Konjunktur in Deutschland
Monatsbericht der Bundesbank – August 2025
Die deutsche Volkswirtschaft steckt im Spätsommer 2025 in einer Phase der Unsicherheit und strukturellen Schwäche. Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 % im zweiten Quartal ist dabei weniger Ausdruck eines abrupten Schocks als vielmehr das sichtbare Symptom einer länger währenden Stagnation, die sich nach der Pandemie und infolge geopolitischer Verwerfungen zementiert hat. Die nun revidierten Zahlen für 2023 und 2024 bestätigen rückblickend, was viele Marktbeobachter bereits ahnten: Deutschland befand sich in einer echten, breit angelegten Rezession – getragen von Unterauslastung, Investitionszurückhaltung und wachsender globaler Unsicherheit.
Die Ursachen für die anhaltende Schwäche sind vielschichtig. Rückpralleffekte nach zollpolitischen Vorzieheffekten zu Jahresbeginn führten zu einem spürbaren Einbruch bei Industrieproduktion und Exporten – mit besonderer Härte in exportorientierten Branchen wie dem Maschinenbau oder der Pharmaindustrie. Die Hoffnung, dass die deutsche Industrie ihre alte Rolle als Zugpferd der europäischen Ökonomie zurückerlangen könnte, erscheint vorerst unbegründet. Zwar zeigen Stimmungsindikatoren eine gewisse Stabilisierung, doch fehlt es an Substanz: Die Auftragslage ist durchwachsen, die Kapazitätsauslastung bleibt unter dem historischen Mittel, und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen ist durch kreditpolitische Restriktionen sowie geopolitische Risiken gehemmt.
Gleichzeitig kämpft der Bau – traditionell ein Stabilitätsanker – mit schwacher Nachfrage, gestiegenen Finanzierungskosten und wachsendem Regulierungsdruck. Die Bauproduktion erreichte ein Zehnjahrestief, was nicht nur wirtschaftlich bedenklich ist, sondern auch vor dem Hintergrund des akuten Wohnraummangels gesellschaftspolitisch alarmieren muss.
Der private Konsum, bislang oft als Stabilisator beschworen, konnte dank gestiegener Löhne leichte Impulse setzen. Doch dieser Effekt bleibt begrenzt. Der Arbeitsmarkt, wenngleich formal stabil, weist tieferliegende strukturelle Spannungen auf: Die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe schrumpft weiter, und nur der demografisch getriebene Gesundheits- und Sozialbereich verzeichnet einen nennenswerten Aufbau. Gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit moderat – ein Warnsignal angesichts der strukturell zunehmenden Schwierigkeiten, Arbeitslose in Beschäftigung zu überführen.
Die Tarifentwicklung hat mit starken Steigerungen im ersten Halbjahr nochmals für reale Einkommenszuwächse gesorgt. Doch die Dynamik lässt nach, und neue Abschlüsse deuten auf eine Normalisierung hin. Der geplante Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns auf 14,60 € bis 2027 bringt einerseits reale Lohngewinne für viele Beschäftigte im unteren Einkommenssegment. Andererseits drohen durch erhöhte Lohnkosten neue Belastungen für den Mittelstand – insbesondere im Dienstleistungssektor.
Inflationsseitig ist der Druck vorerst gewichen. Die Teuerungsrate sank im Juli auf 1,8 %, was vor allem auf die Entspannung an den Energiemärkten und die Aufwertung des Euro zurückzuführen ist. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Basiseffekte, geopolitische Spannungen und volatile Lebensmittelpreise könnten in den kommenden Monaten zu einem leichten Wiederanstieg führen – wenngleich wohl oberhalb der geldpolitischen Zielmarke von 2 %.
Für das laufende dritte Quartal zeichnet sich eine Stagnation ab. Zwar wirken die jüngst gelockerten Finanzierungsbedingungen und ein robuster Euroraumhandel leicht stabilisierend. Doch überwiegen nach wie vor die Risiken: US-Zölle, trübe Weltmarktaussichten und eine nachlassende Konsumdynamik. Von nachhaltigem Aufschwung kann also keine Rede sein.
Fazit:
Deutschland befindet sich im Spätsommer 2025 wirtschaftlich im Niemandsland: Die Rezession ist formell vorbei, doch von echter Erholung fehlt jede Spur. Der Umbau der Wirtschaftsstruktur – weg von fossilen Energien, hin zu einer digitalisierten, resilienten Produktionsweise – verläuft schleppend. Staatliche Impulse fehlen oder wirken zu spät. Der wirtschaftspolitische Kompass muss neu justiert werden: weniger kleinteilige Regulierung, mehr marktwirtschaftlicher Handlungsspielraum und ein klares Bekenntnis zur Reindustrialisierung sind jetzt gefragt. Andernfalls droht Deutschland, dauerhaft in eine Phase der strukturellen Wachstumsschwäche abzugleiten – mit fatalen Folgen für Wohlstand, sozialen Frieden und Europas wirtschaftliches Gewicht in der Welt.