Inmitten einer energiepolitisch tiefgreifenden Transformation, in der Begriffe wie „Dekarbonisierung“, „Klimaneutralität“ und „Versorgungssicherheit“ die öffentliche Debatte dominieren, wirkt eine Institution weitgehend unbeachtet im Hintergrund: der KENFO – der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung. Dabei ist seine Arbeit von zentraler Bedeutung für das geordnete und generationengerechte Ende der deutschen Atomenergie.
Ein Fonds für das atomare Erbe
Mit der im Jahr 2017 beschlossenen Entkopplung der Betreiberverantwortung für die Entsorgung nuklearer Abfälle von deren finanzieller Haftung, wurde der KENFO als öffentlich-rechtliche Stiftung ins Leben gerufen. Sein Zweck: die langfristige Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle sicherzustellen – ein technisch anspruchsvolles, finanziell gewaltiges und ethisch sensibles Projekt. Im Gegenzug für eine Einmalzahlung von 24,1 Milliarden Euro durch die Energiekonzerne übernahm der Staat diese Jahrhundertaufgabe. Der KENFO verwaltet seither dieses Kapital, um die finanziellen Verpflichtungen des Bundes zu decken.
2024: Ein Jahr der Übererfüllung
Wie die Stiftung am 10. Juli 2025 in Berlin mitteilte, erzielte der KENFO im Geschäftsjahr 2024 eine bemerkenswerte Rendite von 9,4 % – mehr als doppelt so viel wie die intern veranschlagte Zielmarke von 4,1 %. Auch das Stiftungsergebnis konnte um 13,9 % auf 409,8 Mio. Euro gesteigert werden. Besonders trugen dazu Aktienanlagen der Industrienationen (+18,5 %) sowie nicht-börsennotierte Investitionen in Private Equity (+15,9 %), Infrastruktur (+11,5 %) und Kreditfinanzierungen (+11,6 %) bei.
Nicht nur finanziell, auch ökologisch setzte der KENFO Maßstäbe: Die CO₂-Intensität seiner Aktien- und Anleihenbestände konnte gegenüber 2019 um 59 % gesenkt werden – das ursprünglich gesetzte Fünfjahresziel von minus 20 % wurde damit weit übertroffen. Die Stiftung bekennt sich weiterhin zu einem langfristigen ESG-Ansatz, wenngleich Nachhaltigkeitsthemen derzeit politisch wie ökonomisch unter Druck stehen.
Systemrelevanz ohne öffentliche Aufmerksamkeit
Die Bedeutung des KENFO für den Steuerzahler kann kaum überschätzt werden: Seit 2017 wurden 4,47 Milliarden Euro für Entsorgungsmaßnahmen aus den Kapitalerträgen bereitgestellt – ohne dass die Substanz des Fonds angegriffen wurde. Insgesamt habe der KENFO in acht Jahren über 5 Milliarden Euro für den Staat erwirtschaftet, so Finanzvorstand Dr. Thomas Bley. Damit entlastet der Fonds nicht nur die Bundeshaushalte, sondern reduziert faktisch die verdeckten Folgekosten der Atomenergie, die sonst kommende Generationen hätten tragen müssen.
Dass diese Leistungen mit einer disziplinierten, konservativen und dennoch renditeorientierten Anlagestrategie erreicht werden konnten – trotz multipler Krisen (Corona, Ukrainekrieg, Energiepreisschock) –, ist Ausdruck eines erfolgreichen institutionellen Designs. Ein dreiköpfiger Vorstand operiert innerhalb klarer rechtlicher Leitplanken, unter Aufsicht dreier Bundesministerien und eines Kuratoriums mit Bundestagsbeteiligung. Solch eine Struktur bewahrt die Stiftung vor politischer Willkür und fördert dennoch strategische Kohärenz.
Kritische Perspektiven: Ist das Modell langfristig tragfähig?
Trotz aller Erfolge verdient der KENFO auch kritische Würdigung. Die aktuelle Überrendite ist Ergebnis eines außergewöhnlich guten Börsenjahres – getragen von Zinssenkungen und Technologiewerten, die vom Hype um Künstliche Intelligenz beflügelt wurden. Doch der Ausblick für 2025 ist eingetrübt: geopolitische Spannungen, der US-Handelskonflikt, ein schwächelnder Dollar und hohe Marktvolatilität setzen Grenzen. Der KENFO reagiert mit einem leicht defensiven Portfolioansatz – doch der Charakter eines Verbrauchsfonds lässt keine zu große Zurückhaltung zu: Die Entsorgungskosten müssen in jedem Fall finanziert werden.
Hinzu kommt ein strukturelles Problem: Sollte sich die weltwirtschaftliche Lage über längere Zeit hinweg verschlechtern, könnten die Erträge hinter den jährlich wachsenden Kosten zurückbleiben. Dann wäre die Versuchung groß, entweder risikoreicher zu investieren oder auf Substanz zurückzugreifen – beides mit erheblichen Folgewirkungen.
Auch stellt sich die Frage nach dem öffentlichen Bewusstsein: Der KENFO agiert weitgehend im Schatten der politischen Debatten. Dabei verdient er Aufmerksamkeit – nicht nur als technokratische Institution, sondern als Beispiel dafür, wie man generationengerechte Politik institutionell absichern kann.
