In jüngster Zeit zeichnet sich am Markt für Investmentfonds ein Trend ab: die wachsende Beliebtheit „aktiver“ ETFs. Diese Anlageprodukte versprechen, die Vorteile börsengehandelter Indexfonds (ETFs) mit den Potentialen aktiv gemanagter Fonds zu vereinen. Doch hinter dem vielversprechenden Marketing verbirgt sich eine differenzierte Realität, die eine kritische Betrachtung erfordert.
Was sind aktive ETFs und wie funktionieren sie?
Aktive ETFs (Exchange Traded Funds) ähneln in ihrer Struktur passiven ETFs: Sie sind börsengehandelt, transparent und im Allgemeinen kostengünstiger als traditionelle aktiv gemanagte Fonds. Der entscheidende Unterschied liegt im Management:
- Passive ETFs: Bilden einen Index wie den DAX oder MSCI World passiv nach und spiegeln dessen Wertentwicklung wider.
- Aktive ETFs: Verfolgen das Ziel, durch strategische Anlageentscheidungen eine Outperformance gegenüber der Benchmark zu erzielen. Ein Fondsmanager trifft aktiv Kauf- und Verkaufsentscheidungen, um die Zusammensetzung des Portfolios zu optimieren.
Das zentrale Versprechen: Den Index schlagen
Das Ziel, die Benchmark zu übertreffen, ist das Kernversprechen aller aktiv gemanagter Anlageprodukte, ob traditioneller Fonds oder ETFs. Hierbei kommen Instrumente wie Fundamentalanalyse, Timing-Strategien oder die Spezialisierung auf bestimmte Sektoren zum Einsatz. Der wesentliche Unterschied zwischen aktiv gemanagten Fonds und aktiven ETFs liegt nicht in diesem Ziel, sondern in ihrer Struktur, Kostenstruktur und Handelbarkeit.
Unterschiede zwischen aktiven ETFs und traditionellen Fonds:
Merkmal | Traditionelle Fonds | Aktive ETFs |
---|---|---|
Handelbarkeit | Einmal täglich zum Nettoinventarwert (NAV) | Kontinuierlich während der Börsenzeiten |
Kosten (TER) | Oft > 1,5%, inkl. Vertriebskosten | Typischerweise 0,3% – 0,7% |
Transparenz | Portfoliobestände meist quartalsweise veröffentlicht | Tägliche Offenlegung der Bestände häufig üblich |
Vertrieb | Über Banken, Finanzberater | Direkt über die Börse |
Zielgruppe | Oft weniger aktive Anleger, die Beratung suchen | Eigenständige, kostenbewusste Anleger |
Risiken und Herausforderungen aktiver ETFs
Trotz der vermeintlichen Vorteile bergen aktive ETFs Risiken:
- Performance-Risiko: Die aktive Verwaltung birgt das Risiko, dass das Fondsmanagement Fehlentscheidungen trifft und die Rendite hinter der Benchmark zurückbleibt.
- Marktrisiko: Unvorhersehbare Marktentwicklungen können die Performance beeinträchtigen.
- Ungesicherte Outperformance: Die versprochene Mehrrendite ist nicht garantiert.
Kritische Perspektive: Marketing vs. Realität
Der wachsende Marktanteil aktiver ETFs wirft Fragen auf:
- Empirische Evidenz: Studien zeigen, dass die Mehrheit aktiv gemanagter Fonds, einschließlich aktiver ETFs, ihre Benchmark langfristig nicht schlägt, besonders nach Abzug der Kosten.
- Markteffizienz: Effiziente Märkte erschweren es, dauerhaft eine Outperformance zu erzielen.
- Marketingstrategie: Häufig werden aktive ETFs als innovative Lösung gegenüber den vermeintlich starren passiven ETFs positioniert. Dieses Marketing zielt darauf ab, Unsicherheiten bei Anlegern auszunutzen und profitiert vom anhaltenden ETF-Boom.
Mediale Darstellung und ihre Implikationen
Plattformen wie die Tagesschau berichten zwar grundsätzlich sachlich über Finanzprodukte. Allerdings kann die thematische Auswahl und die Darstellung von Trends indirekt die Wahrnehmung von Anlegern beeinflussen. Die Berichterstattung über aktive ETFs könnte den Eindruck erwecken, sie seien eine besonders lohnenswerte oder innovative Alternative, ohne ausreichend auf die Risiken oder die langfristige Erfolgsbilanz einzugehen.
Fazit: Vorsicht ist geboten
Aktive ETFs stellen eine interessante Weiterentwicklung im Fondsuniversum dar, sind aber nicht frei von Kritik. Vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass sie eine strategische Antwort der Fondsindustrie auf den Erfolg passiver ETFs sind. Die versprochene Outperformance ist keineswegs garantiert, und die langfristige Erfolgsbilanz aktiv gemanagter Produkte bleibt ernüchternd. Anleger sollten sich der Risiken bewusst sein, das Marketing kritisch hinterfragen und die langfristige Performance im Auge behalten. Eine differenzierte Betrachtung und eine sorgfältige Analyse der Anlagestrategie und Kostenstruktur sind unerlässlich, bevor eine Investitionsentscheidung getroffen wird.