Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel. Zum Weltmännertag wird wieder über Statistiken gesprochen, über Zahlen und Prozente, über Lebenserwartung und Todesursachen. Männer sterben früher als Frauen, im Durchschnitt fast fünf Jahre früher. Man liest es, man nickt und man geht weiter. Doch was steckt wirklich dahinter. Warum sind Männer immer noch die Verlierer, wenn es um Gesundheit und Lebenszeit geht.
Diese Unterschiede kommen nicht einfach aus dem Nichts. Es liegt nicht daran, dass Männer grundsätzlich schwächer sind oder die Natur sie benachteiligt. Vielmehr ist es eine Mischung aus Verhalten, Rollenbildern und mangelndem Bewusstsein. Männer gehen seltener zum Arzt, sie reden kaum über Sorgen oder Ängste, sie trinken und rauchen öfter, sie riskieren mehr. Viele denken, sie müssen stark sein, unverwundbar, hart im Nehmen. Und genau das wird ihnen oft zum Verhängnis.
Schaut man auf die Zahlen, wird einem anders. Männer sterben häufiger an Herzkrankheiten, an Krebs, an Unfällen oder an den Folgen von Alkohol. Fast dreimal so viele Männer wie Frauen kommen wegen Alkoholproblemen ins Krankenhaus. Sie sitzen abends mit dem Bier in der Hand und sagen sich, es passt schon. Aber es passt eben nicht. Der Körper hält einiges aus, doch irgendwann kommt die Quittung. Ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall, eine Leber, die aufgibt.
Das Problem beginnt viel früher. Jungen lernen oft schon in der Kindheit, dass sie stark sein müssen, dass sie keine Schwäche zeigen sollen. Wer weint, gilt als empfindlich. Wer Angst zeigt, als Weichei. Diese starren Vorstellungen ziehen sich durch das ganze Leben. Sie verhindern, dass Männer sich Hilfe holen, dass sie auf Warnzeichen achten, dass sie über ihre Gesundheit sprechen. Während viele Frauen regelmäßig zur Vorsorge gehen, schieben Männer das lieber auf. Bis es zu spät ist.
Natürlich hat sich einiges verbessert. Die Lebenserwartung der Männer ist gestiegen, die medizinische Versorgung ist besser geworden, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen werden kleiner. Aber das reicht nicht. Es braucht mehr als technische Fortschritte oder neue Medikamente. Es braucht ein Umdenken. Gesundheit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstachtung. Wer sich um sich selbst kümmert, handelt verantwortungsvoll – nicht nur sich selbst gegenüber, sondern auch seiner Familie, seinen Freunden und der Gesellschaft.
Wir leben in einer Zeit, in der vieles erlaubt ist, aber über Gesundheit reden viele Männer immer noch ungern. Über Fitness vielleicht, über Muskeln oder Ernährung, aber nicht über Angst, Alkohol oder Einsamkeit. Dabei sind genau diese Themen entscheidend. Viele Männer vereinsamen, besonders im Alter. Sie verlieren Kontakte, sie ziehen sich zurück, sie verdrängen Probleme. Und irgendwann verliert man nicht nur Lebensfreude, sondern auch Lebenszeit.
Es ist Zeit, das Thema Männlichkeit neu zu denken. Nicht als etwas, das Härte verlangt, sondern als etwas, das Verantwortung zeigt. Ein starker Mann ist nicht der, der alles aushält, sondern der, der weiß, wann er Hilfe braucht. Es ist kein Zeichen von Schwäche, über Schmerzen, Sorgen oder Angst zu sprechen. Es ist Mut. Und Mut war schon immer männlich – und menschlich sowieso.
Vielleicht wäre es ein Anfang, wenn der Weltmännertag nicht nur ein Tag für Pressemitteilungen wäre, sondern ein Tag, an dem Männer wirklich hinschauen. Ein Tag, an dem sie sich fragen, wie es ihnen geht, was sie ändern könnten, was ihnen fehlt. Ein Tag, an dem sie nicht schweigen, sondern reden. Denn Schweigen hat schon genug Leben gekostet.
