Die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 16. Juli 2025 liefert einen detaillierten Überblick über die wachsende Zahl alleinlebender Menschen in Deutschland und beleuchtet dabei deren soziale und wirtschaftliche Lage. Hier die wichtigsten Erkenntnisse in zusammengefasster Form:
Anstieg der Alleinlebenden
In Deutschland leben inzwischen 17 Millionen Menschen allein, was 20,6 % der Bevölkerung entspricht. Dieser Anteil liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt von 16,2 %. Innerhalb von 20 Jahren stieg die Zahl der Alleinlebenden um 21,8 %. Besonders häufig allein leben ältere Menschen (34 % bei über 65-Jährigen, 56 % bei über 85-Jährigen) sowie junge Erwachsene im Alter von 25 bis 34 Jahren (28 %).
Soziale und wirtschaftliche Risiken
Alleinlebende tragen ein deutlich höheres Armutsrisiko: 2024 galten 29 % von ihnen als armutsgefährdet – fast doppelt so viel wie in der Gesamtbevölkerung (15,5 %). Der Schwellenwert für Armutsgefährdung bei Alleinlebenden lag bei 1.381 Euro netto im Monat. Zudem waren 35,1 % der Alleinlebenden von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht – eine Kombination aus geringem Einkommen, materiellen Entbehrungen und niedriger Erwerbsbeteiligung.
Einsamkeit
Ein weiterer beunruhigender Aspekt ist das verbreitete Gefühl der Einsamkeit: 25,8 % der alleinlebenden Menschen fühlen sich oft einsam, deutlich mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt (16,3 %). Besonders betroffen sind Jüngere unter 30 Jahren (35,9 %).
Vergleich mit anderen EU-Staaten
Nur in fünf EU-Ländern – allesamt im nord- oder nordosteuropäischen Raum – ist der Anteil der Alleinlebenden noch höher als in Deutschland (z. B. Litauen: 27 %, Finnland: 25,8 %). In Ländern wie der Slowakei (3,5 %) oder Polen (8,8 %) ist der Anteil signifikant niedriger.
Einpersonenhaushalte dominieren
Trotz des relativ geringen Anteils Alleinlebender an der Gesamtbevölkerung stellen Einpersonenhaushalte mit 41,6 % den häufigsten Haushaltstyp dar. Ihr Anteil hat in den letzten 20 Jahren kontinuierlich zugenommen und wird laut Vorausberechnungen bis 2040 auf über 45 % steigen.
Kritische Würdigung
Die vorliegenden Daten werfen ein Schlaglicht auf eine tiefgreifende gesellschaftliche Entwicklung. Der Trend zum Alleinleben mag Ausdruck individueller Lebensentwürfe und urbaner Mobilität sein, ist aber auch ein Indikator für strukturelle Risiken: soziale Isolation, wirtschaftliche Verwundbarkeit und die Erosion familiärer wie nachbarschaftlicher Netzwerke. Die demografische Alterung sowie die gestiegene Zahl junger Alleinlebender deuten auf eine dauerhafte Veränderung im sozialen Gefüge hin – mit erheblichen Herausforderungen für die Sozialpolitik, das Gesundheitswesen und die Stadtentwicklung. Alleinlebende drohen zum „blinden Fleck“ der politischen Aufmerksamkeit zu werden, obwohl sie zahlenmäßig und in ihrer Problemlage zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es bedarf daher einer intensiveren gesellschaftlichen Debatte und gezielter Maßnahmen, um Isolation, Altersarmut und psychosoziale Risiken wirkungsvoll zu begegnen.