Friedrich Merz über Angela Merkel: Einblicke in eine komplexe politische Beziehung aus seiner Sicht

Die deutsche Politik ist reich an komplexen Beziehungen, und eine der meistdiskutierten ist zweifellos die zwischen Friedrich Merz und Angela Merkel. Über Jahre hinweg prägten sie die CDU auf unterschiedliche Weise, mal als Partner, mal als Konkurrenten. Friedrich Merz hat sich persönlich zu dieser Dynamik geäußert und bietet damit einen faszinierenden Einblick in die Mechanismen von Macht, Zusammenarbeit und Entfremdung an der Spitze der deutschen Politik. Betrachten wir seine Erzählung genauer.

Die Anfänge: Harmonie und Aufbruchstimmung (1998-2000)

Nach dem Regierungswechsel 1998, als Helmut Kohl von Gerhard Schröder abgelöst wurde, begann für die CDU eine Zeit der Neuorientierung in der Opposition. In dieser Phase übernahmen Angela Merkel als frisch gebackene Generalsekretärin der CDU und Friedrich Merz als stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag wichtige Aufgaben. An der Spitze von Partei und Fraktion stand zu dieser Zeit Wolfgang Schäuble.

Merz erinnert sich an diese ersten Jahre als eine Periode, in der er und Merkel „sehr sehr gut sehr freundschaftlich und gut zusammen“ gearbeitet hätten. Es war eine Zeit des gemeinsamen Aufbruchs und der Neuausrichtung der Partei.

Der Wendepunkt: Machtwechsel und erste Risse (2000-2002)

Die Dynamik änderte sich, als Wolfgang Schäuble von seinen Ämtern als Partei- und Fraktionsvorsitzender zurücktrat. Nun rückten Merz und Merkel in die ersten Reihen auf: Merz wurde Fraktionsvorsitzender, Merkel übernahm den Parteivorsitz. Ab diesem Zeitpunkt, so Merz, wurde die Zusammenarbeit „etwas schwierig“.

Interessanterweise, so gibt Merz zu, habe er diese Entwicklung anfangs nicht so eingeschätzt. Es seien seine Mitarbeiter gewesen, die ihn darauf aufmerksam machten, dass manche Dinge „nicht gut laufen“. Dies deutet auf eine schleichende Entfremdung hin, die möglicherweise auf unterschiedlichen Ebenen wahrgenommen wurde.

Das Zerwürfnis 2002: Unterschiedliche Ansichten und Arbeitsweisen

Das Wahljahr 2002 markierte einen entscheidenden Bruch. Angela Merkel beanspruchte als Parteivorsitzende auch den Fraktionsvorsitz – ein Schritt, den Merz als „vollkommen zurecht“ bezeichnet, da es üblich sei, dass der Parteivorsitzende in der Opposition auch die Fraktion führt.

Die Gründe für die wachsenden Spannungen waren vielschichtig. Merz betont, dass sie sich „in der Sache in vielen Fragen nicht einer Meinung“ gewesen seien. Noch gravierender wog jedoch ein anderer Aspekt: „Vor allem waren sie sich in der Arbeitsmethodik nicht einig.“
Hier prallten zwei grundlegend verschiedene Stile aufeinander:

  • Angela Merkel, so Merz, entschied und agierte bevorzugt in einem „sehr kleinen Kreis“.
  • Friedrich Merz beschreibt sich hingegen als „völlig anders gestrickt“ und präferiert die Arbeit „in großen Teams“.

Diese fundamentalen Differenzen in der Herangehensweise an politische Arbeit führten schließlich 2002 zu einem „Zerwürfnis“.

Professioneller Umgang und die Jahre danach

Trotz dieses tiefen Einschnitts betont Merz, dass beide Seiten „professionell umgegangen“ seien und sie „anständig auseinander gegangen“ seien. Interpretationen eines reinen „Machtgerangels“ oder die Verbreitung von Geheimnissen sieht er als Überhöhung der Situation. Für ihn sei es „normal“, dass Beziehungen auseinandergingen oder Menschen nicht zusammenpassten, und er zieht hier sogar einen Vergleich zu Ehen, die geschieden werden.

