Friedrich Merz sorgte am Rande des G-7-Gipfels mit einer Äußerung im ZDF-Interview für heftige Reaktionen: Er bezeichnete den israelischen Vergeltungsschlag gegen Iran als „Drecksarbeit, die Israel für uns alle erledigt“, und zollte der israelischen Armeeführung „größten Respekt“. Damit rückte er das Vorgehen Israels nicht nur in ein gemeinsames westliches Interesse, sondern stilisierte es zugleich als notwendige, wenn auch schmutzige Stellvertreter-Aufgabe. SPD-Politiker Ralf Stegner nannte die Wortwahl „befremdlich“, der grüne Außenpolitiker Anton Hofreiter sprach von mangelndem Fingerspitzengefühl, Linken-Vertreter warfen Merz gar eine „Verhöhnung der Opfer“ und die Legitimierung eines völkerrechtswidrigen Angriffs vor. Sarah Wagenknecht (BSW) sah in Merz’ Äußerung eine „beispiellose Entgleisung“ und erinnerte daran, dass das Völkerrecht auch gegenüber sogenannten Schurkenstaaten gilt.
Kritiker verweisen darauf, dass Merz im Ukrainekrieg stets die unbedingte Geltung internationaler Normen beschwört, beim israelischen Vorgehen gegen Iran jedoch schweigt, obwohl dieses offen auf einen Regimewechsel ziele. Die Wortwahl „Drecksarbeit“ offenbart dabei nicht nur ein problematisches Nah-und-Ferne-Narrativ – eine Mächtekonstellation, in der der Westen andere die blutige Arbeit erledigen lässt –, sondern sie relativiert zugleich die eigene Verantwortung. Wer ernsthaft von einer sicherheitspolitischen Notwendigkeit spricht, müsste konsequenterweise auch die eigene Beteiligung diskutieren, statt sie rhetorisch an einen Verbündeten auszulagern.
Substanziell öffnet Merz damit zwei kritische Flanken: Erstens unterminiert er die deutsche Glaubwürdigkeit, wenn das Völkerrecht selektiv beschworen wird. Zweitens verstärkt er durch die Formulierung ein Eskalationsnarrativ („unser Krieg gegen den Iran“), das in der gegenwärtigen, ohnehin hochsensiblen Lage diplomatische Spielräume weiter verengt. Die innenpolitische Empörung ist somit weniger eine Frage der Wortwahlästhetik als der strategischen Konsequenzen: Sprache, die Kriege als „Drecksarbeit“ etikettiert, degradiert völkerrechtliche Normen zur Option und verschleiert zugleich reale Handlungspflichten. Kurz: Merz’ Auftritt entlarvt nicht nur eine bemerkenswerte Beliebigkeit im Umgang mit internationalem Recht, sondern wirft auch die Frage auf, ob reine Realpolitik ohne öffentlich artikulierte Verantwortung noch als glaubwürdige außenpolitische Linie taugt.