Deutschland zwischen Rezession und Regierungszweifel
Wirtschaftliche Stagnation: Das ifo-Institut schlägt Alarm
Deutschlands Wirtschaft steckt laut ifo-Präsident Clemens Fuest in ihrer schwersten Krise seit Jahrzehnten. Seit 2023 schrumpft die Wirtschaftsleistung, die Produktion sinkt, und mit über drei Millionen Arbeitslosen wurde ein Zehnjahreshoch erreicht. Eine neue ifo-Analyse verdeutlicht die Schieflage: Während der Staatskonsum seit 2015 um rund 25 Prozent gestiegen ist, stagnieren private Investitionen auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Das Bruttoinlandsprodukt verharrt seit 2018 nahezu unverändert – ein Stillstand, der auf strukturelle Schwächen hindeutet. Fuest warnt vor einem „wirtschaftlichen Niedergang“, der langfristig weniger Wachstum, geringere Steuereinnahmen und sinkenden Lebensstandard bedeuten könnte. Seine Diagnose: Deutschland droht eine „italienische Entwicklung“ – also eine Generation wirtschaftlicher Stagnation.
Reformappell an die Regierung Merz
Fuest fordert von Bundeskanzler Friedrich Merz ein umfassendes Reformkonzept bis spätestens Frühjahr 2026 – deutlich über den Koalitionsvertrag hinaus. Zentrale Punkte: tiefgreifende Sozialreformen (z. B. Ende der Mütterrente), ein Stopp steigender Sozialbeiträge und eine massive Entlastung der Unternehmen von Bürokratie. Laut ifo könnten der Wegfall von Dokumentationspflichten zu CO₂, Lieferketten und Mindestlohn bis zu 146 Milliarden Euro zusätzlichen Wohlstand freisetzen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann unterstützt die Forderung: „Mittelstand first“ müsse jetzt die Devise sein.
Vertrauensverlust in die Regierung: Umfrage mit Sprengkraft
Parallel zur wirtschaftlichen Schwäche verliert die schwarz-rote Bundesregierung rapide an Vertrauen. Einer aktuellen INSA-Blitzumfrage zufolge glauben nur 32 Prozent der Deutschen, dass das Kabinett Merz die gesamte Legislaturperiode bis 2029 durchhält. Fast die Hälfte der Bürger (49 Prozent) rechnet mit einem vorzeitigen Ende – ein dramatischer Befund, der auch innerhalb der Union für Unruhe sorgt. Nur unter den eigenen Anhängern herrscht noch verhaltener Optimismus: 64 Prozent der Unionswähler erwarten Durchhaltevermögen, während zwei Drittel der Gesamtbevölkerung bereits das Vertrauen verloren haben.
Zufriedenheit auf Rekordtief
Mit der Regierungsarbeit sind nur noch 25 Prozent der Deutschen zufrieden, 66 Prozent dagegen unzufrieden – ein neuer Höchstwert. Auch Kanzler Merz selbst verliert an Rückhalt: Nur 26 Prozent bewerten seine Arbeit positiv. Seine jüngste Rhetorik zu „Problemen im Stadtbild“ löste zwar eine Debatte aus, brachte aber keinen politischen Gewinn. Laut INSA-Chef Hermann Binkert entfernt sich die schwarz-rote Koalition zunehmend von den Bürgern – auch von jenen, die sie noch wählen.
Analyse und Bewertung
Das Bild, das sich aus beiden Entwicklungen ergibt, ist alarmierend: eine wirtschaftliche Stagnation bei gleichzeitigem politischem Vertrauensverlust. Während Fuest auf strukturelle Reformen drängt, scheint die politische Handlungsfähigkeit der Regierung geschwächt. Der Staat wächst, der Markt stagniert – und der gesellschaftliche Rückhalt für tiefgreifende Reformen schwindet. Soll die Bundesrepublik den Kurswechsel schaffen, braucht es nicht nur wirtschaftspolitische Impulse, sondern auch eine kommunikative und strategische Neuaufstellung der Regierung. Der Handlungsspielraum wird enger – wirtschaftlich wie politisch.
