Die Zukunft des Bargelds: Neue Euro-Banknoten ab 2028 – ein Symbol europäischer Identität im Wandel

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein Projekt von erheblicher kultureller und politischer Tragweite angestoßen: die Neugestaltung der Euro-Banknoten. Im Juli 2025 begann der offizielle Design-Wettbewerb, bei dem Grafikdesigner aus der gesamten Europäischen Union eingeladen sind, die künftige visuelle Identität des Euro mitzugestalten. Dieser Schritt markiert nicht nur eine gestalterische Zäsur, sondern ist Ausdruck einer strategisch kommunizierten Erneuerung des europäischen Selbstverständnisses – unter den Leitmotiven „Europäische Kultur“ und „Flüsse und Vögel“.

Der Euro, lange als technokratisches Projekt gescholten, wird zunehmend als emotionales Bindeglied einer vielfältigen Staatengemeinschaft begriffen. Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, unterstreicht diesen Perspektivwechsel: Der Euro sei „mehr als eine Währung – er symbolisiert die Einheit und Vielfalt Europas“. Die neuen Scheine sollen diese Vielfalt nicht nur abbilden, sondern den Bürgern auch die Gelegenheit bieten, sich mit dem Gemeinwesen identifikatorisch zu verbinden.

Im Zentrum der Neugestaltung steht daher nicht allein die gestalterische Frische oder die technologische Weiterentwicklung zur Fälschungssicherheit, sondern ein inklusiver Anspruch: Die neuen Banknoten sollen für Menschen aller Altersstufen und Hintergründe intuitiv erfassbar sein – auch für Sehbehinderte. Zudem spielt der ökologische Fußabdruck der Geldscheine eine zunehmend prominente Rolle: Materialien und Herstellungsverfahren sollen künftig nachhaltiger ausfallen, was im Kontext europäischer Umwelt- und Klimaziele nur folgerichtig erscheint.

Der Prozess selbst ist in zwei Phasen unterteilt: eine Bewerbungsphase zur Auswahl geeigneter Designerinnen und Designer, gefolgt von der eigentlichen Einreichung der Entwürfe. Eine unabhängige Jury aus Fachleuten wird die Vorschläge sichten und je Thema bis zu fünf Finalisten küren. Danach erfolgt eine öffentliche Konsultation – ein demokratisches Moment, das Transparenz schafft und bürgerschaftliche Teilhabe signalisiert. Die endgültige Entscheidung über das neue Design trifft der EZB-Rat voraussichtlich Ende 2026. Mit einer Einführung der neuen Banknoten ist – realistisch betrachtet – nicht vor dem Jahr 2028 zu rechnen.

Dieser Zeithorizont mag aus Sicht pragmatischer Beobachter lang erscheinen. Doch er ist gerechtfertigt: Die logistischen, technischen und kommunikativen Herausforderungen einer vollständigen Umstellung des Bargeldumlaufs sind erheblich. Gleichzeitig bietet der lange Vorlauf die Gelegenheit, die gestalterische wie gesellschaftspolitische Dimension der neuen Banknoten in einer breiten Öffentlichkeit zu diskutieren.

Es ist daher zu hoffen, dass dieser Prozess nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch identitätsstiftend wirkt. In einer Zeit wachsender politischer Spannungen innerhalb der EU wäre es ein starkes Signal, wenn der Euro – gerade in barer Form – zu einem Symbol gelebter kultureller Gemeinsamkeit wird, ohne nationale Eigenheiten zu negieren.

Die nächste Generation der Euro-Banknoten ist also weit mehr als ein Mittel zum Zweck. Sie ist ein Statement – für eine pluralistische, widerstandsfähige und kulturell selbstbewusste Union.


Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!

Lasse uns diesen Beitrag verbessern!

Wie können wir diesen Beitrag verbessern?

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zu allgemeinen Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Bitte konsultieren Sie vor jeder Anlageentscheidung einen unabhängigen Finanzberater