Aufgaben und Auslastung der Bereitschaftspolizeien

Die vorliegende Unterlage ist die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Irene Mihalic, Marcel Emmerich, Dr. Konstantin von Notz, Lukas Benner, Schahina Gambir, Lamya Kaddor, Rebecca Lenhard, Marlene Schönberger sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag (Drucksache 21/1471). Das Schreiben wurde am 3. September 2025 vom Bundesministerium des Innern (BMI) übermittelt und befasst sich mit den Aufgaben und der Auslastung der Bereitschaftspolizeien der Länder sowie der Bundesbereitschaftspolizei.

Hintergrund und Zuständigkeiten

Die 16 Bundesländer verfügen über eigene Bereitschaftspolizei-Einheiten mit insgesamt rund 16.000 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten. Der Bund unterhält parallel die Bundesbereitschaftspolizei als Teil der Bundespolizei. Die Koordination und fachliche Führung der Bereitschaftspolizeien der Länder obliegt dem Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder (IBPdL), der dem BMI zugeordnet ist und direkt der Abteilung Bundespolizei unterstellt ist.

Die Hauptaufgaben der Bereitschaftspolizeien umfassen den Einsatz bei besonderen Lagen wie Versammlungen, Großveranstaltungen, Staatsbesuchen, internationalen Gipfeltreffen sowie Unterstützung bei Naturkatastrophen, schweren Unglücksfällen, Gefahren für die demokratische Ordnung und im Verteidigungsfall. Die Einheitlichkeit der Ausbildung und Ausrüstung ist aufgrund der möglichen Bundesweisung an die Länder im Ausnahmefall verfassungsrechtlich relevant (Art. 35, 91, 115 GG).

1. Haushaltsentwicklung des IBPdL seit 2001

Die Bundesregierung erhebt keine eigenen Daten zu den Landespolizeien, gibt aber Auskunft über den Haushalt des IBPdL. Seit 2016 beträgt der Grundansatz 19.887 Euro. Davor lag er 2015 bei 13.387 Euro. Zwischen 2018 und 2022 kam es aufgrund von Investitionen in Fahrzeuge (Sonderwagen SW5), Körperschutzausrüstung und taktische Ausrüstung zu anlassbezogenen Erhöhungen. Ab 2023 wurde der Ansatz wieder auf das Niveau von 2016 zurückgeführt. Für 2025 ist eine leichte Erhöhung auf 21.886 Euro geplant.

Haushaltsansatz BMI (IBPdL) in Euro:

  • 2015: 13.387
  • 2016–2017: 19.887
  • 2018: 29.887
  • 2019–2020: 38.387
  • 2021: 50.887
  • 2022: 35.887
  • 2023–2024: 19.887
  • 2025: 21.886

2. Investitionen im Bereich kritischer Infrastrukturen

Es sind keine Investitionen oder Zuständigkeitsausweitungen des IBPdL für den Schutz kritischer Infrastrukturen geplant.

3. Schuldenbremse und Ausnahmen

Die Schuldenbremse (Art. 115 GG) erlaubt Ausnahmen nur für bestimmte Bereiche wie Verteidigung, Zivil- und Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste, IT-Sicherheit und Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten. Investitionen des IBPdL fallen nicht automatisch unter diese Ausnahmen, da seine Tätigkeit nicht ausschließlich diesen Kategorien zuzuordnen ist.

4. Personalentwicklung seit 2001

Länder-Bereitschaftspolizeien:

Die Personalstärke der Bereitschaftspolizeien der Länder ist nach einem Rückgang Anfang der 2000er Jahre seit 2018 wieder gestiegen:

  • 2018: 15.186
  • 2019: 15.435
  • 2020: 15.569
  • 2021: 15.696
  • 2022: 15.969
  • 2023: 16.034
  • 2024: 15.959 (leichter Rückgang)

Bundesbereitschaftspolizei (ab 2020):

Die Personalstärke wird in Vollzeitäquivalenten (PVB, VB, TB) angegeben:

  • 01.01.2021: 5.835,19
  • 01.01.2022: 6.099,31
  • 01.01.2023: 6.341,32
  • 01.01.2024: 7.021,90
  • 01.01.2025: 7.088,50
  • 01.07.2025: 7.182,15

→ Deutlicher Anstieg um über 1.300 Stellen seit 2021.

5. Geplante Beschaffungsmaßnahmen durch den IBPdL

Der IBPdL priorisiert Beschaffungen in den Bereichen:

  • Personenmobilität
  • Taktische Spezialfahrzeuge
  • Körperschutzausrüstung (KSA)

Geplante Beschaffungen:

  • Halb-/Gruppenkraftwagen
  • Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen
  • Krankenwagen
  • Materialtransportkraftwagen
  • Befehlskraftwagen
  • Sondergeschützte Fahrzeuge (SW5) mit einem Gesamtbudget von ca. 104 Mio. Euro bis 2029/2030

6. Schutzausstattung für Bereitschaftspolizisten

  • Die Körperschutzausrüstung (KSA) für die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) der Bundespolizei wird vom BMI beschafft und soll 2025 abgeschlossen sein.
  • Weitere bundesweite Beschaffungen personenbezogener Schutzausrüstung sind derzeit nicht geplant.
  • Die Bundesbereitschaftspolizei bezieht ballistische Schutzdecken über eine Rahmenvereinbarung der Generalzolldirektion.

7. & 8. Digitalfunk: Ausgabereste und Beschaffungsprobleme

Zum Ende 2024 bestanden Ausgabereste von 312,98 Mio. Euro im Kapitel Digitalfunk (Kap. 0602, TGr. 02). Diese Mittel sind nicht verfallen, sondern werden benötigt, um rechtliche Verpflichtungen aus bestehenden Verträgen mit der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) in den kommenden Jahren zu erfüllen.

