Das CAPE-Verhältnis

Das CAPE-Verhältnis: Definition, Berechnung und Bedeutung

Das CAPE-Verhältnis (Cyclically Adjusted Price-to-Earnings Ratio), auch bekannt als Shiller-KGV, ist eine modifizierte Form des klassischen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV). Es wurde von dem US-amerikanischen Ökonomen Robert J. Shiller entwickelt und dient zur Bewertung von Aktienmärkten über einen längeren Zeitraum.

1. Definition und Berechnungsformel

Das CAPE-Verhältnis wird berechnet, indem der aktuelle Aktienindex (z. B. S&P 500) durch den durchschnittlichen inflationsbereinigten Gewinn der letzten zehn Jahre geteilt wird:

[math]CAPE = \frac{\text{Aktueller Indexstand}}{\text{Durchschnittlicher, inflationsbereinigter Gewinn der letzten 10 Jahre}}[/math]

Warum eine zehnjährige Durchschnittsbetrachtung?

Die traditionelle KGV-Berechnung basiert auf dem letzten Jahresgewinn, was dazu führen kann, dass kurzfristige Gewinnschwankungen das Verhältnis verzerren. Das CAPE-Verhältnis hingegen glättet konjunkturelle Schwankungen, indem es einen längeren Zeitraum betrachtet und Inflationsanpassungen vornimmt.

2. Bedeutung des CAPE-Verhältnisses

Das CAPE-Verhältnis wird primär zur Bewertung von Aktienmärkten verwendet und kann Hinweise darauf geben, ob ein Markt über- oder unterbewertet ist.

Interpretation:

  • Hohes CAPE (z. B. >30): Der Markt könnte überbewertet sein, was auf eine zukünftige Korrektur oder schwächere langfristige Renditen hindeutet.
  • Niedriges CAPE (z. B. <15): Der Markt ist möglicherweise unterbewertet, was für langfristige Investoren attraktiv sein kann.

Das CAPE-Verhältnis des S&P 500 liegt historisch im Durchschnitt bei etwa 16–17. Höhere Werte deuten auf potenzielle Marktblasen hin (z. B. Dotcom-Blase 2000 mit CAPE > 40), während niedrige Werte (z. B. während der Finanzkrise 2008) eine Unterbewertung signalisieren.

Das aktuelle CAPE-Verhältnis (Cyclically Adjusted Price-to-Earnings Ratio) für den S&P 500 liegt bei 36,98 (Stand: Januar 2025).

Historisch betrachtet liegt der Durchschnitt des CAPE-Verhältnisses bei etwa 16–17. Ein aktueller Wert von 36,98 deutet somit auf eine signifikante Überbewertung des Marktes hin. Solche erhöhten CAPE-Werte wurden zuletzt während der Dotcom-Blase Ende der 1990er Jahre beobachtet.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass ein hohes CAPE-Verhältnis nicht zwangsläufig auf unmittelbar bevorstehende Marktkorrekturen hindeutet. Vielmehr kann es als Indikator für potenziell niedrigere durchschnittliche Renditen in der Zukunft dienen. Analysen von Goldman Sachs prognostizieren beispielsweise eine jährliche Rendite des S&P 500 von lediglich 3% in den nächsten zehn Jahren, was nach Berücksichtigung der Inflation einer realen Rendite von etwa 1% entspricht.

Es ist jedoch zu beachten, dass diese Prognosen von einigen Analysten als zu pessimistisch angesehen werden. Faktoren wie die Dominanz großer Technologieunternehmen und strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft könnten höhere Bewertungen rechtfertigen.

Das aktuelle CAPE-Verhältnis eine hohe Marktbewertung, was auf potenziell niedrigere zukünftige Renditen hindeuten könnte. Investoren sollten jedoch auch andere Faktoren und Indikatoren berücksichtigen, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen.

3. Vorteile des CAPE-Verhältnisses

Langfristige Perspektive: Durch die Berücksichtigung eines zehnjährigen Durchschnitts werden konjunkturelle Schwankungen geglättet.
Inflationsbereinigung: Durch die Anpassung an die Inflation wird eine realistischere Bewertung ermöglicht.
Empirische Relevanz: Shiller konnte zeigen, dass hohe CAPE-Werte tendenziell mit niedrigen zukünftigen Aktienrenditen korrelieren.

