Auswirkungen der Teillegalisierung von Cannabis

Die Bundestagsdrucksache 21/983 vom 21. Juli 2025 enthält die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion zu möglichen Auswirkungen der Teillegalisierung von Cannabis auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Fragesteller äußern Besorgnis über eine mögliche Zunahme psychischer Erkrankungen bei jungen Menschen infolge der im Jahr 2024 in Kraft getretenen Teillegalisierung und verlangen kurzfristige Auskünfte über bereits vorliegende Daten und Entwicklungen.

Zentrale Inhalte der Antwort der Bundesregierung:

  1. Fehlende vorläufige Daten: Die Bundesregierung gibt an, derzeit über keine belastbaren oder vorläufigen Daten zur Entwicklung psychischer Erkrankungen infolge der Teillegalisierung zu verfügen. Auch zu etwaigen Veränderungen in den Altersgruppen 15–18, 19–21 und 22–25 Jahre gibt es noch keine belastbaren Hinweise.
  2. Evaluationsvorhaben läuft: Die gesetzlich vorgeschriebene wissenschaftliche Evaluation gemäß § 43 des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) wurde beauftragt und wird von einem unabhängigen wissenschaftlichen Verbund durchgeführt. Der erste Zwischenbericht ist für den 1. Oktober 2025 vorgesehen. Eine vorzeitige Veröffentlichung von Zwischenergebnissen erfolgt nicht.
  3. Umfassender Evaluationsrahmen: Die Evaluierung wurde um zusätzliche Kriterien erweitert, insbesondere hinsichtlich Gesundheitsfolgen und Kinder- und Jugendschutz. Sie berücksichtigt sowohl Primärdatenerhebungen als auch bestehende epidemiologische Daten.
  4. Keine Berichte über Notfalleinsätze: Der Bundesregierung liegen keine aktuellen Auswertungen oder Analysen zu Notfalleinsätzen in Folge psychischer Krisen nach Cannabiskonsum vor.
  5. Begleitende Maßnahmen: Im Rahmen des Gesetzes wird auf Prävention gesetzt. Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) hat cannabisbezogene Informations- und Präventionsangebote ausgeweitet. Der Fokus liegt auf Aufklärung über gesundheitliche und soziale Risiken für Jugendliche und junge Erwachsene, insbesondere über die Plattform www.info-cannabis.de.
  6. Zuständigkeit der Länder: Frühinterventionen und Präventionsmaßnahmen bei Gesetzesverstößen durch Minderjährige liegen in der Verantwortung der Bundesländer.

Kritische Einordnung:

Die Antwort der Bundesregierung wirkt ausweichend und lässt eine klare Einschätzung zu gegenwärtigen Risiken vermissen. Zwar ist die wissenschaftliche Evaluation ein wichtiger Schritt, doch erscheint der völlige Verzicht auf vorläufige Auswertungen – insbesondere angesichts der medial vielfach betonten Risiken für Jugendliche – als problematisch. Eine Regierung, die eine solch weitreichende Reform wie die Teillegalisierung von Cannabis auf den Weg bringt, hätte parallel kurzfristige Monitoringinstrumente etablieren müssen, um rasch auf unerwünschte Entwicklungen reagieren zu können.

Die Berufung auf laufende wissenschaftliche Studien reicht nicht aus, wenn gleichzeitig über eine möglicherweise erhöhte Gefährdung der psychischen Gesundheit junger Menschen diskutiert wird. Präventionsmaßnahmen allein, wie sie über das BIÖG kommuniziert werden, mögen hilfreich sein, ersetzen jedoch keine solide und tagesaktuelle Datengrundlage.

Insgesamt offenbart das Papier eine erhebliche Lücke zwischen gesetzgeberischem Handeln und gesundheitspolitischer Vorsorge. Die Bundesregierung sollte stärker in die Pflicht genommen werden, begleitend zur Umsetzung des KCanG engmaschige Überwachungssysteme zu etablieren und deren Erkenntnisse öffentlich und transparent zu machen – auch um den öffentlichen Diskurs auf einer sachlichen, evidenzbasierten Grundlage zu führen.

Noch einmal zur Erinnerung

Die Teillegalisierung von Cannabis wurde unter der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP auf den Weg gebracht und trat im Jahr 2024 in Kraft. Der damalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war einer der zentralen Befürworter dieser Reform. Er begründete die Maßnahme regelmäßig mit dem Argument, dass das bisherige Verbot gescheitert sei und durch eine kontrollierte Freigabe sowohl der Schwarzmarkt zurückgedrängt als auch der Kinder- und Jugendschutz gestärkt werden könne.

Im Vorfeld der Gesetzesänderung kündigte Lauterbach eine groß angelegte Aufklärungskampagne an, die über die Risiken des Cannabiskonsums – insbesondere für Jugendliche – informieren und präventiv wirken sollte. Die Kampagne sollte Teil einer umfassenden gesundheitspolitischen Flankierung sein und dem erklärten Ziel dienen, die Legalisierung nicht als Verharmlosung, sondern als reguliertes Schutzinstrument zu verstehen.

Was wurde daraus?

Nach Angaben der Bundesregierung in der Drucksache 21/983 (Juli 2025) hat das neu gegründete Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) Informations- und Präventionsangebote ausgebaut. Die zentrale Plattform dafür ist die Webseite www.info-cannabis.de, über die Aufklärungsinhalte, Materialien für Multiplikatoren sowie präventive Maßnahmen bereitgestellt werden. Auch Programme zur Resilienzstärkung bei Jugendlichen seien weiterentwickelt worden.

Kritische Bewertung:

Ob die versprochene „großflächige“ Kampagne tatsächlich dem Ankündigungsformat entspricht, bleibt fraglich. Die bisher sichtbaren Aktivitäten – etwa die genannte Webseite – wirken zwar professionell, aber eher zurückhaltend im Umfang. Eine bundesweit breit angelegte, medienwirksame Aufklärungsoffensive, wie sie etwa bei der COVID-19-Pandemie unter dem Motto „Ich schütze mich“ oder in früheren Anti-Drogen-Kampagnen des Bundes („Gib Drogen keine Chance“) durchgeführt wurde, ist bislang nicht im öffentlichen Bewusstsein angekommen.

Daher lässt sich mit Fug und Recht fragen, ob der politische Anspruch der Bundesregierung, insbesondere von Minister Lauterbach, tatsächlich eingelöst wurde – oder ob die Aufklärungsarbeit bisher auf ein Mindestmaß beschränkt blieb, das der Tragweite der Legalisierung nicht gerecht wird. Gerade angesichts der weiterhin bestehenden medizinischen und gesellschaftlichen Kontroversen über die Folgen des Cannabiskonsums – insbesondere für Heranwachsende – wäre ein breiterer präventiver Rahmen dringend geboten gewesen.

Kurzum: Die großflächige Kampagne wurde zwar angekündigt – ihre praktische Umsetzung aber wirkt bislang eher schmalspurig und technisch verwaltet als medienwirksam und gesellschaftlich durchdringend. Das birgt das Risiko, dass wichtige Zielgruppen – insbesondere Jugendliche aus bildungsferneren Milieus – nicht wirksam erreicht werden.


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