Deutschland positioniert sich auf der COP30 in Belém mit einer Zusage von einer Milliarde Euro für den neuen Waldschutzfonds „Tropical Forest Forever Facility“ (TFFF). Verteilt über zehn Jahre soll der Beitrag den Schutz tropischer Ökosysteme unterstützen, die als Kohlenstoffspeicher, Klimaregulatoren und Biodiversitäts-Hotspots gelten. Umweltminister Carsten Schneider und Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan betonen die strategische Bedeutung des Fonds, der nicht nur Zahlungen für Waldschutz vorsieht, sondern auch Sanktionen bei Entwaldung – überwacht per Satellit.
Langfristig soll der TFFF auf 125 Milliarden US-Dollar anwachsen, mit jährlichen Auszahlungen von rund vier Milliarden US-Dollar. Zusagen aus Norwegen (3 Mrd. USD), Brasilien und Indonesien (je 1 Mrd. USD) markieren erste Finanzierungsbausteine. Als Treuhänder fungiert die Weltbank, die zudem sicherstellen soll, dass mindestens 20 Prozent der Mittel indigenen Gemeinschaften zugutekommen.
Politischer Kontext: Zustimmung mit Vorbehalten
Umweltverbände hatten ambitioniertere Summen gefordert – 2,5 Milliarden US-Dollar allein aus Deutschland –, werten die Entscheidung jedoch als wichtiges politisches Signal. Überschattet wurde der Auftritt der Bundesregierung durch die umstrittenen Bemerkungen von Bundeskanzler Merz über die Gastgeberstadt Belém. Trotz Kritik aus Brasilien sieht Merz keine Belastung der bilateralen Beziehungen.
Kritische Einordnung
1. Finanzielle Relevanz des deutschen Beitrags
Der deutsche Anteil fällt im Vergleich zu internationalen Erwartungen moderat aus. Gemessen an Deutschlands ökonomischer Leistungsfähigkeit und historischer Klimaverantwortung bleibt die Milliarde eher symbolisch. Der außenpolitische Nutzen – Aufzeigen globaler Handlungsbereitschaft – scheint größer als der reale Einfluss auf den Fonds.
2. Governance-Risiken und politische Umsetzbarkeit
Der TFFF setzt auf ein kombiniertes Anreiz- und Sanktionsmodell. Die Wirksamkeit hängt jedoch von stabilen Institutionen in den Empfängerländern, präzisen Monitoring-Strukturen und der Fähigkeit ab, Sanktionen auch dann durchzusetzen, wenn politische Interessen entgegenstehen. Unklar bleibt, wie bei mangelnder Kooperation reagiert werden soll, insbesondere in Staaten mit schwacher Rechtsdurchsetzung.
3. Abhängigkeit von freiwilliger Finanzierung
Der Fonds basiert auf freiwilligen Staatseinzahlungen und der Hoffnung auf spätere private Kapitalzuflüsse. Erfahrungsgemäß sind solche Finanzierungsmodelle politisch volatil. Das Zielvolumen von 125 Milliarden US-Dollar setzt eine deutlich breitere Koalition zahlungsbereiter Staaten voraus. Bislang ist diese Dynamik nicht erkennbar.
4. Rolle indigener Gemeinschaften
Die vorgesehene Mindestquote zugunsten indigener Gruppen ist ein Fortschritt. Dennoch bleibt entscheidend, wie Mitsprache, Transparenz und Schutzrechte dieser Gemeinschaften konkret verankert werden. Ohne verbindliche Beteiligungsmechanismen besteht das Risiko, dass Gelder ineffizient eingesetzt werden oder Konflikte um Landnutzung verschärfen.
