Nach monatelangem Stillstand in den Verhandlungen mit den USA verschärft die EU ihren Ton im transatlantischen Handelskonflikt mit Präsident Donald Trump. Die EU-Kommission hat eine neue Liste möglicher Vergeltungszölle im Umfang von bis zu 95 Milliarden Euro veröffentlicht. Betroffen sind zentrale US-Exporte wie Flugzeuge (Boeing), Autos (Ford, General Motors), Haushaltsgeräte (Whirlpool), Agrarprodukte, medizinische Geräte sowie Spirituosen wie Whiskey.
Zusätzlich prüft Brüssel Exportrestriktionen im Wert von 4 Milliarden Euro, die gezielt US-Industrien treffen würden, die auf bestimmte europäische Vorprodukte angewiesen sind. Damit erhöht die EU ihren Druck, nachdem die USA weiterhin an pauschalen Strafzöllen von 10 Prozent sowie gezielten 25 Prozent auf Fahrzeuge, Stahl und Aluminium festhalten und sogar weitere Zölle auf Halbleiter und Pharmaprodukte planen.
Die EU kritisiert diese Asymmetrie scharf, da sie ihre eigenen Gegenmaßnahmen bislang im Sinne einer Deeskalation ausgesetzt hatte. Nun will sie, laut Kommission, mit „Augenmaß“ reagieren, um zwar Druck auszuüben, aber eine Eskalation zu vermeiden, die der eigenen Wirtschaft schaden könnte.
Die geplanten Zölle richten sich gezielt gegen Produkte, auf die Europa nicht angewiesen ist, was auch Zollsätze von über 50 Prozent möglich macht. Gleichzeitig betont die Kommission, dass sie keine Maßnahmen gegen für Europa essentielle Güter wie ASML-Maschinen ergreifen will. Auch Konsumenten sollen geschont werden, weshalb die Gesamtliste mit rund 100 Milliarden Euro unter dem Wert der US-Zölle auf EU-Exporte (rund 380 Milliarden Euro) bleibt.
Parallel dazu hat die EU ein Verfahren bei der WTO angekündigt, um die US-Zölle rechtlich anzufechten. Trotz der blockierten Berufungsinstanz der WTO sieht Brüssel darin ein wichtiges Signal gegenüber anderen Handelspartnern.
Die Maßnahmen sollen nach Abstimmung mit Unternehmen und Mitgliedstaaten Ende Juni oder Anfang Juli in Kraft treten. Bis zum 10. Juni können noch Änderungen an der Liste vorgenommen werden. Die EU betont, dass ohne ein deutliches Entgegenkommen der USA keine Zoll- oder Regulierungsreduktionen zu erwarten seien.
Fazit:
Die EU verschärft ihren Kurs gegenüber den USA im Handelsstreit, bleibt dabei aber strategisch vorsichtig. Ziel ist es, Druck auszuüben, ohne die eigene Wirtschaft zu beschädigen. Die geplanten Gegenmaßnahmen markieren einen Wendepunkt in den transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, deren Zukunft zunehmend vom Verhalten der US-Regierung abhängt.