Einordnung und Analyse eines schleichenden Kostenanstiegs
Die amerikanische Handelspolitik unter Donald Trump markierte eine deutliche Abkehr vom lange gepflegten Prinzip des Freihandels. Im Zentrum dieser Kehrtwende stand die Einführung weitreichender Zölle auf chinesische, aber auch andere ausländische Waren – ein Schritt, der als protektionistische Antwort auf globale Wettbewerbsverzerrungen gerechtfertigt wurde. Doch während die politische Rhetorik vor allem von heimischem Wiederaufbau und industriepolitischer Souveränität sprach, zeichnet sich nun ab, dass die tatsächliche Last dieser Politik bei den Verbrauchern liegt. Die Preise steigen – und laut Ökonomen ist dies erst der Anfang.
Zunächst war die Wirkung kaum spürbar. Unternehmen hatten vorausschauend Lagerbestände angehäuft und importierten vor Inkrafttreten der Zölle in großem Stil vor. Die Lieferketten waren noch nicht vollständig von den neuen Regularien durchdrungen. Auch die statistischen Verbraucherpreisindizes blieben trügerisch stabil – gebremst durch rückläufige Energiepreise und eine Normalisierung auf dem Mietmarkt. Doch diese Phase der scheinbaren Preisstabilität erweist sich als Illusion. Denn seit Anfang 2025 wird deutlich: Die zollbedingten Kostensteigerungen beginnen in der Breite durchzuschlagen.
Möbel, Spielzeug, Kleidung – viele Konsumgütergruppen verzeichnen überdurchschnittliche Preissteigerungen. Besonders betroffen sind dabei Güter des täglichen Bedarfs. Laut einer Analyse von Goldman Sachs übernehmen ausländische Produzenten nur einen Bruchteil der Zusatzkosten, während rund 70 % auf amerikanische Verbraucher abgewälzt werden. Die daraus resultierende Teuerung wird durch eine subtile Strategie flankiert: Unternehmen verkleinern Produktgrößen („Shrinkflation“) oder reduzieren versteckt den Leistungsumfang, ohne den Preis anzupassen. Das Vertrauen der Konsumenten in Preis-Leistungs-Verhältnisse erodiert schleichend.
Diese Entwicklung ist keineswegs nur ein makroökonomischer Nebeneffekt. Sie trifft vor allem jene Haushalte, die sich ohnehin mit stagnierenden Reallöhnen und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit konfrontiert sehen. In ökonomischer Terminologie handelt es sich um eine regressive Belastung – Zölle wirken letztlich wie eine indirekte Konsumsteuer, die jene stärker trifft, die einen höheren Anteil ihres Einkommens für Waren ausgeben müssen. Politisch fatal ist zudem, dass die Steuerung über Zölle weitgehend undurchsichtig und demokratisch kaum rückkoppelbar ist. Es fehlt an parlamentarischer Kontrolle, fiskalischer Transparenz und wirtschaftlicher Zielgenauigkeit.
Die marktwirtschaftlich-konservative Lehre hatte stets gewarnt: Handelshemmnisse verzerren Allokationen, behindern Innovation und treffen in letzter Konsequenz den Endverbraucher. Diese Mahnung bestätigt sich nun mit empirischer Wucht. Die politische Versuchung, kurzfristige Vorteile durch nationale Abschottung zu generieren, erkauft sich langfristig eine strukturelle Teuerung und Wohlstandsverluste – ein Pyrrhussieg auf dem Rücken der Bürger.
Vor diesem Hintergrund drängt sich eine grundsätzliche Frage auf: Wollen wir eine Weltordnung, in der wirtschaftspolitische Revancheakte und populistische Marktinterventionen wieder zur Norm werden? Oder ist es an der Zeit, dem Prinzip des freien, regelbasierten Handels wieder Geltung zu verschaffen – flankiert durch strategische Industriepolitik, aber ohne protektionistische Reflexe?
Die ökonomische Realität lehrt: Der Preis der Abschottung ist hoch. Und er wird nicht nur in Dollar, sondern auch in Vertrauen, Marktstabilität und gesellschaftlicher Gerechtigkeit bezahlt. Wer auf Dauer Prosperität sichern will, muss auf Wettbewerb setzen – nicht auf Zölle.