Während des Kalten Krieges investierte Deutschland massiv in seine Verteidigungsfähigkeit. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs sanken jedoch die Rüstungsausgaben und die Wehrpflicht wurde ausgesetzt. Diese Ära der geopolitischen Entspannung ist nun unwiderruflich vorbei. Die wachsende Bedrohung durch Russland und die abnehmende Bereitschaft der USA, uneingeschränkt für die Sicherheit Europas zu garantieren, zwingen Deutschland zu einem grundlegenden Umdenken. Sowohl die Verteidigungsfähigkeit als auch die wirtschaftliche Stärke des Landes müssen dringend gestärkt werden. Diese beiden Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden und bilden die zwei Seiten einer Medaille, die es gemeinsam zu polieren gilt.
Die Bundesregierung hat auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr reagiert. Dieser Schritt war zwar notwendig, aber bei weitem nicht ausreichend. Um den aktuellen und zukünftigen Bedrohungen gerecht zu werden, ist eine nachhaltige und deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben unumgänglich. Experten fordern, den Rüstungsetat auf 3,5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anzuheben, was jährlichen Ausgaben von über 100 Milliarden Euro entsprechen würde.
Parallel zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit steht Deutschland vor gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen. Die marode Infrastruktur, die Erreichung der Klimaziele und die Bewältigung des demografischen Wandels erfordern erhebliche Investitionen und Reformen. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, muss die deutsche Wirtschaft leistungsfähiger und widerstandsfähiger werden.
Dazu sind strukturelle Veränderungen notwendig. Ein zentraler Punkt ist die Stärkung der heimischen Rüstungsindustrie. Diese kann, ähnlich wie in Israel, als Motor für Innovationen und Start-up-Gründungen dienen und so positive Spillover-Effekte auf andere Wirtschaftsbereiche haben. Des Weiteren bedarf es wachstumsfreundlicher Steuerreformen, die Anreize für Investitionen und unternehmerische Aktivität schaffen.
Die erforderliche Steigerung der Verteidigungsausgaben erfordert eine grundlegende Neuausrichtung der Finanzpolitik. Die Bundesregierung muss ihre Haushaltsplanung überdenken und klare Prioritäten setzen. Eine schmerzhafte, aber unvermeidliche Konsolidierung ist notwendig. Diese kann durch eine Kombination aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen erreicht werden.
Konkret sollte die nächste Bundesregierung einen mehrjährigen Umschichtungsprozess einleiten. Hierzu könnten unter anderem folgende Maßnahmen beitragen: Eine Begrenzung des jährlichen Bundeszuschusses zur Rentenversicherung, die Kürzung von Finanzhilfen und Steuervergünstigungen, die nicht mehr zeitgemäß oder ineffizient sind, sowie mutige Reformen im Bereich der Krankenversicherung, um die Ausgabendynamik zu dämpfen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Deutschland vor einem Wendepunkt steht. Die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind keine optionalen Ziele, sondern zwingende Notwendigkeiten, um die Sicherheit und den Wohlstand des Landes in einer zunehmend unsicheren Welt zu gewährleisten. Dies erfordert schmerzhafte Einschnitte und konfliktträchtige Entscheidungen. Doch ohne eine konsequente und langfristig angelegte Konsolidierung und Reformagenda wird Deutschland seinen Platz als führende Nation in Europa und der Welt nicht behaupten können. Wehrhaftigkeit und wirtschaftliche Stärke sind zwei Seiten einer Medaille – beide müssen gemeinsam gestärkt werden, um die Zukunft Deutschlands zu sichern.