Die Mittel wurden aufgrund von Lieferverzögerungen und Projektanpassungen nicht fristgerecht abgeflossen. Die Bundesregierung betont, dass die Ausschreibungen funktionieren, aber die Erfüllung der Lieferverträge durch externe Anbieter problematisch sei.

Langfristig ist die Nachfolgetechnologie zum TETRA-Standard erforderlich. Der Haushaltsentwurf 2026 sieht daher Mittel für eine resiliente, mobile Breitbandkommunikation vor.

9. Modernisierung des Fuhrparks

Die Modernisierung erfolgt durch:

  • Ständigen Austausch zwischen Bund und Ländern
  • Regelmäßige Bestandserhebungen
  • Standardisierte Aussonderungsverfahren
  • Gemeinsame, priorisierte Ersatz- und Neubeschaffungen innerhalb der verfügbaren Haushaltsmittel
  • Aktualisierung der technischen Ausschreibungsunterlagen und Richtlinien

10. Aufstockung der Wasserwerfer-Einheiten

Die Bundesregierung plant keine Aufstockung der Wasserwerfer-Einheiten.

11. Einsatzlagen 2020–2025

Detaillierte Einsatzdaten liegen bei den Ländern, daher gibt die Bundesregierung nur einen Überblick über die Einsatzschwerpunkte des IBPdL:

  • Versammlungen
  • Großveranstaltungen (z. B. Fußball-EM 2024)
  • Staatsbesuche
  • Internationale Gipfel (z. B. G7-Gipfel 2022)
  • NUK-Transport (Nov. 2024)
  • Jährliche Ereignisse (Tag der Deutschen Einheit, Silvester)

Die Bundesbereitschaftspolizei wird zur Unterstützung bei Grenzkontrollen, Bahnhöfen, Flughäfen und bahnpolizeilichen Aufgaben eingesetzt.

12. Auswirkungen der Binnengrenzkontrollen auf die Einsatzbereitschaft

Die Bundesbereitschaftspolizei wird schwerpunktmäßig im grenzpolizeilichen Bereich eingesetzt. Dennoch sei die allgemeine Einsatzbereitschaft nicht tangiert. Für die Bereitschaftspolizeien der Länder liegen keine zentralen Daten vor.

13. Abgelehnte Unterstützungsersuchen der Länder

Die Bundespolizei führt keine Statistik über abgelehnte Unterstützungsersuchen der Länder seit Mai 2025.

14. Aufgaben des IBPdL im Spannungs- und Verteidigungsfall

Im Spannungs- oder Verteidigungsfall (Art. 35 Abs. 3, 91 Abs. 2, 115 f. GG) kann die Bundesregierung den Ländern Weisungen erteilen. Der IBPdL unterstützt dabei die Bundesregierung bei der Vorbereitung und Umsetzung dieser Entscheidungen.

15. Letzte Übungen im Spannungs- und Verteidigungsfall

Der IBPdL ist in Krisenmanagementübungen („LÜKEX“) eingebunden und nimmt regelmäßig an bereitschaftspolizeilichen Übungsszenarien teil.

16. BRAS 140.1 – Einhaltung der Vorschriften

Die Bestimmungen, Richtlinien, Anweisungen und Sammlungen (BRAS) sind verbindlich und werden laufend auf Aktualisierungsbedarf geprüft.

17. Erstattete Kosten durch die Länder (2020–2025)

Die Bundesregierung erhebt keine zentralen Daten zu den Kosten der Landes-Bereitschaftspolizeien. Für die Bundesbereitschaftspolizei liegen jedoch Erstattungen durch die Länder vor:

Erstattete Kosten nach Einsatzanlass (2020–2025, in Euro):

EinsatzanlassSumme
Besuche565.495,38
Brandereignisse127.197,81
Fußball1.728.657,10
Hochwasser102,45
Versammlungen24.747.837,71
Sonstige574.254,80
Gesamtsumme20.779.390,31

Höchste Erstattungen von:

  • Berlin: 5.084.608,72 €
  • Sachsen: 4.455.512,18 €
  • Sachsen-Anhalt: 1.380.452,10 €

18. Probleme bei der Personalgewinnung

Die Bundesbereitschaftspolizei nutzt gezielte Maßnahmen:

  • Karriereportal: komm-zur-bundespolizei.de
  • Präsenz in sozialen Medien
  • Auftritte auf Job- und Ausbildungsmessen
  • Digitale und analoge Werbung

Erstverwendungen im mittleren Polizeivollzugsdienst erfolgen grundsätzlich in der Bundesbereitschaftspolizei. Die Personalgewinnung für die Landes-Bereitschaftspolizeien liegt in der Zuständigkeit der Länder.

19. Ausbau des Zuständigkeitsbereichs des IBPdL

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist kein Ausbau des Zuständigkeitsbereichs des IBPdL geplant.

Fazit

Die Antwort zeigt, dass die Bundesbereitschaftspolizei in den letzten Jahren deutlich personell aufgestockt wurde und gezielt modernisiert wird, insbesondere im Bereich Fahrzeug- und Schutzausrüstung. Der IBPdL koordiniert die Zusammenarbeit der Länder, verfügt aber über begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen. Die Hauptlast der Einsatzdokumentation und -finanzierung liegt bei den Ländern, die Bundesregierung agiert koordinierend und unterstützend. Aktuelle Herausforderungen betreffen vor allem Lieferengpässe im Digitalfunkbereich und die Einsatzbindung durch wiederkehrende Grenzkontrollen, ohne dass dies bisher die Einsatzbereitschaft gefährdet. Ein Ausbau der Zuständigkeiten oder der Wasserwerfer-Kapazitäten ist nicht geplant.


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