1. Überblick und Kontext
Die vorliegende Antwort der Bundesregierung (Drucksache 21/1367) reagiert auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 21/1081) bezüglich der Vergabe von Fördermitteln an nichtstaatliche Umwelt- und Klimaschutzorganisationen. Die Fragesteller äußern Bedenken hinsichtlich Transparenz, Kontrolle und politischer Neutralität bei der Mittelvergabe, insbesondere im Hinblick auf mögliche Doppelfinanzierungen und undurchsichtige Absprachen. Sie heben die „zunehmend einflussreiche Rolle“ dieser Organisationen in der politischen Meinungs- und Entscheidungsbildung hervor, u.a. durch Beteiligung an Gesetzgebungsverfahren und Öffentlichkeitsarbeit.
Die Bundesregierung betont in ihrer Vorbemerkung die „Bedeutung gemeinnütziger Organisationen, engagierter Vereine und zivilgesellschaftlicher Akteure als zentrale Säulen unserer Gesellschaft“. Sie sieht die Förderung bürgerschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Engagements als Teil der Verantwortung des Staates im Rahmen einer wehrhaften Demokratie. Die fachliche Expertise von Nichtregierungsorganisationen (NROs) trage wesentlich zum Umweltbewusstsein und zur Fortentwicklung der Umweltpolitik bei.
2. Umfang und Art der Förderung
a) Empfänger der Fördermittel: Die Kleine Anfrage listet 17 spezifische Organisationen auf:
- a) Deutsche Umwelthilfe e. V.
- b) Greenpeace e. V.
- c) Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND)
- d) Stiftung WWF Deutschland
- e) Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e. V. (PIK)
- f) Germanwatch e. V.
- g) Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU)
- h) Deutscher Naturschutzring (DNR) e. V.
- i) Klima-Allianz Deutschland
- j) Öko-Institut e. V.
- k) adelphi research gGmbH
- l) Ecologic Institut gGmbH
- m) Forum Umwelt & Entwicklung e. V.
- n) NaturFreunde Deutschlands e. V.
- o) Green Legal Impact Germany e. V.
- p) Fridays for Future
- q) Letzte Generation
Einige der genannten Organisationen (Öko-Institut, Adelphi Research, Ecologic Institut) werden von der Bundesregierung als Forschungs- und Beratungseinrichtungen eingeordnet, die „wichtige Beiträge zu einer faktenbasierten Klima- und Umweltpolitik leisten“, jedoch nicht als NROs im Sinne der Fragestellung. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e. V. (PIK) wird explizit als Mitglied der staatlich geförderten Leibniz-Gemeinschaft und somit nicht als „nichtstaatliche Umwelt- und Klimaschutzorganisation“ von der Beantwortung ausgenommen.
b) Fördervolumen und -arten (2020-2027): Die Anlage 1 zur Drucksache 21/1367 liefert detaillierte Angaben zu tatsächlich geleisteten Zahlungen (2020-2025) und vorgesehenen Fördermitteln (2026-2027), überwiegend in Form von Projektförderung. Lediglich der Deutscher Naturschutzring (DNR) e.V. erhält eine explizite institutionelle Förderung in den Jahren 2020-2025, die sich im Bereich von 1,8 Mio. bis 2,2 Mio. Euro jährlich bewegt. Die Klima-Allianz Deutschland e.V. erhält ebenfalls institutionelle Förderung für die Jahre 2023-2025.
Das gesamte Fördervolumen für die in Frage 1 genannten Organisationen beträgt im Entwurf für den Bundeshaushalt 2026 voraussichtlich 0,0058 Prozent der vorgesehenen Ausgaben (520,5 Mrd. Euro) und 2027 0,0026 Prozent der Ausgaben (507,5 Mrd. Euro). Eine gesonderte Auswertung von Bundesfördermitteln für „nichtstaatliche Umwelt- und Klimaschutzorganisationen“ wird laut Bundesregierung nicht vorgenommen, da der Begriff kaum einzugrenzen sei.
c) Zuständige Ministerien: Die Fördermittel stammen hauptsächlich aus den Haushalten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUKN), des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMFTR), des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ), des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWE) und des Auswärtigen Amtes (AA).
d) Konkrete Maßnahmen und Projekte: Die Anlage 1 listet eine Vielzahl konkreter Projekte auf, die die breite Palette der geförderten Aktivitäten widerspiegeln. Beispiele umfassen:
- Deutsche Umwelthilfe e.V.: Projekte zu Stickstoffreduktion, Kampagnen für pflanzlichere Ernährung, Lärmaktionsplanung, Schutz des Fischotters.
- Adelphi Research gGmbH: Finanzielle Unterstützung von KMU im Bereich Emissionsminderung, Bekämpfung von Meeresmüll in der Karibik, Unterstützung transnationaler Austauschplattformen.
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND): Projekte zur Agrarpolitik, Chemikalienbewusstsein, Digitalisierung im Umweltschutz, Wildkatzenwälder.
