Die Kernaussagen der Studie:
- Hohe wirtschaftliche Bedeutung: Die Automobilwirtschaft erwirtschaftet 341 Mrd. € Wertschöpfung und beschäftigt 3,2 Mio. Menschen, davon 1,2 Mio. in der produktionsnahen Fertigung.
- Strukturelle Herausforderungen: Transformation hin zu E-Autos, Automatisierung und Vernetzung, zunehmende Auslandsproduktion („Local for local“) sowie schwache Weltmarkterholung setzen die Branche in Deutschland massiv unter Druck.
- Beschäftigungsrückgang: Von 2014 bis 2024 sank die Pkw-Produktion in Deutschland um 27 %, rund 55.000 Arbeitsplätze gingen seit 2019 verloren; bis 2030 droht ein weiterer Nettoabbau von ca. 90.000 Stellen.
- Regionale Abhängigkeit: 116 von 400 Regionen sind stark von der Automobilwirtschaft geprägt; Wolfsburg, Ingolstadt und Dingolfing-Landau weisen über 40 % Beschäftigungsanteil auf.
- Verbrenner-Exposition: 36 Regionen hängen stark am konventionellen Antriebsstrang (ca. 235.000 Jobs, Rückgang um 11 % seit 2021) und sind besonders transformativ gefährdet.
- Neue Chancenfelder: Bereits 182.000 Beschäftigte arbeiten in Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung (Zuwachs +46 % seit 2021); Hotspots liegen in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und zunehmend in Ostdeutschland.
- Transformationscluster und Best Practices: Regionen unterscheiden sich stark in Anpassungsfähigkeit – von High-Performance-Regionen (Ilm-Kreis) bis zu herausgeforderten Standorten; Best-Practice-Beispiele zeigen unterschiedliche Wege des Strukturwandels.
Die Studie „Wirtschaftliche Bedeutung regionaler Automobilnetzwerke in Deutschland – Update 2025“ von IW Consult im Auftrag des BMWK analysiert die Lage der deutschen Automobilindustrie und ihre regionalen Strukturen sehr detailliert. Kerngedanke ist, dass die Branche mit 341 Mrd. € Wertschöpfung und 3,2 Mio. Beschäftigten ein zentrales Fundament der deutschen Wirtschaft bleibt, jedoch erheblich unter Transformations- und Globalisierungsdruck steht.
Zentrale Ergebnisse:
– Strukturelle Herausforderungen: Drei Entwicklungen belasten die Branche: erstens die Transformation hin zu elektrischen, automatisierten und vernetzten Fahrzeugen, bei denen deutsche Hersteller Marktanteile verlieren, besonders in China (nur 5 % bei NEV gegenüber 22 % insgesamt); zweitens die Verlagerung der Produktion ins Ausland („Local for local“), wodurch Zulieferer in Deutschland unter Druck geraten; drittens eine schleppende weltweite Markterholung nach dem Produktionshoch von 2017. Hinzu kommen Risiken durch Deglobalisierung und mögliche Handelskonflikte.
– Beschäftigung: In Deutschland werden 2024 nur noch 4,1 Mio. Fahrzeuge produziert (2014: 5,6 Mio.), entsprechend sinkt die Beschäftigung. Rund 1,2 Mio. Menschen arbeiten noch in der produktionsnahen Automobilwirtschaft. Bis 2030 könnte der Abbau netto weitere 90.000 Stellen betreffen. Besonders betroffen sind nicht nur Zulieferregionen, sondern auch OEM-Standorte wie Wolfsburg oder Ingolstadt.
– Regionale Dimension: 116 von 400 Kreisen sind überdurchschnittlich von der Automobilwirtschaft geprägt, dort liegt der Beschäftigtenanteil bei 8,4 % (Bundesdurchschnitt 3,4 %). Wolfsburg, Ingolstadt und Dingolfing-Landau haben extrem hohe Anteile von über 40 %. Zugleich sind 36 Regionen stark vom konventionellen Antriebsstrang abhängig (z. B. Salzgitter, Kassel, Bamberg, Saarpfalz-Kreis). Hier zeigt sich der Bedeutungsverlust des Verbrenners: 2021 arbeiteten noch 264.000 Beschäftigte in diesem Segment, 2025 nur noch 235.000.
– Transformationscluster: Die 36 besonders betroffenen Regionen werden in vier Gruppen eingeordnet: High-Performance-Regionen (z. B. Ilm-Kreis), Transformationsinseln (z. B. Landkreis Kassel), Refokussierungsregionen (z. B. Saarbrücken) und herausgeforderte Regionen mit schwachen Zukunftschancen und schleppender Transformation.
– Chancenfelder: Parallel entstehen neue Beschäftigungsfelder: bundesweit sind 182.000 Personen in Elektrifizierung (109.000), Automatisierung und Vernetzung tätig – ein Wachstum von 46 % seit 2021. Die Hotspots liegen in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, zunehmend aber auch in Thüringen, Sachsen und Brandenburg (Tesla-Werk in Grünheide).
– Patentdynamik: Während Patente zum Verbrennungsmotor zurückgehen, haben die besonders betroffenen Regionen überdurchschnittlich viele Anmeldungen im Bereich elektrifizierter Antriebsstrang (29,4 % gegenüber 24,6 % bundesweit). Das verdeutlicht den parallelen Übergang von alter zu neuer Technologie.
– Best Practices: Drei Regionen illustrieren unterschiedliche Anpassungspfade: der Ilm-Kreis (Thüringen) mit CATL als Batteriehersteller und Diversifizierungspotenzial; der Landkreis Kassel mit starkem Transformationsfortschritt trotz ländlicher Struktur; Saarbrücken mit schwachem Transformationsfortschritt, aber hoher Innovationsbasis durch Forschungseinrichtungen.
Gesamtfazit: Die Automobilwirtschaft bleibt ein zentraler Pfeiler, doch die Beschäftigungs- und Wertschöpfungsstrukturen verschieben sich spürbar. Regionen mit hoher Verbrennerabhängigkeit stehen unter erheblichem Anpassungsdruck, während neue Zentren der Transformation entstehen. Politisch und wirtschaftlich ist es entscheidend, den Umbau aktiv zu flankieren, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Inland zu sichern.