Trendwende am ETF-Markt: Die Euphorie weicht der Skepsis

Trotz globaler Börsenrekorde agieren ETF-Anleger zunehmend vorsichtiger. Die einstigen Favoriten USA und Welt werden kritischer gesehen, während europäische Aktien und Schwellenländer-Titel eine deutliche Renaissance erleben. Gewinnmitnahmen bei Rohstoffen und die Nachfrage nach absichernden Produkten unterstreichen den Paradigmenwechsel.

An den Finanzmärkten zeichnet sich eine bemerkenswerte Stimmungsänderung ab. Während Indizes wie der S&P 500, der Euro Stoxx 50 und sogar der MSCI Emerging Markets neue Höchststände markieren, hat die einst grenzenlose Kauflaune im ETF-Handel ein Ende gefunden. An die Stelle der Euphorie tritt eine wachsende Selektivität und ein ausgeprägteres Risikobewusstsein.

Besonders auffällig ist die Entwicklung bei den lange Zeit dominierenden Anlagen in US-amerikanische und globale Aktien-ETFs. „Insgesamt überwiegen noch die Zuflüsse, bei den sonst so gesuchten World- und US-amerikanischen Aktien ist das Bild jetzt aber ausgeglichen“, berichtet Frank Mohr von der Société Générale. Holger Heinrich von der Baader Bank spricht sogar von einem leichten Verkaufsüberhang. Dies deutet darauf hin, dass viele Anleger das aktuelle Kursniveau nutzen, um Positionen zu reduzieren oder Gewinne zu sichern, anstatt blind weiter zu investieren.

Umschichtung: Europa und Schwellenländer im Fokus

Die freiwerdenden Mittel scheinen gezielt umgeschichtet zu werden. Profiteure dieser Entwicklung sind insbesondere ETFs auf europäische und Schwellenländer-Aktien. „Emerging Markets-ETFs machen bei uns mittlerweile 20 Prozent des Umsatzes in Aktien-ETFs aus. Lange Zeit waren es nur wenige Prozent“, stellt Mohr fest. Produkte auf Indizes wie den MSCI Emerging Markets notieren ebenfalls auf Allzeithochs und ziehen weiterhin Kapital an.

Auch europäische Standardwerte erfreuen sich wieder großer Beliebtheit. Gefragt sind laut Händlern vor allem Tracker auf den MSCI Europe und Stoxx Europe 600. Im Fokus stehen dabei vermehrt „stabile, indexnahe Strategien mit Nachhaltigkeitsbezug“, wie etwa Produkte, die den Paris-Aligned-Klimazielen folgen. Ebenso findet der deutsche Aktienmarkt über den Amundi F.A.Z. 100 wieder Zuspruch.

Absicherungsstrategien und Gewinnmitnahmen

Die gestiegene Vorsicht der Anleger manifestiert sich in zwei weiteren Trends: Einerseits werden nach der jüngsten Gold-Rallye konsequent Gewinne bei Edelmetall-ETCs und Minenaktien-ETFs realisiert. Händler berichten einhellig von hohen Umsätzen, die primär auf Verkäufe zurückzuführen sind.

Andererseits steigt die Nachfrage nach Produkten, die eine explizite Verlustabsicherung bieten. Sogenannte „Buffer-ETFs“ erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Diese bieten einen Schutz vor Kursrückgängen bis zu einer definierten Schwelle, begrenzen im Gegenzug jedoch das Aufwärtspotenzial. Diese Instrumente werden offenbar als passendes Werkzeug für ein Marktumfeld angesehen, das von Rekordkursen und latenter Unsicherheit geprägt ist.

Unverändert hoch ist zudem die Nachfrage nach Geldmarkt-ETFs. „Die ETFs werden als Cash-Ersatz genutzt, mittlerweile auch von vielen Privatanlegern“, so ein Marktbeobachter. Dies unterstreicht den Trend, Kapital kurzfristig zu parken und auf neue Einstiegsgelegenheiten zu warten, anstatt es um jeden Preis im Markt zu belassen.


Die wichtigsten Trends im Überblick:

  • Uneinheitliches Bild bei US- und Welt-Aktien: Während einige Anleger weiterhin auf den iShares S&P 500 setzen, werden andere Tracker auf den Nasdaq sowie breit gestreute Welt-Indizes eher verkauft. Technologie- und Klimastrategie-ETFs stehen jedoch weiterhin auf den Einkaufslisten.
  • Europa wieder gefragt: Anleger zeigen vermehrt Interesse an ETFs, die den MSCI Europe und den Stoxx Europe 600 abbilden. Besonders beliebt sind dabei nachhaltige und stabile Strategien wie der Invesco MSCI Europe ESG Climate Paris Aligned oder der Amundi F.A.Z. 100.
  • Comeback der Schwellenländer: Das Interesse an Schwellenländer-Aktien ist deutlich gestiegen und macht mittlerweile rund 20 Prozent des Umsatzes bei Aktien-ETFs aus. Gefragt sind hier unter anderem der MSCI Emerging Markets-ETF von Amundi und der iShares MSCI EM IMI Screened. Beide notieren auf Allzeithochs.
  • Tech-Aktien bleiben im Fokus, aber ohne klaren Trend: Im Bereich der Branchen-ETFs dominieren weiterhin Technologie-Titel, allerdings halten sich Käufe und Verkäufe die Waage. Zuflüsse gab es beispielsweise beim Xtrackers Artificial Intelligence & Big Data, während der iShares Automation & Robotics Abflüsse verzeichnete.
  • Gewinnmitnahmen bei Gold und Silber: Nach der jüngsten Rally bei den Edelmetallpreisen nutzen Anleger die hohen Kurse für Gewinnmitnahmen. Dies betrifft sowohl Gold- und Silber-ETCs als auch ETFs auf Minenaktien.
  • Buffer-ETFs als Absicherung: Beliebt sind sogenannte Buffer-ETFs wie der First Trust Vest Nasdaq 100 Moderate Buffer. Diese aktiven ETFs bieten einen Schutz vor Verlusten bis zu einer bestimmten Grenze, begrenzen im Gegenzug aber auch die potenziellen Gewinne.
  • Geldmarkt-ETFs als Cash-Ersatz: Anleihen-ETFs, insbesondere Geldmarkt-Tracker von Anbietern wie Xtrackers und Amundi, erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit und werden von Anlegern als Alternative zu Bargeld genutzt.

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