US-Unternehmen bevorzugen seit Jahren Aktienrückkäufe gegenüber Dividendenzahlungen – eine Entwicklung, die in Europa weiterhin kritisch beäugt wird. Während deutsche Anleger traditionell Dividendenaktien favorisieren, setzen Konzerne jenseits des Atlantiks zunehmend auf den Rückkauf eigener Papiere. Nach Daten von Morningstar griffen im vergangenen Jahr rund zwei Drittel der gut 1200 Unternehmen im „Morningstar US Market Index“ zu diesem Instrument – vor 20 Jahren waren es lediglich 22 Prozent.
Die Mechanik ist simpel: Durch Rückkäufe wird die Zahl der im Umlauf befindlichen Aktien verringert, der Gewinn pro Aktie steigt, und die Nachfrage wird stimuliert. Das kann die Kurse stützen und die Anteilseigner belohnen, ohne dass regelmäßige Ausschüttungen erfolgen. Kritiker monieren jedoch, dass diese Praxis Kapital bindet, das besser in Forschung, Entwicklung und nachhaltiges Wachstum investiert wäre.
Dennoch sprechen aus Anlegersicht fünf Punkte für Rückkäufe. Erstens dienen sie wie Dividenden der Kapitalrückführung – allerdings flexibler und ohne die feste Verpflichtung regelmäßiger Auszahlungen. Zweitens signalisieren sie finanzielle Stärke, da Unternehmen meist nur dann eigene Aktien erwerben, wenn sie sich solide aufgestellt sehen. Drittens gelten steuerliche Vorteile: Kursgewinne werden erst bei Verkauf versteuert, Dividenden hingegen sofort. Viertens können Rückkäufe bei fehlenden lohnenden Investitionsmöglichkeiten sinnvoller sein als teure Expansionsprojekte. Und schließlich zeigen historische Daten, dass Firmen mit hohen Rückkäufen am Markt überdurchschnittlich abschneiden. So legte der „S&P 500 Buyback Index“ in drei Jahren um fast 55 Prozent zu – fast doppelt so stark wie der Dividenden-Index „S&P 500 Dividend Aristocrats“.
Auch Anleger können von dieser Strategie profitieren: Über börsengehandelte Fonds wie den Amundi S&P 500 Buyback ETF oder den Invesco Nasdaq Global Buyback Achievers ETF, die auf Rückkaufprogramme spezialisiert sind, lässt sich die US-Vorliebe einfach ins eigene Portfolio integrieren.
Doch Vorsicht: Rückkäufe sind kein Allheilmittel. Sie können den Gewinn pro Aktie künstlich aufblähen, während langfristige Innovationskraft auf der Strecke bleibt. Wer sich auf diese Strategie stützt, sollte daher genau prüfen, ob die Rückkäufe Ausdruck von Stärke sind – oder bloß von Fantasie.