Nachdem Merkel 2002 den Fraktionsvorsitz übernommen hatte, so Merz, hätten sie „nicht wirklich zusammengearbeitet“. Er nimmt dabei „mindestens genauso viel Verantwortung“ für diese Entwicklung auf sich wie Merkel. Die Art und Weise, wie der Wechsel 2002 vollzogen wurde, sei zwar „nicht in Ordnung“ gewesen, doch betrachtet er dies als „längst rechtsverierte Zeit“ – ein abgeschlossenes Kapitel.

Obwohl er eigentlich 2006 aus dem Bundestag ausscheiden wollte, blieb Merz noch die Wahlperiode von 2005 bis 2009. Dies führt er darauf zurück, dass es 2005 vorgezogene Wahlen gab und er kurzfristig keinen Nachfolger für seinen Wahlkreis präsentieren konnte. Er ist sich bewusst, dass er „bei Angela Merkel nie eine Chance noch mal irgendwo eine Funktion zu bekommen“ gehabt hätte, und er habe dies auch respektiert.

Reflexionen aus der Distanz und die Rückkehr

Merz‘ Vater, so eine Randnotiz, sei „mit der Politik von Angela Merkel so unzufrieden war“, dass er viele Jahre später aus der CDU ausgetreten sei. Merz betont jedoch, dies habe nichts mit den Ereignissen von 2002 zu tun gehabt. Er selbst blieb Mitglied der Partei.

Angela Merkels Ankündigung ihres Rückzugs von der Parteispitze Ende Oktober 2018 war für Friedrich Merz ein entscheidender „Auslöser“ für seine eigene Rückkehr in die aktive Bundespolitik und mündete in seiner Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz.

Er zieht auch Parallelen zur späteren Konstellation mit Annegret Kramp-Karrenbauer als Parteivorsitzender und Angela Merkel als Bundeskanzlerin. Diese Doppelspitze, so Merz, konnte „nicht gut gehen“ – ähnlich, wie es bei ihm und Merkel in einer vergleichbaren Situation wohl auch nicht funktioniert hätte.

Während seiner Abwesenheit von der Bundespolitik nach 2009 war Merz „überhaupt nicht zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung damals“, äußerte sich jedoch nur selten öffentlich kritisch.

Rückblicke und aktuelle Begegnungen

Interessant ist auch der Rückblick auf die Zeit nach Kohls Abgang. Damals, so wird es dargestellt, habe Merz möglicherweise erwartet, dass ihm die Führungsrolle quasi automatisch zufallen würde, während Angela Merkel Fraktions- und Parteivorsitzende wurde und er ihr Stellvertreter. Er wurde damals auch als „Bündnispartner von Angela Merkel“ wahrgenommen, der ein „Reformer im System Kohl“ sein wollte.

Auch jüngere Ereignisse finden Erwähnung: So wird berichtet, dass Angela Merkel Merz‘ Vorgehen bezüglich einer möglichen Mehrheit unter Einbeziehung der AfD kritisiert habe.

Trotz aller vergangenen Schwierigkeiten und Differenzen scheint jedoch eine Ebene des professionellen, ja sogar freundlichen Umgangs wieder möglich. Merz berichtet, dass er und Angela Merkel sich kurz vor dem Interview, in dem er diese Einblicke gab, beim Bundespräsidenten getroffen hätten und „freundlich und nett miteinander umgehen“.

Fazit: Eine vielschichtige politische Weggemeinschaft

Friedrich Merz‘ Schilderungen zeichnen das Bild einer Beziehung, die von anfänglicher guter Kooperation über tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten und ein klares Zerwürfnis bis hin zu einem professionellen und schließlich wieder entspannteren Umgang reicht. Im Kern standen unterschiedliche Arbeitsweisen und wohl auch strategische Differenzen. Merz‘ Darstellung legt Wert darauf, die Ereignisse nicht übermäßig zu dramatisieren, sondern als Teil normaler politischer und menschlicher Entwicklungen zu sehen, bei denen er auch eigene Verantwortung nicht scheut. Es ist der Blick eines Akteurs auf eine prägende Phase deutscher Politik – ehrlich, reflektiert und aus seiner ganz persönlichen Warte.


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