Unter Effizienz der Märkte versteht man in der Wirtschaftswissenschaft, insbesondere in der Finanzökonomie, die Fähigkeit von Märkten, alle verfügbaren Informationen vollständig, korrekt und zeitnah in den Preisen von Vermögenswerten zu reflektieren. Dieses Konzept ist zentral für die moderne Kapitalmarkttheorie und wurde maßgeblich durch den Ökonomen Eugene Fama in den 1970er Jahren geprägt, der dafür später den Wirtschaftsnobelpreis erhielt.
Die sogenannte Effizienzmarkthypothese (EMH) unterscheidet drei Formen von Markteffizienz, die jeweils unterschiedliche Informationsniveaus betreffen:
- Schwache Form: Alle historischen Preise und Handelsvolumina sind in den aktuellen Kursen enthalten. Technische Analyse – also die Prognose zukünftiger Kursentwicklungen auf Basis vergangener Kursmuster – wäre in einem schwach effizienten Markt sinnlos.
- Halbstarke Form: Sämtliche öffentlich verfügbaren Informationen (z. B. Bilanzen, Pressemitteilungen, Wirtschaftsdaten) sind in den Preisen berücksichtigt. Fundamentalanalyse, die sich auf diese Informationen stützt, wäre demnach ebenfalls wirkungslos, um Überrenditen zu erzielen.
- Starke Form: Alle Informationen – auch nicht-öffentliche, also Insiderinformationen – sind bereits in den Preisen enthalten. Diese Form der Effizienz ist in der Realität besonders umstritten, da sie voraussetzt, dass selbst Insider keinen Informationsvorsprung haben, was empirisch kaum haltbar ist.
Kritische Einordnung und Grenzen:
Die Effizienzmarkthypothese hat die Finanzforschung stark geprägt, doch sie wurde insbesondere seit den 1980er Jahren zunehmend kritisch hinterfragt. Mehrere Argumente sprechen gegen die Annahme vollständig effizienter Märkte:
- Behavioral Finance: Die Verhaltensökonomik zeigt, dass Investoren häufig irrational handeln, etwa durch Herdenverhalten, Über- oder Unterreaktionen auf Nachrichten oder kognitive Verzerrungen. Diese psychologischen Phänomene führen zu Preisverzerrungen, die mit der Idee vollkommen effizienter Märkte nicht vereinbar sind.
- Marktanomalien: Es wurden wiederholt systematische Abweichungen von der EMH beobachtet – etwa der Januar-Effekt, Momentum-Strategien oder die sogenannte Value-Prämie. Solche Anomalien deuten darauf hin, dass bestimmte Strategien auf Basis öffentlich zugänglicher Informationen dennoch Überrenditen erzielen können.
- Informationsasymmetrien und Transaktionskosten: Die Annahme, dass alle Informationen kostenlos und gleichzeitig allen Marktteilnehmern zur Verfügung stehen, ist realitätsfern. In der Praxis bestehen oft erhebliche Informationsasymmetrien, und der Zugang zu Informationen ist mit Kosten verbunden – ein klarer Widerspruch zur EMH.
- Finanzkrisen und spekulative Blasen: Ereignisse wie die Dotcom-Blase oder die Finanzkrise von 2007–2008 lassen sich kaum mit effizienter Preisbildung erklären. Vielmehr zeigen sie, dass Märkte oft über längere Zeiträume hinweg systematisch falsche Erwartungen in Preise einpreisen.
Fazit:
Die Vorstellung effizienter Märkte ist eine theoretische Idealvorstellung, die unter bestimmten Annahmen – wie rationalem Verhalten, vollständiger Information und fehlenden Transaktionskosten – gilt. In der Realität jedoch sind Märkte bestenfalls bedingt effizient: In vielen Situationen reflektieren sie Informationen relativ gut, aber eben nicht perfekt. Eine kritische Auseinandersetzung mit der EMH ist notwendig, um die Dynamiken realer Finanzmärkte adäquat zu verstehen. In der Praxis ergibt sich daraus ein Spannungsfeld zwischen der Suche nach Überrenditen und der Anerkennung systemischer Marktgrenzen – ein zentrales Thema für Investoren, Ökonomen und Regulatoren gleichermaßen.