In den letzten Wochen hat die Welt einen beispiellosen Absturz eines der größten und einflussreichsten Unternehmen Amerikas miterlebt: UnitedHealth Group, Mitglied des renommierten Dow Jones Industrial Average und größter Krankenversicherer der USA, erlebt eine Krise, die selbst Experten den Atem raubt.
Plötzlicher Rücktritt des CEO
Der Höhepunkt der Krise war am vergangenen Dienstag erreicht, als CEO Andrew Witty überraschend aus persönlichen Gründen zurücktrat – zumindest laut offizieller Erklärung des Unternehmens. Doch Branchenkenner wie Jeffrey Sonnenfeld vom Yale Chief Executive Leadership Institute vermuten, dass Witty möglicherweise gezwungen wurde, das Unternehmen zu verlassen. Die plötzliche Entscheidung des Boards deutet darauf hin, dass Vertrauen in die Führungsspitze stark erschüttert war.
Witty sollte zwar weiterhin als Senior Advisor für UnitedHealth tätig bleiben, doch die Entlassung seines Nachfolgers Stephen Hemsley – ein ehemaliger langjähriger CEO des Unternehmens – zeigt, dass UnitedHealth verzweifelt nach Lösungen sucht.
Ein Absturz an der Börse
Die Nachrichten haben Anleger in Panik versetzt. Allein innerhalb von vier Wochen verlor UnitedHeath rund 50 % seiner Marktkapitalisierung – umgerechnet 288 Milliarden US-Dollar. Am Donnerstag sackte der Aktienkurs auf das Niveau vom April 2020 ab, also während der schlimmsten Phase der Corona-Pandemie.
Treiber dieser dramatischen Entwicklung war unter anderem ein Bericht der Wall Street Journal, der enthüllte, dass das Unternehmen Gegenstand einer federalen kriminellen Ermittlung wegen möglichen Medicare-Betrugs ist. Obwohl UnitedHealth betonte, keine offizielle Mitteilung seitens des Justizministeriums erhalten zu haben, und den Bericht als „hochgradig verantwortungslos“ bezeichnete, reichte die Meldung aus, um weitere Kurseinbrüche auszulösen.
Eine Lawine von Problemen
Doch nicht nur die Bedenken hinsichtlich möglicher strafrechtlicher Konsequenzen belasten das Unternehmen. In seinem jährlichen Geschäftsbericht räumte UnitedHealth ein, mit mehreren staatlichen Behörden konfrontiert zu sein – darunter das Justizministerium (DOJ), das Finanzamt (IRS), das Arbeitsministerium und die Börsenaufsicht SEC.
Zudem wird UnitedHealth weiterhin mit externen und internen Herausforderungen konfrontiert, was sich auch in der Absage der Prognosen für das Jahr 2025 niederschlug. Bank of America stuft die Aktie mittlerweile neutral ein und warnt davor, dass es Jahre dauern könnte, bis UnitedHealth seine Stabilität zurückerlangt.
Der Mord an Brian Thompson
Die aktuelle Krise kommt fast genau sechs Monate nach dem brutalen Mord an Brian Thompson, einem hochrangigen UnitedHealth-Manager, der im Herzen Manhattans erschossen wurde. Der Vorfall löste weltweit Empörung aus und brachte die tiefe öffentliche Ablehnung gegenüber der Gesundheitsbranche noch stärker zum Vorschein.
Fazit: Ein Unternehmen am Scheideweg
Die Ereignisse der letzten Wochen zeigen, wie zerbrechlich selbst die größten Unternehmen sind, wenn sie mit einer Kombination aus Skandalen, regulatorischer Aufsicht und wirtschaftlichem Druck konfrontiert werden.
Stephen Hemsley, der neue alte CEO, steht vor einer enormen Herausforderung: Das Vertrauen der Investoren, Mitarbeiter und Öffentlichkeit wiederherzustellen. Ob ihm das gelingen kann, bleibt abzuwarten – doch eins steht fest: UnitedHealth steht vor einem entscheidenden Moment in seiner Geschichte.