Der Fall Simeon Ravi Trucks, besser bekannt unter dem Alias Maja T., hat in Deutschland und Ungarn für erhebliche mediale (der Liebling vom „Spiegel“) und politische Aufmerksamkeit gesorgt. Die etwa 22- bis 23-jährige Person aus Jena, Thüringen, steht im Zentrum eines internationalen Kriminalfalls, der Fragen zu linker Gewalt, Geschlechtsidentität und internationaler Rechtsstaatlichkeit aufwirft. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe, die Ereignisse in Budapest, die rechtlichen und politischen Konsequenzen sowie die gesellschaftlichen Debatten, die der Fall ausgelöst hat.
Wer ist Maja T.?
Simeon Ravi Trucks, alias Maja T., wuchs in Jena auf und war bereits seit 2017 in Deutschland polizeibekannt. Acht Strafverfahren, unter anderem wegen Gewaltverbrechen, Drogenhandel und bewaffnetem Raub, wurden gegen die Person eingeleitet. Trux war Mitglied der linksradikalen „Hammerbande“, einer Gruppe, die in Leipzig gegründet wurde und für gezielte Angriffe auf mutmaßliche Rechtsextreme bekannt ist. Diese Angriffe erfolgten oft mit Hämmern und Teleskopschlagstöcken, wobei die Opfer allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes als „rechts“ eingestuft wurden.
Nach einer Festnahme im Zusammenhang mit brutalen Angriffen in Budapest im Februar 2023 begann Trux, sich als nichtbinäre Person zu identifizieren und den Namen „Maja“ zu verwenden. Diese Änderung der Geschlechtsidentität führte zu zusätzlichen Kontroversen, insbesondere in Bezug auf die Haftbedingungen und die Auslieferung nach Ungarn.
Die Angriffe in Budapest
Am 9. Februar 2023 reiste Trux nach Budapest, um während des sogenannten „Tags der Ehre“ – einer Gedenkveranstaltung rechtsextremer Gruppen, die an den Ausbruchsversuch der deutschen Wehrmacht 1945 erinnert – gezielte Angriffe durchzuführen. Innerhalb von zwei Tagen wurden neun Personen attackiert, einige davon erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Die Vorgehensweise war brutal: Die Opfer wurden an Händen und Füßen fixiert, während die Angreifer mit Schlagstöcken und Hämmern auf sie einschlugen, teilweise den Tod der Opfer in Kauf nehmend. Laut der ungarischen Staatsanwaltschaft wurden nicht nur politische Gegner, sondern auch unpolitische Passanten angegriffen, die aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Kleidung als „rechts“ eingestuft wurden.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán verurteilte die Angriffe scharf und zog Parallelen zur „Vorgehensweise der Nazis“. Die Staatsanwaltschaft in Budapest fordert für Trux und weitere Beteiligte Haftstrafen von bis zu 24 Jahren.
Festnahme und Auslieferung
Nach den Angriffen floh Trux nach Deutschland. Aufgrund eines europäischen Haftbefehls wurde die Person im Dezember 2023 in Dresden festgenommen. Das Kammergericht Berlin genehmigte zunächst die Auslieferung nach Ungarn. Allerdings entschied das Bundesverfassungsgericht später, dass nichtbinäre Personen in Ungarn Diskriminierung ausgesetzt sein könnten, was die Auslieferung problematisch mache. Dennoch war Trux bereits einen Tag vor dieser Entscheidung nach Budapest überstellt worden.
Seitdem befindet sich Maja T. in Ungarn in Langzeit-Einzelhaft und seit über drei Wochen im Hungerstreik. Die Verteidigung argumentiert, dass Trux aufgrund der Geschlechtsidentität in Ungarn keine faire Behandlung erwarten könne. Aktivisten und Politiker wie Heidi Reichinek (Die Linke) bezeichnen die Haftbedingungen als „unmenschlich“ und „psychische Folter“, berufend auf die Nelson-Mandela-Regeln der Vereinten Nationen. Ungarische Behörden betonen hingegen, dass die Einzelhaft möglicherweise eine Schutzmaßnahme sei, um Trux im Gefängnis vor Diskriminierung zu bewahren.
