Donald Trump hat wiederholt behauptet, dass die Mehrwertsteuer (VAT) der Europäischen Union und anderer Länder wie Mexiko den US-Exporten schadet und ausländischen Produzenten einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Diese Behauptung ist Teil seiner umfassenderen Handelsrhetorik, die sich auf Zölle und bilaterale Handelsabkommen konzentriert, während er multilaterale Abkommen wie das Trans-Pacific Partnership (TPP) ablehnt. Doch wie fundiert sind diese Vorwürfe? Dieser Artikel analysiert die Funktionsweise der VAT, vergleicht sie mit den US-amerikanischen Steuersystemen, untersucht die Handelsneutralität der VAT und beleuchtet die Auswirkungen von Trumps Handelspolitik.
Was ist die Mehrwertsteuer (VAT)?
Die Mehrwertsteuer ist eine Verbrauchssteuer, die auf den Wertzuwachs eines Produkts oder einer Dienstleistung in jeder Phase der Produktion und des Vertriebs erhoben wird. Im Gegensatz zu einer Verkaufssteuer, die nur auf den Endpreis eines Produkts angewendet wird, besteuert die VAT den Mehrwert, der in jedem Produktionsschritt entsteht. Unternehmen zahlen die VAT auf ihre Einkäufe, können diese jedoch bei der Weiterverarbeitung oder dem Verkauf zurückfordern, sodass die Steuer letztlich vom Endverbraucher getragen wird.
Ein zentraler Aspekt der VAT ist ihre Grenzanpassung (border adjustment): Exporte sind von der VAT befreit, während Importe mit der gleichen Steuer wie inländische Produkte belegt werden. Dies stellt sicher, dass alle im Land konsumierten Waren gleich besteuert werden, unabhängig von ihrer Herkunft. Über 80 % der Länder weltweit, einschließlich der EU und Mexiko, nutzen eine Form der VAT, die laut der Welthandelsorganisation (WTO) als handelsneutral gilt.
Trumps Behauptung: Diskriminiert die VAT US-Exporte?
Trump argumentiert, dass die VAT ausländischen Produzenten einen Vorteil verschafft, da sie auf US-Exporte erhoben wird, während inländische Produkte in Ländern wie Mexiko oder der EU steuerlich begünstigt seien. Diese Behauptung ist jedoch falsch, wie eine Analyse der Funktionsweise der VAT zeigt:
- Exporte sind steuerfrei: In Ländern mit VAT, wie Mexiko oder der EU, werden exportierte Waren nicht mit der VAT belastet. Ein mexikanischer Produzent zahlt also keine VAT auf Waren, die in die USA exportiert werden, genauso wie ein US-Produzent keine US-Verbrauchssteuer auf Exporte zahlt.
- Importe werden gleich behandelt: Importierte Waren, einschließlich solcher aus den USA, unterliegen der gleichen VAT wie inländische Produkte. Dies bedeutet, dass ein US-Exporteur in der EU keinen Nachteil hat, da seine Produkte nicht höher besteuert werden als lokale Produkte.
- Handelsneutralität: Studien, wie die der American Economic Association, bestätigen, dass die Grenzanpassung der VAT den internationalen Handel nicht verzerrt. Die WTO erlaubt diese Praxis, während sie die Grenzanpassung direkter Steuern (z. B. Einkommenssteuern) verbietet.
Die Behauptung, dass die VAT US-Exporte benachteiligt, ist daher unbegründet. Sie beruht auf einem Missverständnis der Funktionsweise der VAT und ignoriert, dass die USA ein ähnliches Prinzip bei ihren Verbrauchssteuern (z. B. auf Tabak oder Alkohol) anwenden, die auf Importe erhoben, aber von Exporten ausgenommen sind.
