Inmitten anhaltender Gewalt und humanitärer Katastrophenmeldungen aus dem Gazastreifen hat der frühere US-Präsident Donald Trump medienwirksam erklärt, Israel habe einer 60-tägigen Waffenruhe zugestimmt – unter Bedingungen, die nun von der Hamas akzeptiert werden müssten. Katar und Ägypten sollen den Vorschlag an die palästinensische Seite übermitteln. Doch während Trump seine diplomatische Initiative als finalen Friedensimpuls verkauft, mehren sich Zweifel an der Substanz und Ernsthaftigkeit seines Vorstoßes.
Laut Trump fand ein „langes und produktives“ Treffen zwischen seinen Vertretern und der israelischen Delegation statt, bei dem die Grundlagen für eine temporäre Einstellung der Kampfhandlungen gelegt worden seien. Während dieses Zeitraums solle unter Vermittlung der USA an einer langfristigen Lösung gearbeitet werden. Die Botschaft an die Hamas ist eindeutig: Nimmt sie das Angebot nicht an, werde sich ihre Lage weiter verschlechtern. Die Formulierung gleicht weniger einem diplomatischen Appell als einer Drohung – und offenbart Trumps strategische Linie: maximaler Druck bei minimalem diplomatischem Spielraum.
Ob es sich dabei um mehr als eine politische Inszenierung handelt, bleibt offen. Denn bislang fehlt jede offizielle Bestätigung der israelischen Regierung. Auch aus Hamas-Kreisen ist keine Bewegung zu vernehmen. Die islamistische Organisation hat in der Vergangenheit mehrfach Waffenruhen abgelehnt, wenn sie nicht mit einem dauerhaften Kriegsende oder der Aufhebung der Blockade einhergingen. Zudem ist der Verbleib von rund 50 Geiseln, von denen nach Angaben aus Washington mehr als die Hälfte vermutlich tot ist, ein zentrales Hindernis in den Verhandlungen.
Der Zeitpunkt von Trumps Ankündigung ist nicht zufällig. In der kommenden Woche wird Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zu Gesprächen im Weißen Haus erwartet. Die Aussicht auf ein Abkommen gibt Trump die Gelegenheit, sich – erneut – als globaler Friedensstifter zu inszenieren. Eine Rolle, die er sich bereits in früheren Amtszeiten angemaßt hat, etwa beim „Abraham-Abkommen“ zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten. Doch die Realität im Gazastreifen ist komplexer, brutaler und weniger empfänglich für amerikanische Showpolitik.
Besonders zynisch wirkt Trumps Rhetorik angesichts der verheerenden humanitären Lage. Internationale Hilfsorganisationen wie Oxfam, Amnesty International und Save the Children prangern die Zustände als chaotisch und lebensbedrohlich an. Die Verteilung von Hilfsgütern sei nicht nur ineffizient, sondern tödlich. Mindestens zehn Menschen wurden Berichten zufolge bei der Lebensmittelvergabe erschossen, während israelische Luftangriffe in Khan Younis 37 Todesopfer forderten. Solche Vorfälle stehen in starkem Kontrast zur vermeintlich bevorstehenden Friedenslösung.
Trumps diplomatischer Vorstoß ist damit weniger ein konkreter Beitrag zur Deeskalation als Teil einer politischen Bühne, auf der Symbolik wichtiger ist als Substanz. Solange keine belastbare Einigung vorliegt und weder Israel noch Hamas verbindliche Zusagen machen, bleibt seine Ankündigung eine PR-Offensive im Wahlkampfmodus. Die strukturellen Ursachen des Konflikts – die Geiselkrise, das Leiden der Zivilbevölkerung, der politische Stillstand – sind damit keineswegs gelöst.
Fazit: Trumps verkündete Waffenruhe bleibt vorerst ein rhetorisches Manöver mit unsicherer Grundlage. Ohne konkrete Verhandlungsfortschritte und ohne Berücksichtigung der humanitären Dringlichkeit droht sein Vorschlag, zu einem weiteren Puzzlestück in der langen Geschichte gescheiterter Nahost-Initiativen zu werden – diesmal mit maximaler Medienwirksamkeit, aber minimaler Glaubwürdigkeit.