Die Auseinandersetzung um Donald Trumps Zollpolitik erreicht eine neue Schärfe. Der Supreme Court signalisiert erstmals deutliche Zweifel daran, ob ein Präsident weitreichende Einfuhrzölle ohne Zustimmung des Kongresses verhängen darf. Für die Finanzmärkte ist das eine potenziell folgenschwere Wegmarke – und ein Stresstest für das institutionelle Gefüge der USA.
Juristische Grundsatzfrage: Wie weit reicht die Macht des Präsidenten?
Im Zentrum steht der International Emergency Economic Powers Act (IEEPA), ein Notstandsgesetz aus den 1970er-Jahren. Trump hatte es genutzt, um über weite Produktgruppen hinweg Zölle zu verhängen – mit der Begründung außenpolitischer Gefahren.
Mehrere Richter, darunter konservative Stimmen, stellten nun klar: Das Gesetz erwähnt Zölle nicht, die Verfassung weist die Handelshoheit primär dem Kongress zu. Chief Justice John Roberts warnte vor einer faktischen Blankovollmacht, die ein Präsident künftig für nahezu beliebige Strafzölle nutzen könnte.
Für ein Gericht, das in vielen wirtschaftspolitischen Fragen zur Exekutive tendiert hat, ist dieser Ton bemerkenswert.
Politische Implikationen: Trumps zentrale Waffe steht auf dem Prüfstand
Die Regierung reagiert mit Druck. Trump selbst zeichnete das Bild einer Nation, die ohne seine Zolleinnahmen wirtschaftlich „ins Wanken“ gerate. Ökonomen halten diese Zuspitzung für politisch motiviert.
Sollte das Gericht die Zölle kassieren, könnte die Regierung zwar auf andere Gesetze ausweichen – etwa den Trade Act von 1974 – doch die Schwelle wäre höher, die juristische Unsicherheit größer.
Auch außenpolitisch könnte ein Urteil einrollen: Viele Partnerstaaten gaben Zugeständnisse nur unter massivem Druck aus Washington. Ein Wegfall der Zölle würde diese Balance verschieben.
Auswirkungen auf die Märkte: Zwischen Entlastung und Haushaltsrisiken
Die Börsen reagierten zunächst verhalten. Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq gaben leicht nach. Händler sprechen weniger von einem panischen Rückschlag als von einer klassischen Korrektur nach mehreren starken Monaten.
Unternehmen begrüßen die mögliche Rückabwicklung – schon weil sie viele der Zölle nicht vollständig an Kunden weiterreichen konnten. Gleichzeitig droht dem US-Haushalt eine empfindliche Lücke: Die Zolleinnahmen waren für Washington zu einer willkommenen Kompensationsquelle geworden.
Für den Anleihemarkt war dies ein Warnsignal – steigende Defizite sind dort ein empfindlicher Faktor.
Strukturelle Perspektive: Bewährungsprobe für die amerikanischen Institutionen
Der Fall geht über Zölle hinaus. Er steht für die Frage, ob der Kongress seine Handelshoheit zurückerhält oder ob sich die ohnehin starke Exekutive weiter ausdehnt.
Ein mögliches Ignorieren eines negativen Urteils – auch wenn Experten dies für unwahrscheinlich halten – wäre ein institutioneller Tabubruch und würde die Märkte unmittelbar verunsichern.
Fazit
Der Supreme Court verhandelt nicht nur über ein handelspolitisches Detail, sondern über den Kern wirtschaftspolitischer Ordnung in den USA.
Für Investoren bleibt entscheidend, ob das Gericht die Machtbalance zwischen Präsident und Kongress wieder schärft – oder ob die Tür für weitreichende, präsidiale Eingriffe in den Welthandel geöffnet bleibt.
Die Märkte setzen bislang auf Gelassenheit. Doch das Urteil könnte den Kurs der US-Wirtschaftspolitik grundlegend verändern.