Vergleich: VAT vs. US-Verkaufssteuern
Die USA haben keine nationale VAT, sondern erheben staatliche Verkaufssteuern und föderale Verbrauchssteuern. Diese funktionieren ähnlich wie die VAT, sind jedoch weniger effizient:
- Verkaufssteuern: Diese werden von den Bundesstaaten auf den Endpreis von Waren und Dienstleistungen erhoben. Im Gegensatz zur VAT werden sie manchmal auch auf Zwischenprodukte („business inputs“) angewendet, was zu Tax Pyramiding führt – einer Mehrfachbesteuerung, die die Kosten erhöht und ineffizient ist.
- Verbrauchssteuern: Föderale Steuern auf Produkte wie Tabak, Alkohol oder Kraftstoffe werden auf Importe erhoben, aber nicht auf Exporte, ähnlich der VAT-Grenzanpassung.
- Nationale VAT?: Während viele Ökonomen eine nationale VAT als effizienter als das aktuelle US-System ansehen, ist sie politisch umstritten. Kommentatoren im MishTalk-Artikel befürchten, dass eine VAT zu einer zusätzlichen Steuerlast führen könnte, insbesondere in Kombination mit Trumps Zöllen.
Im Gegensatz zur VAT, die den Wertzuwachs besteuert, können US-Verkaufssteuern auf Zwischenprodukte angewendet werden, was die Produktionskosten erhöht. Dies macht das US-System in einigen Aspekten weniger wettbewerbsfähig.
Trumps Handelspolitik: Zölle statt multilaterale Abkommen
Trump bevorzugt bilaterale Handelsabkommen und lehnt multilaterale Abkommen wie das TPP ab, das die USA 2017 unter seiner Führung verlassen haben. Das TPP (später CPTPP ohne die USA) zielte darauf ab, Handelsbarrieren zwischen Ländern wie Australien, Kanada, Japan und Vietnam zu senken. Shedlock argumentiert, dass die Teilnahme am TPP und die Nutzung der USMCA (United States-Mexico-Canada Agreement) die USA in eine stärkere Position gegenüber China gebracht hätten.
Stattdessen droht Trump mit hohen Zöllen, etwa 50 % auf EU-Importe, und behauptet fälschlicherweise, dass andere Länder diese Zölle zahlen würden. In Wirklichkeit tragen US-Konsumenten die Kosten, was besonders die ärmeren und mittleren Einkommensschichten sowie kleine Unternehmen belastet, die die erhöhten Preise schwerer weitergeben können.
Auswirkungen von Zöllen
- Belastung der Konsumenten: Zölle erhöhen die Preise importierter Waren, was in Märkten mit hohem Importanteil (z. B. Elektronik, Pharmazeutika) wie eine Verbrauchssteuer wirkt. Ein Leser im MishTalk-Artikel vergleicht dies mit einer „impliziten VAT“, da die Preiserhöhungen alle Konsumenten treffen.
- Schaden für kleine Unternehmen: Große Unternehmen können Zölle leichter durch Lieferkettenumstellungen oder Preisanpassungen abfedern, während kleine Unternehmen oft scheitern.
- Wirtschaftliche Ineffizienz: Zölle reduzieren den Handel und erhöhen die Kosten, was die Wirtschaft schwächt. Dies steht im Gegensatz zu Trumps Behauptung, dass Zölle den Haushaltsdefizit beseitigen oder Einkommenssteuern ersetzen könnten.
Fazit
Trumps Kritik an der VAT basiert auf einem grundlegenden Missverständnis ihrer Funktionsweise. Die VAT ist handelsneutral und diskriminiert weder US-Exporte noch bevorzugt sie ausländische Produzenten. Seine Vorliebe für Zölle und bilaterale Abkommen, kombiniert mit der Ablehnung multilateraler Handelsabkommen, schadet der US-Wirtschaft mehr, als sie nützt. Die USA könnten von einer effizienteren Steuerpolitik, wie einer nationalen VAT, profitieren, doch dies bleibt politisch unwahrscheinlich. Stattdessen führen Trumps Zölle zu höheren Preisen, belasten besonders die ärmeren Schichten und kleine Unternehmen und fördern wirtschaftliche Ineffizienz. Eine faktenbasierte Handelspolitik, die auf Kooperation statt Konfrontation setzt, wäre für die USA langfristig vorteilhafter.