Die Bundestagsdrucksache 21/752 enthält die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion zum Thema „Weiterer Umgang mit dem Wolf“. Die Anfrage spiegelt die wachsende Sorge über die zunehmende Wolfspopulation in Deutschland sowie deren Auswirkungen auf die Weidetierhaltung wider. Im Folgenden eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Inhalte und Positionen:
1. Ausgangslage laut Fragestellern:
Die Fragesteller kritisieren eine stark zunehmende Wolfspopulation in Deutschland, die laut aktuellen Zahlen der DBBW 209 Rudel, 46 Paare und 19 Einzeltiere umfasst. Sie verweisen jedoch auf vom Deutschen Jagdverband (DJV) geschätzte deutlich höhere Zahlen (270 Rudel, bis zu 3.000 Tiere). Die Zahl der von Wölfen gerissenen Weidetiere sei im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 um 31 % auf 5.727 Tiere gestiegen. Der bestehende Herdenschutz gilt als „offensichtlich völlig unzureichend“. Die AfD sieht eine existenzielle Bedrohung für die Weidetierhaltung und fordert ein aktives Wolfsmanagement einschließlich Jagdquoten.
2. Antwort der Bundesregierung:
- Datenbasis und Monitoring: Die Bundesregierung verweist auf das Wolfsmonitoring der Bundesländer, das jährlich (1. Mai bis 30. April) erhoben und durch die DBBW zusammengeführt wird. Die steigenden Risszahlen lassen keinen direkten Rückschluss auf unzureichenden Herdenschutz zu, da unklar sei, ob Schutzmaßnahmen zum Zeitpunkt der Übergriffe bestanden.
- Problemwölfe und Entnahmen: Entnahmen unterliegen dem Naturschutzrecht und sind Ländersache. Eine vollständige Übersicht über Anträge und genehmigte Entnahmen liegt der Bundesregierung nicht vor.
- Sicherheitsaspekte: Auf Fragen zur Nähe von Wölfen zu Siedlungen verweist die Regierung auf frühere Antworten.
- Schutzstatus: Der Wolf gilt laut IUCN europaweit als „nicht gefährdet“ („least concern“), in der deutschen Roten Liste jedoch weiterhin als „gefährdet“. Ein Bericht zur Bewertung des Erhaltungszustands für die EU ist für Juli 2025 geplant.
- Zur Jagd: Expertenmeinungen, die eine kontrollierte Bejagung fordern, wurden zur Kenntnis genommen, konkrete Maßnahmen hierzu werden nicht benannt. Die Bundesregierung verweist auf laufende Prüfungen zur Umsetzung des Koalitionsvertrags, in dem u. a. die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht angekündigt wurde.
- Erfahrungen anderer Länder: Es bestehe ein fachlicher Austausch mit EU-Mitgliedsstaaten, etwa zu den in Schweden, Frankreich und Finnland praktizierten Abschussregelungen.
- Forschungs- und Förderpolitik: Bestehende Projekte zur Koexistenz von Weidetieren und Wölfen werden fortgeführt, weitere Maßnahmen sind abhängig von Haushaltsmitteln.
- Fördermittel: In den letzten zehn Jahren wurden keine Mittel in Zusammenhang mit dem Wolf an Organisationen wie NABU, BUND oder Greenpeace gezahlt.
- Umsetzung EU-Vorschläge: Der Vorschlag zur Herabstufung des Schutzstatus werde derzeit geprüft, auch Änderungen am Bundesnaturschutz- und Bundesjagdgesetz seien Gegenstand interner Beratungen.
- Herdenschutz: Der Bund unterstützt über die GAK präventive Maßnahmen wie den Bau von Schutzzäunen und den Einsatz von Herdenschutzhunden. Die Länder sind für die Umsetzung zuständig.
Kritische Würdigung:
Die Bundesregierung verweist wiederholt auf den föderalen Aufbau der Zuständigkeiten und das europarechtliche Korsett. Während das Problem der zunehmenden Risszahlen und des Schutzes der Weidetierhaltung benannt wird, mangelt es an einem klaren, kohärenten Konzept für ein überregionales Wolfsmanagement. Die vielfach von Landwirten und betroffenen Kommunen geforderte rechtssichere Möglichkeit zur Entnahme von Wölfen bleibt nebulös. Die Regierung bleibt bei der Linie, das Thema zurückhaltend zu behandeln, um Konflikte mit europarechtlichen Vorgaben zu vermeiden – dies steht jedoch im Widerspruch zur Dringlichkeit des Problems, das sich vielerorts bereits dramatisch auf die Existenzbedingungen traditioneller Landbewirtschaftung auswirkt.
Im Gegensatz dazu fordert die AfD-Fraktion mit Nachdruck eine politische und rechtliche Kurskorrektur – einschließlich regulierter Jagd. Ihre Position ist klar formuliert, allerdings stark konfliktorientiert und in Teilen populistisch überzeichnet. Dennoch trifft sie einen wunden Punkt im gegenwärtigen Umwelt- und Landwirtschaftsdiskurs: die wachsende Kluft zwischen Naturschutzansprüchen und realer landwirtschaftlicher Praxis. Hierauf bleibt die Bundesregierung bislang eine strategisch greifbare Antwort schuldig.