4. Kritik am CAPE-Verhältnis

Trotz seiner Popularität gibt es auch kritische Stimmen zum CAPE-Verhältnis:

Strukturelle Änderungen der Wirtschaft: Die Gewinnverhältnisse der Unternehmen haben sich über die Jahrzehnte verändert (z. B. steigende Margen, Aktienrückkäufe), was das CAPE-Verhältnis verzerren kann.
Unberücksichtigte Bilanzveränderungen: Das CAPE-Verhältnis ignoriert strukturelle Veränderungen in der Bilanzierung und Gewinnberechnung.
Anwendbarkeit auf andere Märkte: Während das CAPE für den S&P 500 gut erforscht ist, kann es für andere Märkte (z. B. Schwellenländer) weniger aussagekräftig sein.
Zinsniveau nicht berücksichtigt: In Zeiten extrem niedriger Zinsen können hohe CAPE-Werte gerechtfertigt sein, da Alternativen zu Aktien weniger attraktiv sind.

5. Vergleich mit anderen Bewertungskennzahlen

Das CAPE-Verhältnis, wurde ursprünglich entwickelt, um die Bewertung ganzer Aktienmärkte zu analysieren. Seine Anwendung auf einzelne Aktien ist weniger verbreitet und mit gewissen Einschränkungen verbunden.

Herausforderungen bei der Anwendung des CAPE-Verhältnisses auf einzelne Aktien:

  1. Datenverfügbarkeit: Für einzelne Unternehmen sind oft nicht die erforderlichen Gewinnhistorien über zehn Jahre verfügbar, insbesondere bei jüngeren oder neu an die Börse gegangenen Unternehmen.
  2. Gewinnvolatilität: Einige Unternehmen, insbesondere in zyklischen Branchen, weisen stark schwankende Gewinne auf. Dies kann die Aussagekraft des CAPE-Verhältnisses beeinträchtigen, da außergewöhnliche Gewinnspitzen oder -einbrüche das Ergebnis verzerren können.
  3. Bilanzierungsänderungen: Änderungen in Rechnungslegungsstandards oder -praktiken über den betrachteten Zeitraum können die Vergleichbarkeit der Gewinne beeinflussen und somit die Berechnung des CAPE-Verhältnisses erschweren.

Das CAPE-Verhältnis ist eine von mehreren Bewertungskennzahlen im Aktienmarkt. Weitere wichtige Indikatoren sind:

KennzahlDefinitionStärkenSchwächen
KGV (P/E Ratio)Kurs geteilt durch Gewinn des letzten JahresEinfach zu berechnen, weit verbreitetHohe kurzfristige Volatilität
KUV (P/S Ratio)Kurs geteilt durch UmsatzUnabhängig von BilanzierungspraktikenGewinne nicht berücksichtigt
KBV (P/B Ratio)Kurs geteilt durch BuchwertStabiler als KGV in KrisenzeitenBuchwerte oft verzerrt

Das CAPE-Verhältnis ist besonders für langfristige Investoren geeignet, die langfristige Marktüberbewertungen erkennen möchten.

Während das CAPE-Verhältnis wertvolle Einblicke in die Bewertung ganzer Märkte bietet, ist seine Anwendung auf einzelne Aktien aufgrund der genannten Herausforderungen weniger praktikabel. Für die Analyse individueller Unternehmen sind andere Kennzahlen oft besser geeignet, da sie spezifischere Informationen über die finanzielle Gesundheit und Bewertung eines Unternehmens liefern.

6. Fazit

Das CAPE-Verhältnis ist ein nützliches Instrument zur Bewertung von Aktienmärkten aus einer langfristigen Perspektive. Es hilft, Marktbewertungen in einen historischen Kontext zu setzen und überbewertete Märkte frühzeitig zu erkennen. Trotz seiner Stärken gibt es jedoch methodische Schwächen, weshalb es nicht isoliert betrachtet werden sollte, sondern stets im Zusammenspiel mit anderen Kennzahlen und makroökonomischen Faktoren.

Empfehlung: Investoren sollten das CAPE-Verhältnis als einen von mehreren Indikatoren für Marktanalysen verwenden und insbesondere kontextuelle Faktoren wie Zinspolitik, Unternehmensgewinne und wirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigen.


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