„So investieren 450.000 deutsche Privatanleger“ (Handelsblatt, Daten von Flatex)
1. Datengrundlage und Kontext
Es werden rund 450.000 Depots deutscher Privatanleger beim Onlinebroker Flatex aus (Stichtag: 13. Dezember 2025). Das erfasste Anlagevolumen beträgt 25,1 Milliarden Euro, durchschnittlich 55.600 Euro je Depot. Ziel ist es, typische Anlage- und Handelsmuster sowie damit verbundene Risiken aufzuzeigen.
2. Zentrale Anlagepräferenzen
2.1 Dominierende Branchen
- Technologie (insb. KI) und Verteidigung/Rüstung stehen klar im Fokus.
- Am häufigsten gehandelt: Nvidia und Rheinmetall.
- Besonders starke Zuwächse im Handelsvolumen verzeichneten spekulativere Titel wie D-Wave Quantum und Droneshield.
2.2 Home Bias
- 11 der 20 größten Depotpositionen stammen von deutschen Unternehmen (u. a. Allianz, SAP, Rheinmetall).
- Experten sprechen von einem ausgeprägten Home Bias, der typisch, aber risikobehaftet ist, da er die internationale Diversifikation einschränkt.
3. Vermögensstruktur der Depots
- Einzelaktien: 50,7 % des Depotvolumens
- ETFs: 38,4 %
- Hebelprodukte: 3,9 %
- Anleihen: 3,6 %
Damit investieren Anleger jeden zweiten Euro in Einzelaktien, was auf eine vergleichsweise geringe Streuung hindeutet.
4. Handelsverhalten und Risiken
4.1 Überproportionaler Einsatz von Hebelprodukten
- 36 % aller Transaktionen entfallen auf Hebelprodukte, obwohl diese nur knapp 4 % der Depotwerte ausmachen.
- CFDs erreichen weitere 8 % der Transaktionen.
- Experten warnen: Hebelprodukte vervielfachen nicht nur Gewinne, sondern auch Verluste und Handelskosten.
4.2 Kritische Experteneinschätzung
- Finanzprofessoren und Verbraucherschützer sehen Klumpenrisiken, Trendfolge („Aktien, die gerade in aller Munde sind“) und eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten.
- Empirische Studien zeigen laut Experten, dass Privatanleger mit aktivem Handel langfristig den Markt nicht schlagen.
5. Demografische Merkmale
- Rund zwei Drittel der Anleger sind über 40 Jahre alt.
- Knapp 80 % der Depots gehören Männern.
- Der hohe Männeranteil wird mit stärkerer Risikoneigung und höherer Handelsaktivität in Verbindung gebracht.
6. Einordnung und kritische Würdigung
Positiv:
- Der Aktien- und ETF-Anteil ist höher als im Bundesdurchschnitt, wo viele Menschen Geld unverzinst parken.
Problematisch:
- Starke Konzentration auf wenige Trendbranchen und Einzelwerte.
- Intensiver Handel mit hochriskanten Produkten steht im Widerspruch zu langfristigem Vermögensaufbau.
- Der Home Bias und die Popularitätsorientierung verschlechtern das Rendite-Risiko-Profil im Vergleich zu breit gestreuten, globalen ETFs.
7. Kernaussage
Der Artikel zeichnet das Bild aktiver, aber risikofreudiger Privatanleger, die stark auf Trends, Einzelaktien und Hebelprodukte setzen. Experten sehen darin weniger strategische Überlegenheit als vielmehr strukturelle Anlagefehler, die langfristig Rendite kosten können.
