US-Inflation steigt moderat – Märkte feiern, Fed bleibt vorsichtig

Die neuesten Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten zeichnen ein ambivalentes Bild: Die Teuerungsrate stieg im September auf 3,0 Prozent – leicht unter den Erwartungen der Ökonomen. Auch die Kerninflation, die Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, lag bei 3,0 Prozent. Damit bleibt die Preisentwicklung oberhalb des Zielwerts der US-Notenbank, aber unter den befürchteten Spitzenwerten.

Ökonomen deuten das Ergebnis als Zeichen einer gewissen Entspannung, nicht jedoch als Entwarnung. Die von Ex-Präsident Donald Trump vorangetriebene Zollpolitik wirkt bislang nur abgeschwächt auf die Verbraucherpreise. „Der Preisauftrieb bleibt trotz der Zollanhebungen moderat“, sagt Elmar Völker von der LBBW. Der Übertragungseffekt auf die Endkunden stecke, so Bastian Hepperle von Hauck Aufhäuser Lampe, „noch in den Kinderschuhen“.

Für die US-Notenbank Federal Reserve sind die Zahlen ein willkommenes Signal – sie bestätigen den vorsichtigen Kurs von Fed-Chef Jerome Powell. Die Notenbank dürfte bei ihrer Sitzung in der kommenden Woche den Leitzins um 0,25 Punkte senken und damit auf eine Spanne zwischen 3,75 und 4,0 Prozent verringern. Im Dezember könnte eine weitere Lockerung folgen. Grund dafür ist weniger die Inflation als der schwächelnde Arbeitsmarkt: Im September gingen laut ADP-Daten rund 32.000 Jobs verloren. Powell sieht darin ein „erhebliches Abwärtsrisiko“ für die Wirtschaft.

Unterstützt wird die geldpolitische Lockerung durch den politischen Stillstand in Washington. Der seit Monatsbeginn andauernde Haushaltsstreit hat die Veröffentlichung wichtiger Konjunkturdaten lahmgelegt. Die Inflationszahlen wurden nur dank einer Sonderfreigabe des Weißen Hauses veröffentlicht. Für den Oktober werden womöglich keine offiziellen Preis- oder Arbeitsmarktdaten mehr vorliegen – ein ungewöhnlicher Blindflug für die Notenbanker, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage verlässlicher Daten treffen müssen.

Die Finanzmärkte reagierten dennoch mit Begeisterung: Der Dow Jones kletterte um 0,9 Prozent auf ein Rekordhoch von 47.147 Punkten, der S&P 500 erreichte 6.799 Zähler, der Nasdaq stieg über die Marke von 23.000 Punkten. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen fielen auf 3,97 Prozent, den niedrigsten Stand seit Jahresbeginn. Auch der US-Dollar gab nach. Investoren setzen klar auf weiter fallende Zinsen und die Aussicht auf günstigere Finanzierungskosten.

Die Lage bleibt jedoch fragil. Der moderate Preisauftrieb mag kurzfristig Entlastung bringen, verdeckt aber strukturelle Risiken: Eine mögliche Importinflation infolge der Zollpolitik, die Belastung durch den Shutdown und ein an Dynamik verlierender Arbeitsmarkt bedrohen die wirtschaftliche Stabilität. Die Fed steht damit vor einem Balanceakt zwischen Konjunkturstimulierung und Preisdisziplin – ein Kurs, der Fingerspitzengefühl verlangt und politische Einflussversuche weitgehend ignorieren muss.

Fazit:
Die Vereinigten Staaten erleben derzeit eine Phase gedämpfter, aber hartnäckiger Inflation. Märkte und Politik deuten sie unterschiedlich: Während Anleger auf Zinssenkungen hoffen, warnen Ökonomen vor Selbstzufriedenheit. Für die Fed gilt es, die fragile Balance zwischen Beschäftigung und Preisstabilität zu wahren – eine Aufgabe, die schwieriger wird, je länger die politischen Störfeuer anhalten.


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