Ergebnisse der Kabinettssitzung und aktuelle Sicherheitslage der Bundesregierung (27. August 2025)

1. Überblick: Kabinettssitzung im Zeichen der Sicherheit

Die 14. Sitzung des Bundeskabinetts am 27. August 2025 stand, wie Bundeskanzler Merz betonte, „im Ganzen weit oben auf der politischen Agenda“ und wurde erstmals seit 19 Jahren wieder im Verteidigungsministerium abgehalten. Dies unterstreicht die gravierende Veränderung der sicherheitspolitischen Lage in Europa. Der Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa, General Alexus G. Grynkewich, unterrichtete das Kabinett über die militärische Lage, wobei er feststellte: „Russland ist und bleibt auf lange Zeit die größte Bedrohung für Freiheit, Frieden und Stabilität in Europa.“

Als Reaktion darauf hat die Bundesregierung eine Reihe wichtiger Beschlüsse gefasst, die auf eine umfassende Stärkung der deutschen und europäischen Sicherheit abzielen.

2. Zentrale Beschlüsse und Initiativen im Bereich Sicherheit und Verteidigung

Die Kabinettssitzung führte zu mehreren weitreichenden Entscheidungen:

2.1. Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats

Das Bundeskabinett hat die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers beschlossen. Dieses Gremium soll die „Fülle an Kompetenz und Wissen in Fragen der Sicherheit künftig noch besser gebündelt und genutzt werden.“ Der Rat ist als Brücke zwischen den Ressorts konzipiert, um übergreifende Fragestellungen aus innerer, äußerer, wirtschaftlicher und digitaler Sicherheitspolitik zu koordinieren.

Kernaufgaben des Nationalen Sicherheitsrats:

  • Informationsbündelung und Entscheidungsfindung: Vorbereitung und Treffen politischer Entscheidungen auf Grundlage eines umfassenden Lagebildes.
  • Strategische Vorausschau und Planung: Erkennung mittel- und langfristiger Bedrohungslagen, Entwicklung von Handlungsoptionen und Fortschreibung der Nationalen Sicherheitsstrategie.
  • Stärkung der Resilienz: Durchführung von Krisensimulationen und sicherheitspolitischen Übungen.

Zusammensetzung: Unter Vorsitz des Bundeskanzlers umfasst der Rat Kernministerien wie Finanzen, Auswärtiges, Inneres, Justiz, Wirtschaft, Verteidigung, wirtschaftliche Zusammenarbeit, Digitales und das Kanzleramt. Auch Vertreter der Länder, internationaler Organisationen, Wissenschaft und Sicherheitsbehörden können bei Bedarf hinzugezogen werden.

2.2. Modernisierung des Wehrdienstes

Als Reaktion auf die verschärfte sicherheitspolitische Bedrohungslage hat das Kabinett einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Wehrdienstes beschlossen. Ziel ist die Stärkung der aktiven Truppe und der Reserve der Bundeswehr, orientiert am schwedischen Modell.

Wichtige Punkte:

  • Freiwilligkeit mit Option zur Verpflichtung: Der Wehrdienst bleibt vorerst freiwillig. Bei einer Verschärfung der Sicherheitslage oder ausgeschöpfter Freiwilligkeit kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages die verpflichtende Einberufung beschließen. Bundeskanzler Merz betonte: „Sollten wir feststellen, dass wir nachsteuern müssen, dann werden wir das tun. Auch das ist in diesem Gesetz bereits angelegt.“
  • Reaktivierung der Wehrerfassung und Wehrüberwachung: Alle 18-jährigen Deutschen werden mit einem verpflichtenden Online-Fragebogen zur Abgabe persönlicher Daten und Qualifikationen aufgefordert. Für Männer des Geburtsjahrgangs 2008 und jünger wird ab dem 1. Juli 2027 eine verpflichtende Musterung eingeführt.
  • Attraktivitätssteigerung: Der Dienst soll durch bessere Besoldung (ca. 2.300 Euro netto, zzgl. kostenfreier Unterkunft und Krankenversicherung), sinnstiftende Ausbildung (Sicherungs- und Wachsoldat, erweiterter Heimatschutz) und attraktive Qualifikationsangebote (Sprachkurse, Führerscheine, IT-Lehrgänge) attraktiver gestaltet werden.
  • Ziel des Aufwuchses: Verteidigungsminister Pistorius strebt eine Reserve von 200.000 bis zum Ende des Jahrzehnts an, wovon 100.000 aus dem neuen Wehrdienst generiert werden sollen. Der Aufwuchspfad sieht 25.000 bis 30.000 Ausgebildete pro Jahr von 2025/26 bis 2029 vor.

