Anlagestrategien

Neben dem Value-Investing existiert eine ganze „Werkzeugkiste“ unterschiedlicher Anlagestrategien. Sie unterscheiden sich hinsichtlich Zeithorizont, Risiko, Aufwand und der zugrunde liegenden Philosophie. Im Kern lassen sie sich in aktive und passive sowie systematische und diskretionäre Ansätze einteilen. Hier eine strukturierte Übersicht der gängigsten Strategien:


1. Growth-Investing (Wachstumsstrategie)

  • Kernidee: Kaufen von Unternehmen mit überdurchschnittlichem Umsatz- und Gewinnwachstum – unabhängig vom aktuellen Bewertungsniveau.
  • Merkmale: Hohe KGVs, starke Expansionsraten, oft Technologie- oder Biotech-Titel.
  • Risiko: Hohe Bewertungen können schnell korrigieren („Growth implodes“).

2. Quality-Investing (Qualitätsstrategie)

  • Kernidee: Fokus auf Unternehmen mit nachhaltig hoher Profitabilität, geringer Verschuldung und starkem Marktposition (z. B. „Wide-Moat“-Unternehmen).
  • Merkmale: Hohe Eigenkapitalrendite, stabile Cashflows, Dividenden.
  • Beispiele: Nestlé, Microsoft, L’Oréal.

3. Dividendenstrategie (Income Investing)

  • Kernidee: Anlage in Aktien mit hohen und stetig wachsenden Dividenden.
  • Merkmale: Dividendenrendite, Ausschüttungsquote, Dividendenwachstumsrate.
  • Zielgruppe: Anleger, die regelmäßige Erträge suchen.

4. Dividendenaristokraten / Dividendenkönige

  • Subkategorie der Dividendenstrategie: Unternehmen, die ihre Dividende seit mindestens 25 Jahren (Aristokraten) bzw. 50 Jahren (Könige) jährlich erhöht haben.
  • Beispiele: Procter & Gamble, Johnson & Johnson.

5. Index-Investing / ETF-Buy-and-Hold (passiv)

  • Kernidee: Reproduktion eines Marktindex (z. B. MSCI World, S&P 500).
  • Merkmale: Sehr geringe Kosten, breite Diversifikation, kein Stock-Picking.
  • Vorteil: Langfristig schlägt die meisten aktiven Fonds .

6. Momentum-Investing

  • Kernidee: „The trend is your friend“ – Kaufen von Aktien mit positiver Kursdynamik, Verkaufen von Verlierern.
  • Wissenschaftliche Basis: Faktor „Momentum“ ist einer der am besten dokumentierten Marktanomalien .
  • Risiko: Reversals können abrupt erfolgen.

7. Kaufsignale nach technischer Analyse

  • Beispiele: Gleitende Durchschnitte, RSI, MACD, Chartmuster (z. B. „Golden Cross“, „Inverse Head & Shoulders“).
  • Anwendung: Kurz- bis mittelfristiger Handel, oft kombiniert mit Momentum.

8. Faktor-Investing (Smart Beta)

  • Kernidee: Systematische Ausnutzung bestimmter Renditefaktoren wie:
  • Value (unterbewertet)
  • Size (kleine Unternehmen)
  • Momentum (steigende Kurse)
  • Quality (hohe Qualität)
  • Low Volatility (niedrige Volatilität)
  • Umsetzung: Regelbasiert per ETF oder Fonds.

9. Turnaround / Contrarian Investing

  • Kernidee: Kauf stark fallender oder „gehasster“ Titel in der Hoffnung auf eine Erholung.
  • Beispiele: Banken nach Finanzkrise, Ölkonzerne nach Ölpreissturz.
  • Risiko: „Falling knife“ – Fallende Messer kann man auch falsch auffangen.

10. Event-Driven

  • Kernidee: Profitieren von spezifischen Ereignissen wie Übernahmen, Spin-offs, Kapitalerhöhungen oder Insolvenzen.
  • Beispiel: Merger-Arbitrage (Kauf der Zielgesellschaft, Leerverkauf des Käufers).

11. Global Macro

  • Kernidee: Große wirtschaftliche Trends (Zinsen, Währungen, Rohstoffe) nutzen.
  • Anleger-Typ: Hedgefonds wie Ray Dalios „Bridgewater“.
  • Instrumente: Aktien, Bonds, Währungen, Rohstoffe, Derivate.

12. Quantitative/algorithmische Strategien

  • Kernidee: Ausnutzen von statistischen Marktineffizienzen durch Computerprogramme.
  • Beispiele: Statistical Arbitrage, Pairs-Trading, High-Frequency-Trading (HFT).

13. ESG- und Impact-Investing

  • Kernidee: Investitionen nachhaltiger Unternehmen (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung).
  • Subtrends: SRI (Socially Responsible Investing), SDG-Investments (UN-Nachhaltigkeitsziele).

14. Core-Satellite-Ansatz

  • Kombination: Ein „Core“-Portfolio (z. B. ETF) bildet die stabile Basis, umgeben von „Satelliten“ (aktive Einzelwerte, Themen-ETFs, Faktor-ETFs).

15. Buy-and-Hold vs. Markettiming

  • Buy-and-Hold: Langfristig halten, keine Reaktion auf Kursschwankungen.
  • Markettiming: Aktives Umschichten je nach Marktphase (z. B. „Sell in May and go away“).

Überblick in Tabellenform

StrategieZeithorizontAktiv/PassivTypisches Merkmal
ValueLangAktivUnterbewertung, Sicherheitsmarge
GrowthLangAktivStarkes Umsatz-/Gewinnwachstum
QualityLangAktivHohe & stabile Eigenkapitalrendite
DividendeLangAktiv/ETFKonstante Ausschüttung
ETF-IndexLangPassivBreite Diversifikation, geringe Kosten
MomentumMittelSystematischPositive Kursdynamik
Faktor-ETFLangSystematischRegelbasierte Faktorexposure
TurnaroundMittelDiskretionärGegen den Strom kaufen
Global MacroMittelDiskretionärMakroökonomische Trends
Quant/AlgoKurz-MittelSystematischStatistische Arbitrage
ESG/ImpactLangAktiv/ETFNachhaltigkeit & Rendite

Empfehlung

Viele Privatanleger kombinieren mehrere Strategien – z. B. einen ETF-„Core“ (MSCI World) plus einige Dividendenaristokraten und Quality-Growth-Titel als „Satelliten“. Entscheidend ist, dass die Strategie zur persönlichen Risikotoleranz, zum Zeitaufwand und zum Anlagehorizont passt.


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Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zu allgemeinen Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Bitte konsultieren Sie vor jeder Anlageentscheidung einen unabhängigen Finanzberater