Seit dem 1. Januar 2025 gilt in der Europäischen Union eine verpflichtende Getrenntsammlung von Alttextilien. Ziel dieser Maßnahme ist es, die Kreislaufwirtschaft zu stärken, die Wiederverwendung und das Recycling von Textilien zu fördern und somit Umweltbelastungen zu reduzieren. Doch in der praktischen Umsetzung zeigen sich erhebliche Herausforderungen, die den ambitionierten Zielen der Verordnung entgegenstehen.
Kernpunkte der neuen Regelung
Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Alttextilien – sowohl tragbare als auch beschädigte oder verschmutzte Kleidung sowie Gebrauchstextilien wie Bettwäsche und Handtücher – getrennt gesammelt werden müssen. In Deutschland wurde diese Vorgabe durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (§ 20 Abs. 2 Nr. 6 KrWG) in nationales Recht umgesetzt. Die Verantwortung für die Umsetzung liegt bei den lokalen Entsorgungsträgern, also Landkreisen und Städten, die geeignete Sammelsysteme bereitstellen sollen, etwa durch Container oder Wertstoffhöfe.
Probleme und Kritik an der Umsetzung
- Verwirrung bei Verbraucher und Entsorgern
Viele Menschen sind unsicher, wie sie kaputte oder stark verschmutzte Kleidung entsorgen sollen. Während die EU-Richtlinie eine getrennte Sammlung fordert, raten viele Entsorger und gemeinnützige Organisationen weiterhin davon ab, beschädigte Textilien in Altkleidercontainer zu werfen. Dies könnte das bestehende System überfordern und die Qualität der gesammelten Kleidung verschlechtern.
- Fehlende Recycling-Infrastruktur
Ein funktionierendes Recyclingsystem für Alttextilien existiert bisher kaum. Die Aufbereitung ist technisch aufwendig und teuer, insbesondere weil moderne Kleidung oft aus Mischfasern besteht. Derzeit werden nur etwa ein Prozent der neuen Kleidungsstücke tatsächlich aus recycelten Alttextilien hergestellt.
- Fast Fashion und sinkende Qualität
Die zunehmende Verbreitung von Fast Fashion führt dazu, dass immer mehr minderwertige Kleidung entsorgt wird. Diese ist oft weder für den Second-Hand-Markt noch für hochwertiges Recycling geeignet. Selbst für die Weiterverarbeitung zu Dämmmaterialien oder Putzlappen gibt es inzwischen weniger Bedarf.
- Unterschiedliche Umsetzung in den EU-Ländern
Deutschland geht bei der Umsetzung der Richtlinie einen eigenen Weg und setzt weiterhin auf das bestehende Altkleidersystem, das jedoch als marode und wenig zukunftsfähig gilt. Es gibt keine einheitliche Regelung, wann und wie die Herstellerverantwortung und neue Recyclinglösungen tatsächlich greifen sollen.
- Exportverbote und Überlastung der Märkte
Viele Länder, die früher gebrauchte Kleidung importierten, schränken diese Importe inzwischen stark ein oder verbieten sie ganz. Dadurch gibt es weniger Absatzmöglichkeiten für gesammelte Alttextilien, was die Entsorgungsproblematik in Europa verschärft.
Fazit
Die neue EU-Altkleiderverordnung verfolgt ambitionierte Ziele, scheitert aber bislang an der praktischen Umsetzung. Es fehlt an klaren Vorgaben, einer funktionierenden Recycling-Infrastruktur und ausreichend Kapazitäten für die getrennte Sammlung und Verwertung. Die Unsicherheit bei Verbraucher und Entsorgern ist groß, und die Qualität der gesammelten Textilien sinkt weiter. Bis die Verordnung wie vorgesehen wirkt, sind noch erhebliche Anstrengungen und Investitionen nötig.