Die Regierungspressekonferenz stand im Zeichen wirtschafts- und migrationspolitischer Entscheidungen sowie außenpolitischer Entwicklungen. Im Zentrum standen zwei Kabinettsbeschlüsse: das steuerliche Investitionsförderprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft und Maßnahmen zur Migrationssteuerung.
1. Steuerliches Investitionsförderprogramm („Wachstumsbooster“)
Das Kabinett beschloss ein Programm zur Förderung von Investitionen und zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland:
- Investitionsbooster: 30 % Abschreibung für Ausrüstungsinvestitionen (befristet von Juli 2025 bis Ende 2027).
- Senkung der Körperschaftsteuer: schrittweise von 15 % auf 10 % bis 2032 – Gesamtsteuerbelastung sinkt auf etwa 25 %.
- E-Mobilität: 75 % Sofortabschreibung auf E-Fahrzeuge, Anhebung der Preisgrenze bei Dienstwagen.
- Forschungsförderung: Erhöhung der förderfähigen Ausgaben auf 12 Mio. €, maximale Zulage auf 3 Mio. €.
Die Bundesregierung verspricht sich davon Wachstumsimpulse, Arbeitsplatzsicherung und internationale Wettbewerbsfähigkeit. Kritische Nachfragen wiesen auf fehlende empirische Belege für den Zusammenhang von Unternehmenssteuerentlastung und Wachstum hin. Zudem wurden finanzielle Belastungen für Länder und Kommunen angesprochen. Der Kanzler plant dazu Gespräche mit den Ministerpräsidenten.
2. Migrationspolitik
Zwei Maßnahmen wurden beschlossen:
- Sichere Herkunftsstaaten: Diese sollen künftig per Rechtsverordnung bestimmt werden können, ohne Zustimmung von Bundestag oder Bundesrat.
- Rechtsbeistand in Abschiebehaft: Die Pflicht zur staatlichen Bestellung eines Rechtsbeistands entfällt. Nur bei schwieriger Sachlage soll das Gericht weiterhin einen Beistand beiordnen.
Diese Schritte sollen Verfahren vereinfachen und Rückführungen beschleunigen. Kritische Fragen betonten das Spannungsfeld zwischen Effizienz und rechtsstaatlichen Prinzipien.
3. Außenpolitik – USA-Reise des Kanzlers
Der Antrittsbesuch von Bundeskanzler Merz in den USA wurde thematisiert. Im Fokus stehen:
- Ukrainekrieg und US-Unterstützung
- Handelsbeziehungen, speziell Stahl- und Aluminiumzölle
- Nahost-Konflikt
Merz zeigt sich zuversichtlich, trotz möglicher Irritationen durch Äußerungen von Ex-Präsident Trump. Ein Treffen mit US-Kongressmitgliedern ist in Planung.
4. Israel und Gaza
Die Bundesregierung prüft Vorfälle im Gazastreifen, weist aber darauf hin, dass bisher keine eigenen Erkenntnisse zu Kriegsverbrechen vorliegen. Die humanitäre Lage wird als katastrophal eingeschätzt, Israel wird zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts aufgefordert. Waffenexporte an Israel werden weiterhin als Einzelfallentscheidungen behandelt – trotz deutlicher gesellschaftlicher Kritik.
5. Bürgergeld und Sozialleistungsmissbrauch
Familienministerin Bas warnte vor „mafiösen Strukturen“ beim Bürgergeld in NRW, vor allem in Duisburg. Das BMAS betonte:
- 123 000 Verdachtsfälle 2024, rund 43 000 an Staatsanwaltschaft und Zoll übergeben.
- Kein bundesweites, aber lokal akzentuiertes Problem (v.a. Rumänien, Bulgarien).
- Geplant ist ein besserer Datenaustausch zwischen Behörden zur Betrugsbekämpfung.
- Eine grundlegende Bürgergeldreform sei in Arbeit.
6. Verschiedenes
- Grenzkontrollen: Der Kanzler verteidigte Zurückweisungen trotz eines kritischen Verwaltungsgerichtsurteils.
- Rüstungsstaatssekretär: Jens Plötner wird neuer Rüstungsstaatssekretär. Fragen zur Eignung wegen seiner Russlandnähe wurden nicht kommentiert.
- Feuerwerksverbot: Diskussion über Silvesterböllerverbot wird geführt, BMI hat noch keine klare Position.
- UN-Generalversammlung: Annalena Baerbocks Wahl zur Präsidentin trotz Enthaltungen und Gegenstimmen. Kritik aus der Opposition wurde mit Verweis auf das Wahlergebnis (86 % Zustimmung) zurückgewiesen.
Fazit:
Die Pressekonferenz offenbarte Spannungen zwischen politischer Zielsetzung, öffentlicher Wahrnehmung und wissenschaftlicher Evidenz. Die Bundesregierung verfolgt einen klar wirtschaftspolitisch orientierten Kurs, sieht sich aber mit wachsender Kritik an sozialen und außenpolitischen Fronten konfrontiert – insbesondere im Hinblick auf Gaza, Migration und die Frage nach gerechter Lastenverteilung innerhalb des föderalen Systems.