Fazit: Ein Vorbild institutioneller Verantwortung – mit Wachsamkeit zu begleiten
Der KENFO ist ein bemerkenswertes Konstrukt: Er vereint finanzielle Professionalität mit politischer Kontrolle, Nachhaltigkeit mit Renditeziel, und trägt maßgeblich zur Glaubwürdigkeit des deutschen Atomausstiegs bei. Doch sein langfristiger Erfolg ist kein Selbstläufer. In einer Ära ökonomischer Unsicherheit und politischer Polarisierung wird es entscheidend sein, diesen Fonds weiterhin klug zu steuern, institutionell zu schützen – und öffentlich bewusster zu würdigen.
Denn der KENFO ist mehr als nur ein Fonds: Er ist ein Symbol für die Möglichkeit, Altlasten mit Verantwortung zu verwalten – im Dienst der Allgemeinheit.
In den KENFO kann man nicht investieren – weder als Privatperson noch als institutioneller Anleger im klassischen Sinne. Der KENFO ist kein Investmentfonds, sondern eine verbrauchsorientierte Stiftung öffentlichen Rechts, die ausschließlich dem Zweck dient, die langfristige Finanzierung der nuklearen Entsorgung in Deutschland sicherzustellen.
Warum ist eine Investition ausgeschlossen?
- Geschlossene Kapitalbasis
Die Kapitalausstattung des KENFO ist einmalig durch gesetzliche Regelung erfolgt: Im Jahr 2017 zahlten die Betreiber der 25 deutschen Kernkraftwerke gemäß dem Entsorgungsfondsgesetz (EntsorgFondsG) eine Gesamtsumme von 24,1 Milliarden Euro in den Fonds ein. Diese Zahlung stellte eine endgültige Ablösung der Betreiberverantwortung dar. Seitdem ist keine Kapitalzufuhr von außen vorgesehen oder erlaubt. - Kein öffentliches Anlageprodukt
Der KENFO legt das vorhandene Vermögen professionell an den Kapitalmärkten an, jedoch nicht im Rahmen eines öffentlichen Fondsvehikels, wie es bei ETFs, Publikumsfonds oder Spezialfonds üblich ist. Er unterliegt nicht dem Kapitalanlagengesetzbuch (KAGB), sondern operiert auf Basis der Stiftungsgesetzgebung und spezifischer haushaltsrechtlicher Vorgaben. - Zweckgebundene Verwendung der Mittel
Alle Erträge und Reserven dienen ausschließlich der Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle, wie sie im Entsorgungsfondsgesetz festgelegt ist. Eine Umwidmung der Mittel oder Gewinnausschüttung an Dritte – etwa Anleger – ist gesetzlich ausgeschlossen. - Staatliche Treuhandfunktion
Der KENFO agiert im staatlichen Auftrag und unterliegt der Kontrolle mehrerer Bundesministerien sowie eines parlamentarisch besetzten Kuratoriums. Seine Existenz sichert eine öffentliche Aufgabe ab – vergleichbar mit einer Pensionsrückstellung oder Rücklage für langfristige staatliche Verpflichtungen –, nicht die Erzielung von Rendite für Dritte.
Fazit
Der KENFO ist kein Investmentvehikel für den Kapitalmarkt, sondern eine strategische staatliche Stiftung zur Bewältigung einer kerntechnischen Altlast. Wer sein Geld nach ähnlichen Prinzipien – nachhaltig, langfristig und stabilitätsorientiert – anlegen möchte, findet im privaten Markt durchaus Angebote, die an die Logik des KENFO erinnern. Doch ein direkter Zugang zum Fonds selbst bleibt aus gutem Grund ausgeschlossen: Er ist nicht für Renditen, sondern für Verantwortung geschaffen.
Der KENFO veröffentlicht allgemeine Informationen zur Struktur und Zielallokation seines Anlageportfolios, aber keine vollständige Einzelaufstellung aller gehaltenen Wertpapiere (z. B. ISINs oder konkrete Fonds-/ETF-Namen).
Aus offiziellen Quellen lassen sich folgende Erkenntnisse gewinnen:
- Zielallokation nach Anlageklassen (Stand Ende 2024):
- Aktien: 35 %
- Risikoreiche Unternehmens- und Schwellenländeranleihen: 25 %
- Staatsanleihen aus Industrieländern, Entwicklungsbanken etc.: 10 %
- Illiquide Anlagen (Private Equity, Private Debt, Infrastruktur, Immobilien): 30 %
- Regionale Verteilung:
Investitionen sind in über 90 Ländern gestreut, mit circa 34 % in Nordamerika, 39 % Europa, 15 % Südamerika, 9 % Asien und ca. 3 % in weiteren Regionen (kenfo.de). - Jährliche Berichte:
Der KENFO stellt auf seiner Website jährlich PDF-Berichte (Bestandsinformationen) zum Portfolio bereit – allerdings auf aggregierter Ebene, nicht mit Einzelpositionen. - Fehlende Detailtransparenz:
Kritiker bemängeln das Fehlen konkreter Angaben zu einzelnen gehaltenen Wertpapieren sowie zu spezifischen CO₂-Emissionen, Engagement-Strategien und Benchmarks – Transparenz besteht allein auf Ebene der Anlageklassen .