Aufrüstung unter Hochdruck – Milliarden für das Heer, lange Wege zur Einsatzfähigkeit

Die Bundeswehr schlägt ein neues Kapitel auf – zumindest finanziell. Mit Großbestellungen in bislang kaum gekanntem Umfang versucht das Heer, seine über Jahre ausgehöhlten Fähigkeiten wiederherzustellen. Auslöser war der offene Befund nach dem russischen Angriff auf die Ukraine: Deutschlands größte Teilstreitkraft war materiell kaum noch verteidigungsfähig. Waffenlieferungen an Kiew verschärften diese Lage zusätzlich. Nun reagiert die Politik mit milliardenschweren Aufträgen – doch Geld allein garantiert noch keine Sicherheit .

Im Zentrum der Beschaffungen stehen klassische Kernfähigkeiten: Kampfpanzer, Schützenpanzer, Artillerie und geschützte Fahrzeuge. Der Bundestag hat unter anderem die Bestellung von 123 Leopard-2-A8-Kampfpanzern gebilligt, ergänzt durch neue Panzerhaubitzen, die Radhaubitze RCH 155 sowie zusätzliche Lose des lange umstrittenen Schützenpanzers Puma. Hinzu kommen tausende Rad- und Unterstützungsfahrzeuge, etwa vom finnischen Hersteller Patria oder von General Dynamics European Land Systems.

Industriepolitisch profitieren vor allem zwei Akteure: KNDS und Rheinmetall. Sie liefern entweder direkt oder über Joint Ventures einen Großteil der Systeme und bauen ihre Produktionskapazitäten entsprechend aus. Auffällig ist dabei die zunehmende europäische Verflechtung der Rüstungsindustrie – inklusive ausländischer Hersteller, die jedoch vielfach in Deutschland fertigen. Politische Einwände einzelner Bundesländer gegen solche Vergaben blieben letztlich erfolglos.

Aus Sicht einer wirtschaftlich orientierten Sicherheitspolitik ist das Signal klar: Der Staat ist bereit, tief in die Tasche zu greifen. Gleichzeitig offenbaren sich bekannte Schwächen des deutschen Beschaffungswesens. Viele der nun bestellten Systeme werden erst ab 2027 oder gar ab 2028 zulaufen, manche Programme ziehen sich bis in die 2030er Jahre. Für eine Armee, die laut politischer Vorgabe schnell abschreckungsfähig sein soll, ist das ein erheblicher Zielkonflikt.

Hinzu kommt die strategische Doppelbelastung: Deutschland konkurriert bei Produktionskapazitäten mit der Ukraine, die identische Waffensysteme frühzeitig bestellt hat. Solidarität und Eigenvorsorge geraten hier zwangsläufig in Spannung. Auch die starke Konzentration auf wenige Großkonzerne wirft ordnungspolitische Fragen auf – etwa nach Wettbewerb, Kostenkontrolle und industrieller Resilienz.

Unterm Strich markiert die aktuelle Aufrüstung einen notwendigen Kurswechsel. Sie zeigt politischen Willen und finanzielle Entschlossenheit. Ob daraus jedoch zeitnah militärische Handlungsfähigkeit entsteht, bleibt offen. Die eigentliche Bewährungsprobe liegt nicht in den Haushaltsbeschlüssen, sondern in effizienter Umsetzung, verlässlichen Lieferketten und einer dauerhaft leistungsfähigen Rüstungsindustrie.


  • Großbestellungen für die Bundeswehr
    Der Bundestag hat milliardenschwere Aufträge für neue Waffen und Fahrzeuge freigegeben, um die Ausrüstungslücken des Heeres zu schließen.
  • Leopard 2 A8 Kampfpanzer
    • 123 Stück bestellt, erste Auslieferung ab April 2026.
    • Fertigungskapazitäten werden durch Kooperation von KNDS und Tatra erhöht (150 Wannen, Option auf 300 weitere).
  • Panzerhaubitze 2000
    • 22 neue Fahrzeuge ab Mai 2026.
    • Deutschland hatte zuvor 25 Stück an die Ukraine abgegeben.
  • Radpanzer 6×6 von Patria
    • Bis zu 876 Fahrzeuge bestellt (Mörser-, Feuerleit- und Transportvarianten).
    • Wert: über 1 Mrd. €, bei voller Ausschöpfung über 2 Mrd. €.
    • Produktion in Deutschland (KNDS, FFG, JWT).
    • Größter Einzelauftrag für Patria.
  • Radhaubitze RCH 155 (Boxer-Basis)
    • Rahmenvertrag über bis zu 500 Stück, zunächst 3 Muster + 80 Serienfahrzeuge.
    • Geplante Abrufe: 149 weitere ab 2026, Gesamtvolumen ca. 3,4 Mrd. €.
    • Lieferungen für die Bundeswehr ab 2028 bis 2034.
    • Konkurrenz mit Ukraine, die bereits 54 bestellt hat.
  • Schützenpanzer Puma
    • Nachrüstung nach technischen Problemen abgeschlossen.
    • Rahmenvertrag von 229 auf 254 Fahrzeuge erweitert.
    • Parlament genehmigt ca. 4 Mrd. € für 200 zusätzliche Exemplare.
  • Eagle V Allradfahrzeuge (General Dynamics)
    • Vertrag über 5000 Fahrzeuge (Führungs- und Sanitätsfahrzeuge).
    • 3000 direkt beauftragt (4 Mrd. €), 2000 optional.
    • Produktionserweiterung in Deutschland.

Die Bundeswehr investiert über 50 Milliarden Euro in neue Panzer, Haubitzen und Radfahrzeuge. Hauptprofiteure sind KNDS, Rheinmetall, Patria und General Dynamics. Ziel ist, die Einsatzfähigkeit des Heeres nach Abgaben an die Ukraine wiederherzustellen und langfristig zu modernisieren.


Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!

Lasse uns diesen Beitrag verbessern!

Wie können wir diesen Beitrag verbessern?

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zu allgemeinen Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Bitte konsultieren Sie vor jeder Anlageentscheidung einen unabhängigen Finanzberater