2.3. Stärkung der Militärischen Sicherheit der Bundeswehr

Ein Gesetzentwurf zur Stärkung der Militärischen Sicherheit in der Bundeswehr wurde beschlossen, um auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die gestiegene Bedrohung durch Sabotage und Spionage zu reagieren.

Schwerpunkte:

  • Stärkung des MAD: Neufassung des Gesetzes über den Militärischen Abschirmdienst (MAD) zur Fokussierung auf die Besonderheiten eines abwehrenden militärischen Nachrichtendienstes.
  • Schutz von Soldaten und Familien: Besserer Schutz für Soldatinnen und Soldaten sowie deren Familien, insbesondere im Einsatz in Litauen.
  • Cyberabwehr: Stärkung der Cyberabwehr.
  • Sicherheitsüberprüfungen: Verbesserung und Beschleunigung der Verfahren durch eine unterstützte Verfassungstreueprüfung, die die bisherige Soldateneinstellungsüberprüfung ersetzt.
  • Reiseanzeigen und -verbote: Einführung von Reiseanzeigen und -verboten für Angehörige des Verteidigungsressorts bei Reisen in risikobehaftete Regionen.
  • Erweiterte Befugnisse: Feldjäger und andere berechtigte Personen erhalten neue Befugnisse zum Anhalten und Überprüfen verdächtiger Personen.

3. Beteiligung an internationalen Missionen

Deutschland setzt sein Engagement für internationale Stabilität fort:

3.1. EUNAVFOR ASPIDES im Roten Meer

Die Bundesmarine wird ihre Beteiligung an der EU-geführten Mission EUNAVFOR ASPIDES fortsetzen, um die internationale Schifffahrt im Persischen Golf und angrenzenden Regionen vor Angriffen der Huthi-Rebellen zu schützen. Das Einsatzgebiet umfasst wichtige Handelsrouten für europäische Energielieferungen und 15% des weltweiten maritimen Handels.

Wichtige Änderungen:

  • Personelle Obergrenze: Die personelle Obergrenze wird von 700 auf 350 Soldatinnen und Soldaten herabgesetzt, was weiterhin die Bereitstellung einer Fregatte und Luftunterstützung ermöglicht.
  • Aufgaben der Bundeswehr: Erstellung eines maritimen Lagebildes in engem Austausch mit internationalen Partnern (EU, USA) zur Identifizierung feindlicher Kräfte und zur Grundlage von Abwehrmaßnahmen.
  • Rechtliche Grundlage: Das Mandat ist defensiv ausgerichtet und steht im Einklang mit dem Völkerrecht, dem Seerechtsübereinkommen von 1982 und der UN-Sicherheitsratsresolution 2722 (2024).

3.2. UNMISS im Südsudan

Die Bundeswehr wird ihren Einsatz im Rahmen der UNMISS-Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan bis zum 31. Oktober 2026 verlängern, mit einer Obergrenze von 50 Soldatinnen und Soldaten.

Ziele der Mission:

  • Schutz von Zivilpersonen.
  • Unterstützung bei der Umsetzung des Friedensabkommens von 2018 und des Friedensprozesses.
  • Deutsche Soldatinnen und Soldaten werden als Führungs-, Beratungs-, Verbindungs- und Beobachtungsoffiziere in den Stäben eingesetzt und können zeitlich befristet bei der Ausbildung des UN-Personals unterstützen.
  • Deutschland leistet auch umfangreiche humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit (Ernährungssicherung, Wasser, Sanitärversorgung) und Krisenschutz, insbesondere für gefährdete Gruppen.

