Es ist ein fundamentaler Gegensatz – und doch ein gemeinsames Problem: Während die Vereinigten Staaten hemmungslos Schulden anhäufen, lähmt sich Deutschland durch Reformträgheit. Zwei Modelle, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber gleichermaßen in die Sackgasse führen.
In Washington herrscht die Logik des schnellen Effekts. Präsident Donald Trump setzt auf massive Steuersenkungen in Billionenhöhe, notdürftig kaschiert durch überschaubare Ausgabenkürzungen. Das Ergebnis: eine Schuldenquote von 120 Prozent des BIP, bald wohl über 130 Prozent. Die Kreditwürdigkeit leidet, der Dollar gerät unter Druck – und doch wird weiter fiskalisches Kerosin ins Feuer gegossen. Kurzfristige Wachstumsimpulse werden teuer erkauft, langfristig steht die ökonomische Stabilität auf dem Spiel. Es ist eine Politik der politischen Lustmaximierung, nicht der fiskalischen Vernunft.
Deutschland hingegen gibt sich gerne als Musterknabe. Mit 63 Prozent Schuldenquote steht es im europäischen Vergleich solide da, selbst ein Anstieg auf 80 Prozent gilt als „beherrschbar“. Doch der Schein trügt: Der eigentliche Engpass liegt nicht im Geld, sondern in der Politik. Statt das Investitionsumfeld zu modernisieren, verheddert sich die Bundesregierung in sozialpolitischer Gefälligkeit. Die Steuerlast bleibt hoch, Abschreibungsregeln antiquiert, die Länder zweckentfremden Mittel aus Sondervermögen. Das verkündete Ziel – ein Investitionsschub – bleibt so eine leere Formel.
Beiden Modellen ist gemeinsam, dass sie die strukturellen Herausforderungen ignorieren. Die USA riskieren, ihre ökonomische Basis zu erodieren, Deutschland riskiert, trotz finanzieller Spielräume den Anschluss zu verlieren. Der demografische Wandel, die wachsende Konkurrenz aus Asien und eine veränderte Weltordnung dulden kein Zaudern. Die Politik in Berlin muss endlich den Mut finden, Wohlstandsversprechen nicht länger durch Umverteilung zu sichern, sondern durch Wettbewerbsstärkung und strategische Investitionen.
Und die EU? Sie besitzt ökonomisches Gewicht, das den USA ebenbürtig ist – nutzt es aber nicht. Statt Selbstbehauptung gegenüber Washington herrscht eine Appeasement-Logik, die nicht nur außenpolitisch schwach wirkt, sondern auch wirtschaftlich gefährlich ist.
Die Wahrheit ist unbequem: Weder die amerikanische Schulden-Party noch die deutsche Reform-Lethargie sind tragfähige Strategien. Wer glaubt, man könne sich aus langfristigen Strukturproblemen herauswarten oder -verschulden, lebt in einer fiskalischen Illusion. Die Rechnung kommt – und sie wird in beiden Systemen hoch ausfallen.