- Deutscher Naturschutzring (DNR) e.V.: Dialog- und Informationsplattformen zu Waldpolitik, Begleitung der 2030-Agenda, Chemikalienmanagement.
- Ecologic Institut gGmbH: Arktischer Meeresnaturschutz, Konferenzen zu Klimaschutzlösungen, Integration von Natur in die urbane Hydrologie.
- Germanwatch e.V.: Begleitung des Anpassungsfonds, Rohstoffabbau, Agrarpolitik, Klimafinanzierung.
- Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU): Großprojekte zum Schutz der Havelniederung, Förderung von Biodiversität in Pachtverträgen, Schutz der Saiga-Antilope in Kasachstan, Artenhilfsprogramme für den Schreiadler.
- Stiftung WWF Deutschland: Revitalisierung von Wildflusslandschaften, Schutz der Biodiversität in Russland und Bhutan, nachhaltiger Sandabbau, Meeresschutzgebiete.
- Öko-Institut e.V.: Potenziale von Aufforstung, KI für Energie- und Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitsbewertung, Regulatorik für Fusionsanlagen.
- NaturFreunde Deutschlands e.V.: Demokratieförderung im Umweltschutz, Jugendprojekte zum Klimaschutz, nachhaltiger Tourismus.
3. Kontrolle, Transparenz und politische Einflussnahme
a) Kontrolle der Mittelverwendung: Die Bundesregierung verweist auf die Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung (BHO) und die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (VV-BHO). Diese sehen „Verwendungsnachweisprüfungen und Erfolgskontrollen“ vor. Zuwendungsempfänger sind demnach zur „Berichterstattung bzw. Nachweiserbringung verpflichtet“ (Frage 4).
b) Doppelfinanzierung: Eine Doppelfinanzierung von Projekten durch Bundes- und EU-Mittel soll ausgeschlossen werden. Antragstellende müssen im Finanzierungs- bzw. Wirtschaftsplan „etwaige Förderungen Dritter (z. B. aus EU- oder Länderförderprogrammen)“ ausweisen (Fragen 18 und 20).
c) Politische Neutralität und Einflussnahme: Die Fragesteller äußerten Bedenken hinsichtlich politischer Neutralität und intransparenter Absprachen. Die Bundesregierung stellt klar, dass sie nicht befugt ist, „Zuwendungsempfängern Vorgaben zu machen im Hinblick auf die Ausübung der vom Grundgesetz garantierten Freiheitsrechte wie etwa dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit, sofern diese nicht Gegenstand einer Förderung sind“ (Frage 16). Verlautbarungen jenseits der konkret geförderten Projektumsetzung seien „Ausdruck einer Grundrechtsausübung“. Sanktionsmechanismen existieren für den Fall, dass Fördermittel entgegen den Bewilligungsauflagen zur parteipolitischen Einflussnahme oder unter Verletzung von Neutralitätsklauseln eingesetzt wurden (Frage 21).
d) Einbindung in politische Vorhaben und Gutachten: Organisationen werden bei Rechtssetzungsvorhaben und anderen politischen Vorhaben im Rahmen von § 47 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien beteiligt, wobei die Auswahl „nach der inhaltlichen Betroffenheit festzulegen“ ist (Frage 7). Die Bundesregierung gibt an, dass ihr keine Erkenntnisse über personelle, organisatorische oder finanzielle Verflechtungen zwischen den genannten Organisationen und politischen Parteien oder Aktionsgruppen vorliegen (Frage 13). Auch wurden der Bundesregierung keine Fälle bekannt, in denen Organisationen durch vertrauliche Vereinbarungen verpflichtet waren, bestimmte politische Positionen zu vertreten oder Lobbyaktivitäten durchzuführen (Frage 25).
e) Vertraulichkeitsvereinbarungen: Die Bundesregierung verneint die Existenz nicht öffentlich zugänglicher Vertraulichkeitsvereinbarungen oder Memoranda of Understanding mit Bundesministerien oder der Europäischen Kommission, die sich auf finanzielle Zuwendungen, strategische Kooperationen oder politische Unterstützung beziehen (Frage 22).
4. Flächenerwerb und Nationales Naturerbe
Einige Organisationen erhalten Mittel für den Erwerb von Naturschutzflächen oder direkte Übertragungen von Flächen aus Bundesbesitz.
- Für NABU sind in den Jahren 2026/2027 Bundesmittel für den Erwerb von Naturschutzflächen im Rahmen der Projekte „Untere Havel zwischen Plaue und Gnevsdorf“ und „Gemeinsam für den Schreiadler“ vorgesehen.
- Im Rahmen der Übertragung des Nationalen Naturerbes (NNE) sind 2025 (ggf. 2026/2027 bei Verzögerungen) folgende Flächenübertragungen an Organisationen geplant:
- BUND: 55 ha
- WWF: 167 ha
- NABU Kreisverband Stendal: 22 ha
- NABU-Stiftung Nationales Naturerbe: 1.973 ha (Frage 26).