4. Aktuelle Außenpolitik und Unterstützung für Moldau

Bundeskanzler Merz reiste am 27. August 2025 anlässlich des 34. Jahrestags der moldauischen Unabhängigkeit nach Chișinău, begleitet von Frankreichs Präsident Macron und Polens Ministerpräsident Tusk.

Kernbotschaften:

  • EU-Beitritt Moldaus: Kanzler Merz bekräftigte: „Die Tür in die Europäische Union ist offen. Sie sind uns in dieser Europäischen Union von ganzem Herzen willkommen.“ Moldau habe sich im Referendum 2024 für den EU-Weg entschieden und erfolgreich Reformen umgesetzt. Deutschland sichert weitere Unterstützung durch Experten und finanzielle Mittel zu, um die Energieversorgung und die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen zu unterstützen.
  • Solidarität gegen russische Aggression: Deutschland, Frankreich und Polen stehen Moldau bei, um dessen Freiheit und Souveränität zu bewahren. Merz betonte: „Uns ist sehr bewusst, wie gerade Moldau unter dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine leidet.“ Er forderte ein schnelles Ende des Krieges, aber nicht „um den Preis einer Kapitulation der Ukraine“, sondern „einen Frieden, der hält.“
  • Abwehr hybrider Attacken: Russland arbeitet beharrlich daran, Freiheit, Wohlstand und Frieden in Moldau zu stören, insbesondere durch „massive hybride Attacken Russlands“ vor den anstehenden Parlamentswahlen. Deutschland und Europa unterstützen Moldau im Kampf gegen Desinformation, Cyberkampagnen und stärken dessen Sicherheitskräfte.

5. Weitere Kabinettsbeschlüsse (Ohne Aussprache – „TOP-1-Liste“)

Das Bundeskabinett hat zudem eine Vielzahl weiterer Gesetzentwürfe und Stellungnahmen beschlossen, die diverse Ressorts betreffen, darunter:

  • Justiz: Rechtshilfe in Strafsachen mit Indien, Änderungen des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, Gesetze zum strafrechtlichen Schutz von Persönlichkeitsrechten vor Deepfakes, Mietwucher, Kinder- und Jugendstrafrecht, Erhöhung der Sicherheit im Verkehr, u.a.
  • Inneres: Änderungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes, Luftsicherheitsgesetzes, Asylgesetzes (Verfahrensbeschleunigung), Gesetzes zur frühzeitigen Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt.
  • Wirtschaft und Energie: Rüstungsexportbericht 2024, Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts, Änderungen des Energiewirtschaftsrechts (Verbraucherschutz).
  • Finanzen: Prägung von Gedenkmünzen („Konrad Adenauer“, „Ariane 6“).
  • Soziales, Familie, Gesundheit, Landwirtschaft, Verkehr, Umwelt, Bauen: Verschiedene Änderungen in den jeweiligen Fachgesetzen.

6. Ausblick und übergreifende Botschaften

Die Bundesregierung sendet mit den Beschlüssen vom 27. August 2025 ein klares Signal der Entschlossenheit. Die Stärkung der Bundeswehr, die Einrichtung des Nationalen Sicherheitsrats und die aktive Außenpolitik, insbesondere im Kontext der europäischen Integration Moldaus und der Abwehr russischer Aggression, zeigen eine kohärente Strategie zur Bewältigung der aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Bundeskanzler Merz betonte, dass Deutschland ein „handlungsfähiger Partner in Europa und in der neuen NATO“ sein wolle. Die Debatten um den Wehrdienst sollen zudem ein „Bewusstsein zu wecken und zu verstärken“ für die individuelle Verantwortung zur Sicherheit des Landes.


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