Die Bundesregierung hat zum 1. August 2025 eine Reihe von gesetzlichen Neuregelungen in Kraft gesetzt, die teils erhebliche Auswirkungen auf Mietrecht, Steuerpolitik, Digitalisierung, Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Infrastruktur haben. Nachfolgend eine umfassende Zusammenfassung und Bewertung der wichtigsten Maßnahmen:
1. Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029
Die Verlängerung der Mietpreisbremse um weitere vier Jahre soll dem anhaltenden Anstieg der Wohnkosten, insbesondere in Ballungsräumen, Einhalt gebieten. Der Schritt erscheint angesichts der Wohnungsknappheit nachvollziehbar, bleibt jedoch ein Placebo-Eingriff: Ohne eine signifikante Erhöhung des Wohnungsangebots verfehlt die Maßnahme ihr langfristiges Ziel. Marktverzerrungen und Investitionshemmnisse könnten sogar verstärkt werden.
2. Digitale Passbilder Pflicht
Ab sofort müssen Passbilder für Ausweisdokumente digital übermittelt werden. Papierbilder sind nur noch bis 31. Juli 2025 im Rahmen einer Übergangsregelung zulässig. Die Maßnahme modernisiert den Ausweisantrag, erhöht die Fälschungssicherheit und dürfte mittelfristig zu effizienteren Verwaltungsprozessen führen. Kritisch bleibt jedoch die Abhängigkeit von digitalen Infrastrukturen und Dienstleistern.
3. Investitionsanreize für Ausrüstungen und Elektrofahrzeuge
Im Rahmen eines „Wachstumsboosters“ können Unternehmen Investitionen in Maschinen und Fahrzeuge künftig mit bis zu 30 % jährlich abschreiben. Für Elektrofahrzeuge gelten Sonderabschreibungen von 75 % im Anschaffungsjahr, die Preisobergrenze für steuerlich begünstigte Dienstwagen steigt auf 100.000 Euro. Diese expansive Investitionspolitik zielt auf konjunkturelle Belebung und ökologische Lenkung, riskiert jedoch auch Mitnahmeeffekte und fiskalische Belastungen.
4. Verschiebung des Tierwohlkennzeichens
Die verpflichtende Einführung des Tierwohlkennzeichens für Schweinefleisch wird auf März 2026 verschoben. Zwar gewährt dies mehr Vorbereitungszeit für Betriebe und Länder, doch die Verzögerung konterkariert den gesellschaftlichen Wunsch nach transparenter Tierhaltung. Ein schrittweiser, verbindlicher Übergang wäre konsequenter gewesen.
5. Abschaffung der Stoffstrombilanz-Verordnung
Landwirte werden von der Pflicht entbunden, jährliche Nährstoffbilanzen zu führen. Der Bürokratieabbau spart rund 18 Millionen Euro, geht jedoch mit der Gefahr einher, Umweltwirkungen der Landwirtschaft weniger kontrollieren zu können. Ohne Ersatzmechanismen droht eine Schwächung ökologischer Auflagen.
6. Neuer Vogelschutzstandard bei Bahn-Elektrifizierung
Bundeseinheitliche Vorgaben sollen den Vogelschutz bei Bahnprojekten sicherstellen und gleichzeitig Genehmigungen beschleunigen. Dies ist ein seltener Fall kluger Regulierung: ökologisch verantwortbar, administrativ entlastend und infrastrukturell förderlich.
7. Vereinfachte Batterieentsorgung und neue Herstellerpflichten
Ab Mitte August können Batterien kostenfrei an Wertstoffhöfen abgegeben werden. Hersteller müssen künftig QR-Codes mit Umweltinformationen bereitstellen. Die Maßnahme fördert Recycling, Verbraucherschutz und Transparenz, allerdings bleibt die Frage offen, wie eine flächendeckende Umsetzung kontrolliert werden soll.
8. Strengere EU-Cybersicherheitsvorgaben für Funkgeräte
Für alle vernetzten Geräte – von Smartphones bis Spielzeug – gelten ab August neue Sicherheitsstandards. CE-Kennzeichnungen sollen den Schutz vor Datenmissbrauch und Netzangriffen erhöhen. Dies stellt einen wichtigen Schritt zur digitalen Souveränität dar, erfordert jedoch konsequente Marktaufsicht und technische Nachrüstungen.
9. Neue Transparenzpflichten für KI-Anbieter
Ab 2. August gelten EU-Vorgaben für sogenannte „General Purpose“-KI, also vielseitig einsetzbare Systeme. Sie müssen künftig offenlegen, wie sie funktionieren und welche Risiken sie bergen. Bei besonders potenten Modellen gelten strengere Auflagen. Die Regelung ist angesichts wachsender KI-Dominanz notwendig, doch bleibt die praktische Durchsetzbarkeit komplex.
10. Verlängerung der Fristen beim Ganztagsausbau
Die Fristen für den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen wurden bis 2029 verlängert. Dies schafft Planungssicherheit für Länder und Kommunen, offenbart aber auch die schleppende Umsetzung eines längst beschlossenen Rechtsanspruchs. Die strukturellen Probleme des Bildungsföderalismus bleiben ungelöst.
11. Generalsanierung der Bahnstrecke Berlin–Hamburg
Die bedeutende Verbindung wird bis April 2026 komplett gesperrt. Der Verkehr wird auf Ausweichstrecken und Ersatzbusse verlagert. Zwar sind Infrastrukturmaßnahmen überfällig, doch stellt sich die Frage, warum eine solch zentrale Verbindung nicht abschnittsweise saniert werden konnte.
Fazit:
Die Neuregelungen im August 2025 präsentieren sich als technokratisches Maßnahmenbündel mit starkem Fokus auf Digitalisierung, Wirtschaftsförderung und Verbraucherschutz. Sie zeigen den Versuch, staatliches Handeln effizienter und moderner zu gestalten. Gleichwohl offenbaren sie die altbekannten Schwächen deutscher Politik: Reformverzögerungen, Symbolpolitik und eine immer stärkere Verrechtlichung gesellschaftlicher Prozesse. Ohne strukturelle Antworten auf fundamentale Herausforderungen – etwa im Wohnungsbau, der Landwirtschaft oder der Bildung – bleiben viele Maßnahmen Stückwerk.