Israel und das „biblische Kernland“
- Sicherheit hat Vorrang vor Staatlichkeit
Die Terroranschläge der Hamas vom 7. Oktober 2023 und die anschließenden Kämpfe in Gaza haben die Sicherheitsfrage in den Mittelpunkt gerückt. Für Netanjahu und seine Regierung ist die Devise klar: „Erst das Ende des Terrors, dann Gespräche über politische Lösungen.“ Ein palästinensischer Staat wird als „Belohnung für Terror“ abgelehnt, da er nach Ansicht der israelischen Rechten die Sicherheit des Landes gefährden würde. Hardliner wie Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir gehen weiter und fordern die dauerhafte Kontrolle über Gaza und das Westjordanland, um jegliche Bedrohung auszuschließen. - „Judea und Samaria“ als unveräußerliches Erbe
Finanzminister Bezalel Smotrich vertritt die Position, dass das Westjordanland – von ihm als „Judea und Samaria“ bezeichnet – historisch und religiös untrennbar mit Israel verbunden sei. Er plädiert für eine formelle Annexion dieser Gebiete im Jahr 2025, indem die bestehende Zivilverwaltung in volle Souveränität überführt wird. Mit rund 700.000 Israelis in Siedlungen sieht Smotrich die Präsenz als fait accompli, das jeden Rückzugsplan obsolet macht. - Jerusalem: „Ewig vereint“
Die Vorstellung, Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen Staates zuzulassen, wird einhellig abgelehnt. Jerusalem gilt in der rechts-religiösen Koalition als „ewig vereinte“ Hauptstadt Israels, deren Teilung einen Angriff auf die jüdische Identität darstellen würde. Eine Knesset-Initiative unterstreicht dies, indem sie internationale Parlamente auffordert, die Zwei-Staaten-Lösung aufzugeben, da diese „Israels Vernichtung“ einleiten würde. - Anerkennung provoziert Gegenmaßnahmen
Strategie-Minister Ron Dermer hat westlichen Staaten wie Frankreich und Großbritannien signalisiert, dass einseitige Anerkennungen eines palästinensischen Staates Konsequenzen hätten. Israel droht in solchen Fällen mit der Annexion von Teilen des Westjordanlands, einschließlich der Legalisierung bisher illegaler Siedlungsaußenposten. Die Botschaft ist eindeutig: Diplomatischer Druck wird mit Fakten vor Ort beantwortet. - Umkehr der Verhandlungslogik
Die israelische Rechte lehnt die Grundlogik der Oslo-Abkommen ab, die von palästinensischer Autonomie als Schritt zur Staatlichkeit ausging. Stattdessen fordert sie eine „Umkehr“: Die Palästinenser müssten zunächst alle Waffen abgeben, die Hamas zerschlagen und Israels volle Sicherheitskontrolle akzeptieren. Nur unter diesen Bedingungen könnten eingeschränkte Autonomieformen diskutiert werden – ein souveräner Staat bleibt ausgeschlossen. Die Zwei-Staaten-Lösung wird als gescheitert betrachtet, da sie die grundsätzliche Ablehnung Israels durch weite Teile der palästinensischen Gesellschaft nicht überwinden konnte.
Demografisches Dilemma
Eine wachsende palästinensische Bevölkerung unter israelischer Kontrolle stellt ein langfristiges Problem dar. Die Aufrechterhaltung eines jüdischen und zugleich demokratischen Staates wird zunehmend schwieriger.
Die Koalition in Israel sieht in der Zwei-Staaten-Lösung eine Bedrohung ihrer Sicherheits- und Identitätsinteressen. Sie setzen auf Kontrolle und Annexion, gestützt auf historische und religiöse Ansprüche.
