Die Giganten der Tech-Branche bleiben das Rückgrat der internationalen Kapitalmärkte – und zugleich ihr größtes Risiko. Nach den jüngsten Quartalszahlen von Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft und Nvidia zeigt sich ein Spannungsfeld zwischen rasanter Expansion und bilanzieller Belastungsprobe. Während Anleger weiter auf die KI-Welle setzen, offenbaren die Bilanzen eine wachsende Kluft zwischen Wachstum und finanzieller Substanz.
Alphabet und Microsoft: Solide Basis trotz Investitionsflut
Alphabet überzeugt mit robusten Zahlen. Das Such- und Werbegeschäft bleibt hochprofitabel, die Cloud-Sparte wächst um fast 90 Prozent. Mit einem Free Cashflow von rund 64 Milliarden Dollar und Cashreserven von knapp 100 Milliarden bleibt der Konzern finanziell souverän. Ähnlich steht Microsoft da: Der Softwarekonzern investiert massiv in KI und Rechenzentren, doch die Ausgaben werden durch einen rekordhohen Cashflow getragen. Eine Nettoverschuldung von nur 18 Milliarden Dollar bei 363 Milliarden Eigenkapital unterstreicht die Bilanzqualität.
Amazon und Meta: Wachstumswette auf Kredit
Anders Amazon. Der Onlinehändler investiert 120 Milliarden Dollar, während der freie Cashflow auf nur 22 Milliarden sinkt. Das Verhältnis von Investitionen zu Liquiditätsüberschuss liegt bei alarmierenden 5,4. Zwar stützen hohe Barbestände kurzfristig, doch die Kapitalintensität des Cloud- und Logistikgeschäfts droht langfristig zum Risiko zu werden. Auch Meta befindet sich in einer kostspieligen KI-Offensive. Die Investitionen steigen auf 70 Milliarden Dollar, der Free Cashflow fällt auf 41 Milliarden. Noch trägt das Werbegeschäft, doch das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag kippt allmählich.
Apple und Nvidia: Stabilität durch Effizienz
Apple bleibt der Fels in der Brandung. Mit vergleichsweise geringen Investitionen von 12,7 Milliarden Dollar und einem freien Cashflow von 99 Milliarden Dollar gilt der iPhone-Konzern als Inbegriff finanzieller Disziplin. Seine enorme Liquidität von 130 Milliarden Dollar verschafft ihm strategische Freiheit – auch ohne spektakuläre KI-Offensiven. Nvidia wiederum profitiert als Chiplieferant der KI-Welle indirekt von den Investitionen seiner Kunden. Mit nur fünf Milliarden Dollar Capex und nahezu 100 Milliarden freiem Cashflow ist die Bilanz außergewöhnlich stark. Doch die Abhängigkeit von der anhaltenden KI-Euphorie bleibt ein latentes Risiko.
Fazit: Euphorie mit Sprengkraft
Die Kapitalmärkte honorieren derzeit Wachstum, weniger Vorsicht. Doch die ungebremsten Investitionen in KI und Infrastruktur verschieben die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit. Während Microsoft, Alphabet und Apple ihre Ausgaben solide finanzieren, agieren Amazon und Meta an der Schwelle zur Überdehnung. Nvidia steht für das Paradox der Zeit: der größte Profiteur eines Booms, dessen Ende er sich am wenigsten leisten kann.