Der Jenaer Kontext: Das „Grüne Haus“
In Jena ist Maja T. fest im autonomen Spektrum verankert. Eine breite Solidaritätskampagne im linken Milieu, insbesondere über das sogenannte „Grüne Haus“ am Schillergäßchen 5, unterstützt die Person. Dieses Haus dient als Wahlkreisbüro von Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) und als Treffpunkt für verschiedene Organisationen, darunter die Grüne Jugend, Nabu, Greenpeace und die linksextreme „Rote Hilfe“. Letztere bietet dort regelmäßig Sprechstunden an, um linken Straftätern zu helfen. Auch der „Solikreis Jena“ nutzt das Haus als Sammelstelle für Gefangenenpost für Maja T.
Die Verbindung zwischen den Grünen und autonomen Gruppen im „Grünen Haus“ hat Spekulationen über eine Nähe zwischen der Partei und linksextremen Akteuren ausgelöst. Kritiker fragen, ob die Angriffe in Budapest oder die Reise von Trux in diesem Umfeld vorbereitet wurden und ob persönliche Verbindungen zu Göring-Eckardt bestehen.
Politische Reaktionen und Solidarität
Der Fall hat eine breite politische Debatte ausgelöst. Katrin Göring-Eckardt besuchte Maja T. im ungarischen Gefängnis und forderte ein „rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren“ sowie die Überstellung nach Deutschland. Sie kritisierte die Haftbedingungen als „Katastrophe“. Auch Heidi Reichinek, Vorsitzende der Linken, solidarisierte sich mit Trux und forderte deren Freilassung, mit Verweis auf die „unmenschlichen Haftbedingungen“. Linke Aktivisten organisierten Protestaktionen, darunter Störaktionen im sächsischen Landtag.
Der Fall wird zudem als Symbol für den Konflikt zwischen der EU und Ungarn betrachtet. Während die EU Ungarn vorwirft, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu untergraben, argumentieren ungarische Behörden, dass alle Personen gleich behandelt werden. Der Fall eines rechtsextremen Straftäters, Horst Mahler, der von Ungarn nach Deutschland ausgeliefert wurde, wird als Beleg für eine ausgewogene Justizpolitik angeführt.
Gesellschaftliche und rechtliche Debatten
Der Fall Maja T. wirft mehrere Fragen auf:
- Linke Gewalt: Die Angriffe der „Hammerbande“ und die Ereignisse in Budapest haben die Diskussion über linksextreme Gewalt in Deutschland und Europa angeheizt. Kritiker sehen eine unzureichende Auseinandersetzung mit linker Gewalt im Vergleich zu rechtsextremen Straftaten.
- Geschlechtsidentität: Die plötzliche Identifikation von Trux als nichtbinäre Person nach der Festnahme führte zu Spekulationen, ob dies ein taktischer Schritt war, um einer Auslieferung zu entgehen. Gleichzeitig hat der Fall die Debatte über die Behandlung nichtbinärer Personen in Haftsystemen, insbesondere in Ländern wie Ungarn, angefacht.
- Rechtsstaatlichkeit: Der Fall wird als Lackmustest für die ungarische Justiz gesehen. Während die EU Ungarn kritisiert, betont die ungarische Regierung, dass ein reguläres Gerichtsverfahren mit Beweisvorlage stattfindet.
Fazit
Der Fall Maja T. ist ein komplexes Zusammenspiel aus Kriminalität, politischer Ideologie und internationalen Spannungen. Die brutalen Angriffe in Budapest, die Verbindung zu linksextremen Netzwerken in Deutschland und die Kontroverse um Geschlechtsidentität und Haftbedingungen machen den Fall zu einem Brennpunkt gesellschaftlicher Debatten. Während Unterstützer wie Katrin Göring-Eckardt und Heidi Reichinek auf menschenrechtliche Aspekte verweisen, sehen Kritiker in Trux einen Beleg für die Gefahren linker Gewalt. Der laufende Prozess in Budapest wird weiterhin genau beobachtet und könnte weitreichende Konsequenzen für die deutsch-ungarischen Beziehungen und die europäische Rechtsstaatlichkeitsdebatte haben.