BVPS: Wie viel ist eine Aktie wirklich wert?

Was der Buchwert je Aktie verrät – und was nicht

In der Welt der Unternehmensbewertung sind Zahlen das Maß aller Dinge. Doch nicht jede Zahl erzählt die ganze Wahrheit. Der „Book Value Per Share“ (BVPS), zu Deutsch der Buchwert je Stammaktie, ist so ein Fall: einfach zu berechnen, oft zitiert – aber schnell missverstanden.

Ein Blick in die Bilanz

Der BVPS gibt an, welcher Wert eines Unternehmens auf eine einzelne Stammaktie entfällt – berechnet auf Basis des bilanziellen Eigenkapitals. Die Formel klingt simpel:

[math]\text{BVPS} = \frac{\text{Eigenkapital} – \text{Vorzugsaktien}}{\text{Ausstehende Stammaktien}}[/math]

Damit stellt der BVPS gewissermaßen den „Restwert“ dar, der theoretisch jedem Aktionär zufällt, würde das Unternehmen heute abgewickelt und alle Schulden beglichen. Eine Art Notfallauswertung – nüchtern, sachlich, vergangenheitsbezogen.

Unterbewertet oder nur scheinbar günstig?

Viele Anleger nutzen den BVPS, um auf vermeintlich unterbewertete Aktien aufmerksam zu werden. Liegt der Marktwert einer Aktie unter ihrem Buchwert, gilt das Papier als „günstig“. Doch hier beginnt die Komplexität.

Denn: Der BVPS basiert auf historischen Daten. In ihm spiegeln sich vergangene Geschäftsvorfälle, nicht aber zukünftige Ertragserwartungen wider. Markenwert, Innovationskraft, Kundenloyalität – all das findet sich in der Bilanz kaum, obwohl es maßgeblich über den künftigen Erfolg entscheidet.

Beispiel mit Tücken

Ein fiktives Beispiel: Die XYZ AG verfügt über 10 Mio. USD Eigenkapital und eine Million ausstehende Aktien. Der BVPS beträgt also 10 USD. Wenn das Unternehmen Gewinne reinvestiert oder Schulden abbaut, steigt dieser Wert – soweit die Theorie. Doch was, wenn das Unternehmen seine Innovationsfähigkeit verliert? Der BVPS steigt vielleicht trotzdem, die Aktie aber fällt.

Hier zeigt sich: Der BVPS kann ein Trugbild sein. Ein scheinbar hoher Buchwert suggeriert Sicherheit, wo womöglich längst das Geschäftsmodell bröckelt.

Intangibles außen vor

Besonders deutlich wird die Limitierung des BVPS in technologiegetriebenen Branchen. Softwarefirmen, Onlineplattformen oder Pharmaunternehmen leben von immateriellen Vermögenswerten: Know-how, Algorithmen, Patenten. Diese „Assets“ sind oft weit mehr wert als jede Maschinenhalle – doch in der Bilanz tauchen sie kaum auf. Der BVPS unterschätzt solche Unternehmen systematisch.

Gleichzeitig gilt das Gegenteil für klassische Industriekonzerne mit hohem Sachanlagevermögen: Hier kann der BVPS ein solider Maßstab sein, solange die Vermögenswerte werthaltig und liquide sind.

Was sagt der Markt?

Neben dem BVPS existiert der Marktwert je Aktie – also der Börsenkurs. Dieser reflektiert nicht nur Bilanzzahlen, sondern auch Erwartungen an die Zukunft: Wachstum, Rentabilität, Wettbewerbsvorteile. Die Abweichung zwischen Buchwert und Marktwert ist somit kein Fehler – sondern ein Ausdruck davon, was Anleger dem Unternehmen zutrauen.

Ein extremes Beispiel: Amazon hatte über Jahre hinweg einen sehr niedrigen oder gar negativen BVPS – trotzdem stieg der Aktienkurs rasant. Warum? Weil die Zukunftsperspektiven überzeugten.

Fazit: Nützlich, aber mit Vorsicht zu genießen

Der BVPS ist kein Auslaufmodell – aber auch kein Allheilmittel. Er liefert Orientierung, vor allem bei etablierten, substanzstarken Unternehmen. Doch für Investoren gilt: Wer nur auf den BVPS schaut, verpasst oft das Wesentliche – das Potenzial von morgen.

Oder anders gesagt: Der BVPS zeigt, was ein Unternehmen war – nicht, was es sein kann.


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