange.
Quelle: Beantragte Regelinsolvenzen im September 2025: +10,4 % zum Vorjahresmonat – Statistisches Bundesamt