EU auf Rückzug – Das skelettierte Handelsabkommen mit den USA als Zeichen geopolitischer Schwäche

Angesichts der bevorstehenden Eskalation im transatlantischen Zollstreit erwägt die Europäische Union ein sogenanntes „Skeleton Trade Deal“ mit den Vereinigten Staaten. Der Hintergrund ist ebenso klar wie besorgniserregend: US-Präsident Donald Trump droht ab dem 9. Juli mit einem pauschalen Strafzoll von 50 Prozent auf alle europäischen Warenimporte – ein wirtschaftspolitisches Damoklesschwert, das Brüssel offenbar zur Aufgabe substanzieller Verhandlungsspielräume drängt.

Kern des diskutierten Abkommens ist ein pauschaler 10-Prozent-Tarif auf EU-Exporte, der als Ausgangsbasis für weitere sektorspezifische Erleichterungen dienen soll. Während europäische Chefunterhändler unter Hochdruck in Washington verhandeln, zeigen sich tiefgreifende Risse innerhalb der Union. Deutschland, unter der Führung von Kanzler Friedrich Merz, plädiert für eine rasche Einigung – insbesondere zum Schutz seiner exportlastigen Automobil- und Maschinenbauindustrie. Frankreich, Italien, Spanien und Dänemark hingegen fordern ein ausgewogeneres Abkommen mit echten Gegenleistungen seitens der USA.

Derweil verschärft Washington den Ton: Neben der Zollandrohung auf Industrieprodukte steht nun auch ein 17-Prozent-Tarif auf europäische Agrarerzeugnisse im Raum – eine gezielte Eskalation, die innenpolitisch in den USA als Zeichen wirtschaftlicher Härte verkauft wird, in Europa jedoch als politischer Erpressungsversuch empfunden werden muss.

Die Strategie der EU-Kommission, ein reines „Agreement in Principle“ nach britischem Vorbild anzustreben – also ein nicht-bindendes Grundgerüst ohne umfassende Schutzklauseln – ist ein Offenbarungseid europäischer Verhandlungsführung. Es fehlt an politischem Rückgrat, wirtschaftlicher Vision und vor allem an strategischer Koordination zwischen den Mitgliedstaaten.

Brüssel betont zwar, ein zweites Maßnahmenpaket mit Gegenzöllen im Umfang von 100 Milliarden Euro in der Hinterhand zu halten. Doch das kalkulierte Zögern, um die Gesprächsdynamik mit Washington nicht zu gefährden, wirkt eher wie ein Eingeständnis außenpolitischer Ohnmacht denn wie ein Ausdruck kluger Diplomatie.

Kritik und Einordnung:
Der gegenwärtige Verlauf der Gespräche zeigt: Die EU ist in der Defensive. Statt wirtschaftliche Souveränität zu wahren und gegenüber der USA geschlossen aufzutreten, stellt sich Europa selbst ein Armutszeugnis aus. Wer ernsthaft glaubt, mit einem fragilen Mini-Abkommen die Aggression eines strategisch denkenden US-Präsidenten einzudämmen, unterschätzt sowohl die politische Ökonomie Washingtons als auch die Risiken eines dauerhaften Präzedenzfalls. Die Lehre aus diesem Fall muss lauten: Handelsautonomie braucht geopolitische Geschlossenheit – und den Mut zur Konfrontation, wenn die eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel steht.


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