Die Deutschen sterben aus

Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat anlässlich des 35-jährigen Jubiläums der Deutschen Einheit eine umfassende Analyse zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland seit 1990 veröffentlicht. Die Auswertung beleuchtet zentrale demografische Entwicklungen, Wanderungsbewegungen, Geburtenraten sowie regionale Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.

1. Gesamtbevölkerung: Wachstum um 3,8 Millionen Menschen

Seit der Deutschen Einheit im Jahr 1990 ist die Bevölkerung Deutschlands insgesamt gewachsen:

  • Ende 1990: 79,8 Millionen Menschen
  • Ende 2024: 83,6 Millionen Menschen
    → Ein Anstieg um 3,8 Millionen (+5 %).

Dieses Wachstum ist vor allem auf Zuwanderung zurückzuführen, da die Geburtenzahlen in diesem Zeitraum deutlich zurückgegangen sind.

2. Unterschiedliche Entwicklung in Ost- und Westdeutschland

Die Bevölkerungsentwicklung verlief in den östlichen und westlichen Bundesländern sehr unterschiedlich:

  • Östliche Bundesländer (ohne Berlin):
  • Rückgang um 16 % (von ca. 14,7 Mio. auf 12,4 Mio. Einwohner)
  • Stark betroffen: Sachsen-Anhalt (-26 %), Thüringen (-20 %), Mecklenburg-Vorpommern (-18 %)
  • Westliche Bundesländer:
  • Anstieg um 10 % (auf 67,5 Millionen Einwohner)
  • Starkes Wachstum in: Bayern (+16 %), Baden-Württemberg (+14 %), Hamburg und Schleswig-Holstein (+13 % jeweils)
  • Bevölkerungsanteile im Vergleich:
  • 1990: 77 % in Westdeutschland, 18 % in Ostdeutschland, Rest in Berlin
  • 2024: 81 % in Westdeutschland, 15 % in Ostdeutschland
    → Die Bevölkerung ist weiterhin stärker im Westen konzentriert.

3. Binnenwanderung: 1,2 Millionen Menschen mehr von Ost nach West

In den Jahren 1991 bis 2024 wanderten rund 1,2 Millionen Menschen mehr von den östlichen in die westlichen Bundesländer als umgekehrt (ohne Berücksichtigung Berlins). Dieser Saldo zeigt eine starke Abwanderung aus dem Osten, insbesondere in den ersten zwei Jahrzehnten nach der Einheit:

  • 1991–2000: Saldo von -611.000 (mehr Menschen verließen den Osten)
  • 2001–2010: Saldo von -553.000
  • 2011–2016: Rückgang der Abwanderung auf -70.000
  • 2017–2022: Trendwende – erstmals mehr Menschen wanderten vom Westen in den Osten (Saldo: +18.000)
  • 2023 und 2024: Rückkehr zur Abwanderung aus dem Osten (Saldo: -3.000 und -4.000)

Diese Entwicklung zeigt, dass die Abwanderung aus Ostdeutschland sich deutlich verlangsamt hat und in einigen Jahren sogar umkehrte, was auf eine Annäherung der Lebensbedingungen hindeutet.

4. Internationale Zuwanderung: Nettozuwanderung in den meisten Jahren

Seit 1991 war die Nettozuwanderung (Zuwanderung minus Abwanderung) in den meisten Jahren positiv:

  • 1991: +600.000
  • 2008/2009: temporäre Nettoabwanderung
  • 2015/2016: starke Zuwanderung aufgrund des Syrien-Kriegs
  • 2022: hohe Zuwanderung infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine
  • 2024: Nettozuwanderung bei etwa 430.000 Personen

Ohne diese Zuwanderung wäre die Bevölkerung aufgrund der sinkenden Geburtenzahlen geschrumpft.

5. Geburtenentwicklung: Rückgang um über 228.000 pro Jahr

  • 1990: ca. 905.675 Geburten
  • 2024: 677.117 Geburten
    → Ein Rückgang um 228.558 Geburten (-25 %)
  • Geburtenziffer (Kinder pro Frau):
  • 1990: 1,45
  • 2024: 1,35
    → Rückgang um 7 %
  • Zum Vergleich: Für eine stabile Bevölkerung ohne Zuwanderung wären etwa 2,1 Kinder pro Frau nötig.
  • Regionale Unterschiede in den 1990er-Jahren:
  • In Ostdeutschland (inkl. Ost-Berlin) sank die Geburtenrate von 1,52 (1990) auf nur noch 0,77 (1994) – dramatischer Einbruch nach der Wende.
  • In Westdeutschland blieb der Rückgang moderater (von 1,45 auf 1,35).
  • Seit den 2000er-Jahren haben sich die Geburtenraten in Ost und West annähernd angeglichen.

6. Methodische Hinweise

  • Die Bevölkerungszahlen basieren auf der Fortgeschriebenen amtlichen Bevölkerungsfortschreibung.
  • Die Daten für 1990 stammen aus der Volkszählung 1987 (West) und der Auszählung des Einwohnerregisters vom 3. Oktober 1990 (Ost).
  • Die Zahlen für 2024 beruhen auf dem Zensus 2022, der als Grundlage für aktuelle Schätzungen dient.

7. Fazit

Die 35 Jahre seit der Deutschen Einheit zeigen eine tiefgreifende demografische Entwicklung:

  • Bevölkerungswachstum insgesamt, getragen durch Zuwanderung.
  • Starke regionale Disparitäten: Bevölkerungsrückgang in Ostdeutschland, Wachstum im Westen.
  • Wandlung der Wanderungsdynamik: Nach Jahrzehnten der Abwanderung aus dem Osten gibt es seit 2017 vereinzelt Umkehrbewegungen.
  • Sinkende Geburtenraten, die nur durch Zuwanderung kompensiert werden können.

Die Daten des Statistischen Bundesamts unterstreichen, dass die Auswirkungen der Einheit auf die Bevölkerungsentwicklung langfristig und nachhaltig sind – mit anhaltenden Herausforderungen, insbesondere für die ostdeutschen Bundesländer.


Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2025

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