Energiekosten geben den Takt, Industrie außerhalb des Energiesektors bleibt verhalten
Die Erzeugerpreise der Industrie haben im Juni 2025 sowohl im Euroraum als auch in der EU deutlich angezogen. Im Vergleich zum Vormonat Mai 2025 stiegen die Preise im Euroraum um 0,8 % und in der EU um 0,7 %. Diese Entwicklung markiert eine spürbare Trendwende nach den Rückgängen der vorangegangenen Monate: Zwischen Januar und Mai hatten sich die industriellen Erzeugerpreise im Euroraum und in der EU fast durchgehend im Minus bewegt, wobei der April mit einem Preisrückgang von mehr als zwei Prozent den bisherigen Tiefpunkt markierte.
Energiepreise als Haupttreiber
Die aktuelle Preiserholung ist vor allem einem Faktor geschuldet: den Energiekosten. Im Euroraum verteuerte sich die Energie im Juni gegenüber dem Mai um 3,2 %, in der EU um 2,4 %. Diese Entwicklung überlagert allerdings die Entwicklung im übrigen Industriesektor. Bereinigt man die Zahlen um den Energieeinfluss, zeigt sich ein differenziertes Bild: Die Preise der Industrie „ohne Energie“ sanken im Euroraum sogar leicht um 0,1 %, während sie in der EU nur um 0,1 % zulegten. Diese Zahlen unterstreichen, dass der Preisanstieg weitgehend auf die volatilen Energiepreise zurückzuführen ist, während die übrige Industrie nach wie vor von einer schwachen Nachfrage und robusten Produktionskapazitäten geprägt ist.
Gruppenspezifische Entwicklungen
Betrachtet man die einzelnen Produktgruppen, zeigt sich folgendes Bild: Die Preise für Vorleistungsgüter gingen sowohl im Euroraum (-0,2 %) als auch in der EU (-0,2 %) leicht zurück, was auf eine gedämpfte Nachfrage seitens der verarbeitenden Industrie hindeutet. Investitionsgüter legten dagegen moderat zu (Euroraum +0,1 %, EU +0,2 %), was sich mit einer vorsichtigen Belebung der Investitionstätigkeit in der Region in Einklang bringen lässt. Gebrauchs- und Verbrauchsgüter verzeichneten nur marginale Preisanpassungen, was auf eine insgesamt stabile Konsumgüternachfrage schließen lässt.
Länderspezifische Unterschiede
Die nationalen Unterschiede sind erheblich. Spanien verzeichnete mit einem Preisanstieg von 3,1 % den höchsten Zuwachs im Monatsvergleich, gefolgt von Italien (+2,2 %) und Portugal (+1,7 %). Diese Länder profitieren offenbar von einer robusten Binnennachfrage und zuletzt stabilen Energiepreisen. Im Gegenzug verzeichneten Estland (-3,8 %), Irland (-2,8 %) und Schweden (-1,4 %) die stärksten Preisrückgänge. Diese Entwicklung dürfte mit unterschiedlichen Energieversorgungsstrukturen, aber auch mit spezifischen Nachfrageeinbrüchen zusammenhängen.
Jährliche Perspektive
Im Jahresvergleich – also gegenüber dem Juni 2024 – zeigt sich ein moderater, aber kontinuierlicher Preisanstieg. Sowohl im Euroraum als auch in der EU stiegen die industriellen Erzeugerpreise jeweils um 0,6 %. Diese Entwicklung ist angesichts der im Vorjahr noch starken Inflationsdynamik als deutliche Entspannung zu werten. Die Energiepreise lagen im Jahresvergleich sogar leicht im Minus (Euroraum -0,1 %, EU -0,9 %), während die Preise für Investitionsgüter (Euroraum +1,7 %, EU +1,7 %) und Verbrauchsgüter (Euroraum +2,0 %, EU +2,2 %) moderat zulegten. Diese Zahlen illustrieren eine Normalisierung der Preisentwicklung nach den exzessiven Preissteigerungen der Vorjahre.
Längerfristige Tendenzen
Die vorliegenden Daten lassen sich in einen längerfristigen Kontext einordnen. Die Preisindizes für die Industrie insgesamt (Basisjahr 2021) liegen im Juni 2025 bei 123,9 im Euroraum und 125,6 in der EU. Der Index für die Industrie ohne Energie weist dagegen nur geringfügige Veränderungen auf und liegt bei 119,2 (Euroraum) bzw. 119,7 (EU). Diese Zahlen unterstreichen, dass die industrielle Preisentwicklung außerhalb des Energiesektors weitgehend stabil bleibt und keine neuen Inflationsimpulse ausgeht.
Fazit
Die jüngste Erzeugerpreisentwicklung bestätigt, dass die Inflationsdynamik in der Industrie weiterhin maßgeblich von den Energiepreisen beeinflusst wird. Die Kernindustrie – also ohne Energie – zeigt kaum Preisauftriebsimpulse, was für eine vorsichtige Erholung der Wirtschaft spricht. Die nationalen Unterschiede bleiben erheblich und spiegeln die unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wider. Für die Europäische Zentralbank und die Wirtschaftspolitik bedeutet dies, dass die Energiepreisvolatilität weiterhin im Fokus bleibt, während die übrige Industrie keine neuen Inflationsrisiken ausgeht.