Das Dokument „Drucksache 21/1054“ ist eine offizielle Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion, namentlich der Abgeordneten Stephan Brandner und Martin Hess, zum Thema „Entwicklung von Gruppenvergewaltigungen bis zum 31. Dezember 2024“. Die Auswertung basiert auf Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und deckt den Zeitraum 2010 bis 2024 ab. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass „Gruppenvergewaltigung“ kein feststehender juristischer Begriff ist. Die PKS arbeitet mit einer Definition, die sich aus dem Straftatbestand der gemeinschaftlichen Tatbegehung nach § 177 StGB ableitet. Aufgrund mehrerer Änderungen in Rechtslage und Erfassungsmethodik (2016/2017 sowie 2017/2018) sind die Daten im Längsschnitt nur eingeschränkt vergleichbar.
1. Entwicklung der Fallzahlen
Die bundesweiten Fallzahlen schwankten stark: 2010 wurden 593 Fälle registriert, 2015 waren es 400, 2016 kam es zu einem sprunghaften Anstieg auf 749 Fälle. 2017 fielen die Zahlen infolge der neuen Erfassung auf 380, um dann wieder anzusteigen – 2018: 659 Fälle, 2019: 710 Fälle, 2020: 704 Fälle. In den letzten Jahren lagen die Werte stabil hoch: 2021 bei 677, 2022 bei 789, 2023 bei 761 und 2024 bei 788 Fällen. Der Anstieg ab Mitte der 2010er Jahre ist besonders auffällig, wobei 2016 den bisherigen Höchststand markiert. Auffällig ist auch die ungleiche Verteilung zwischen Bundesländern: bevölkerungsreiche Länder wie NRW, Niedersachsen und Bayern verzeichnen regelmäßig hohe Zahlen, während kleinere Länder wie das Saarland oder Thüringen nur wenige Fälle melden.
2. Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger
Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger stieg von 34 % (2010) über 46 % (2015) auf Spitzenwerte von 55–56 % (2016–2017) und lag zuletzt bei 51 % (2024). In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass in mehreren Jahren mehr als die Hälfte der ermittelten Täter keine deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
3. Häufigste Nationalitäten der Tatverdächtigen
Seit 2015 dominieren – neben deutschen Tätern – besonders syrische, afghanische, irakische und türkische Staatsangehörige. 2024 zählten zu den fünf häufigsten Tätergruppen: Deutschland (497 Personen), Syrien (116), Afghanistan (52), Irak (40), Türkei (30). In den Jahren vor der großen Migrationsbewegung 2015 waren die häufigsten nichtdeutschen Herkunftsländer eher Türkei, Serbien, Rumänien, Polen und Irak.
4. Aufklärungsquote
Der Anteil nicht aufgeklärter Fälle schwankte zwischen 36 % (2024) und 69 % (2016). Ab 2018 liegt die Quote zwischen 36 % und 42 %, was auf eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Tiefpunktjahr 2016 hindeutet.
5. Opferzahlen
Die Opferzahlen folgen den Fallzahlen, liegen aber höher, da es pro Fall oft mehrere Opfer gibt. 2010 wurden 603 Opfer erfasst, 2016 waren es 840, 2024 schließlich 812. Deutsche Opfer stellen in allen Jahren die Mehrheit: seit 2013 konstant etwa 75–80 %, nichtdeutsche Opfer liegen zwischen 15 % und 21 %. Der Anteil der als „Zuwanderer“ erfassten Opfer bewegt sich seit 2018 zwischen 3 % und 5 %.
6. Tatverdächtige insgesamt
Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen lag 2010 bei 793, fiel bis 2015 auf 433, um danach wieder zu steigen. 2018 wurden 839 Tatverdächtige erfasst, 2024 lag der Wert bei 1 011. Deutsche Tatverdächtige sind zwar nach wie vor die größte Gruppe, ihr Anteil sank von über 65 % (2010) auf knapp 50 % (2024). Parallel dazu stieg der Anteil der als „Zuwanderer“ eingestuften Tatverdächtigen seit 2018 von 22 % auf rund 16 % (2024), wobei der Wert seit einigen Jahren leicht rückläufig ist.
7. Vorstrafen und Drogenkonsum
Ein erheblicher Teil der Täter war bereits zuvor polizeilich bekannt: je nach Jahr zwischen 65 % und 77 % aller aufgeklärten Fälle betrafen mindestens einen Mehrfachtäter. Der Anteil der Fälle mit Tätern, die harte Drogen konsumierten, blieb dagegen konstant gering, zwischen 5 % und 9 %.
8. Kritische Bewertung
Die Daten belegen eine deutliche Zunahme der Fallzahlen ab Mitte der 2010er Jahre, was teils auf methodische Änderungen, teils aber auch auf reale Anstiege hindeuten dürfte. Besonders brisant ist der kontinuierlich hohe Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger, der bei rund der Hälfte aller Fälle liegt. Dieser Befund steht im Spannungsfeld zwischen migrationspolitischer Realität und öffentlicher Sicherheitswahrnehmung. Dass zudem ein großer Teil der Täter vorbestraft ist, wirft Fragen zur Wirksamkeit präventiver Maßnahmen und zur Rückfallvermeidung auf. Bemerkenswert ist, dass der Anteil „Zuwanderer“ unter den Tätern zwar seit 2018 relativ hoch ist, zuletzt aber leicht gesunken ist – möglicherweise ein Indiz für erfolgreiche Integrations- oder Präventionsprogramme, aber auch für eine Verschiebung innerhalb der Tätergruppen. Die Zahlen zeigen ferner, dass es sich um ein Delikt mit hoher Opferzahl pro Fall handelt und dass weibliche Opfer deutlich überwiegen. Gleichzeitig macht die relativ niedrige Drogenkonsumentenzahl deutlich, dass das Problem nicht primär drogengetrieben, sondern eher durch andere Faktoren bedingt ist – vermutlich Gruppen- und Gelegenheitstatdynamiken.