Donald Trump – Friedenspräsident oder Architekt der asymmetrischen Kriegsführung?

Donald Trump lässt keinen Zweifel an seinem Anspruch, sich als „Friedenspräsident“ ins historische Gedächtnis einzuschreiben. Unterstützt wird dieses Selbstbild seit Juli 2025 durch die offizielle Nominierung für den Friedensnobelpreis – eingereicht von keinem Geringeren als Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Die Szene war sorgfältig inszeniert: Eine feierliche Übergabe des Empfehlungsschreibens im Weißen Haus, flankiert von republikanischen Abgeordneten und mit breiter medialer Begleitung im konservativen Lager. Trump präsentierte sich dabei als Garant geopolitischer Stabilität – einer, der Feuerpausen erzwingt, Geiseln befreit und den Terrorismus besiegt, wo andere lediglich Mahnungen aussprechen.

Doch diese Erzählung gerät bei nüchterner Betrachtung ins Wanken. Allein in den ersten sechs Monaten seiner zweiten Amtszeit hat Präsident Trump nach unabhängigen Recherchen über 500 Luftschläge weltweit autorisiert. In Somalia wurden bis Mitte Juli mehr als fünfzig Angriffe gezählt – doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Weitere Hundertschaften von Bombardements trafen die Huthi-Miliz im Jemen, iranische Infrastrukturziele und dschihadistische Netzwerke in der Sahelzone. Die Bilanz ist deutlich: Trumps Außenpolitik stützt sich auf massive, häufig unilaterale militärische Gewalt, legitimiert durch den globalen Antiterrorkampf, doch entkoppelt von einer strukturell nachhaltigen Diplomatie.

Und während Trump in den Medien seines politischen Lagers als Friedensstifter gefeiert wird – unter Verweis auf das im Juni vermittelte Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und Iran – bleibt festzuhalten: Kaum war dieser brüchige Frieden ausgerufen, autorisierte das Weiße Haus neue Luftangriffe gegen iranische Radaranlagen, um vermeintliche Verstöße zu ahnden. Es ist diese Gleichzeitigkeit aus Verhandlung und Vergeltung, die Trumps außenpolitisches Handeln prägt – und die es schwer macht, ihn in die klassische Tradition der Friedensnobelpreisträger einzuordnen.

Die Nominierung selbst sagt wenig aus: Jeder nationale Abgeordnete oder Universitätsprofessor darf Vorschläge einreichen; für 2025 liegen dem Nobelkomitee in Oslo 338 Bewerbungen vor. Dass Netanjahu Trump vorschlägt, ist außenpolitisches Kalkül und innenpolitisches Signal zugleich – eine PR-Offensive für zwei Staatsführer, die beide unter wachsendem internationalen Legitimationsdruck stehen. In deutschen Medien wird dies durchaus thematisiert: Die FAZ spricht von einer „kontrafaktischen Erzählung“, ZDFheute konstatiert nüchtern, die Nominierung sei „nicht mehr als ein symbolischer Akt“.

Im Zentrum bleibt jedoch ein fundamentaler Widerspruch: Kann ein Präsident, der zivile Opferzahlen nicht mehr offenlegt, Friedensvermittlungen nur an militärische Ultimaten knüpft und Konflikte primär durch Drohnen und Spezialkräfte reguliert, als authentischer Friedensstifter gelten? Die historische Antwort dürfte skeptisch ausfallen. Schon Barack Obamas Friedensnobelpreis 2009 – verliehen zu Beginn seiner Amtszeit und bald darauf diskreditiert durch die Eskalation seiner Drohnenkriege – wird heute in Oslo als Mahnung zur Vorsicht betrachtet.

Trump selbst wird derlei Widersprüche kaum tangieren. Für ihn zählt die Symbolik, die Erzählung der Stärke – Frieden durch Drohung, Sicherheit durch Schlagkraft. Doch für die Institutionen des internationalen Rechts und die Idee einer regelbasierten Weltordnung stellt sich die Frage schärfer denn je: Reicht es aus, punktuelle Feuerpausen zu vermitteln, wenn man zugleich an anderer Stelle neue Brandherde befeuert?

Fazit:
Trumps Bewerbung um den Friedensnobelpreis ist keine weltfremde Fiktion – aber sie steht im scharfen Kontrast zu seinem faktischen Handeln. Wer den Frieden durch Stärke erzwingen will, mag kurzfristige Siege erringen. Ob dies jedoch dauerhaft Vertrauen, Stabilität und gerechte Ordnung schafft, ist mehr als zweifelhaft. Friedenspolitik ist mehr als das Schweigen der Waffen – sie ist die Fähigkeit, legitime politische Ordnung herzustellen. An dieser Messlatte muss sich auch Donald Trump messen lassen.


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