In Zeiten technologischer Umbrüche, geopolitischer Neuvermessungen und medialer Dauererregung drängen sich spezielle Investmentthemen geradezu auf: Künstliche Intelligenz, Cybersecurity, Drohnentechnologie oder die Renaissance der Rüstungsindustrie sind nur einige jener Sektoren, die derzeit als „Zukunftsmärkte“ mit vermeintlich unausweichlichem Wachstum gelten. Für Anleger stellt sich daher die Frage: Sollte man als langfristig orientierter Investor auf diese Hypes aufspringen – etwa über spezialisierte ETFs?
Die Antwort ist: mit äußerster Vorsicht – und vor allem mit einer klaren Exit-Strategie.
Thematische ETFs: Verlockung mit Klumpenrisiko
Thematische ETFs versprechen einfachen Zugang zu komplexen Wachstumstrends. Der Anleger investiert nicht in einzelne Unternehmen, sondern in ganze Wertschöpfungsketten – etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Halbleiterhersteller, Cloud-Dienste und Softwarearchitektur zugleich. Das klingt zunächst nach sinnvoller Diversifikation, ist in der Praxis aber häufig eine Scheinvielfalt: Viele KI-ETFs sind letztlich übergewichtet in den ohnehin prominenten Tech-Giganten wie NVIDIA, Microsoft oder Alphabet. Eine echte Risikostreuung sieht anders aus.
Ähnliches gilt für ETFs auf Rüstungsunternehmen. Diese profitieren aktuell von sicherheitspolitischen Paradigmenwechseln – allen voran durch die Zeitenwende der deutschen Verteidigungspolitik und der massiven Erhöhung der NATO-Rüstungsausgaben. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Politische Konjunkturzyklen sind volatil, der öffentliche Diskurs über Rüstungsprofite schwankt stark, und ESG-konforme Fonds meiden diese Branche systematisch. Langfristige Stabilität sieht anders aus.
Das eigentliche Problem: Der Ausstieg
Der große blinde Fleck vieler Anleger liegt jedoch nicht im Einstieg, sondern im Exit. Während der Kauf in Hype-Zeiten meist emotional begründet ist – oft ausgelöst durch mediale Euphorie oder soziale Netzwerke –, fehlt es beim Verkauf an Disziplin, Klarheit und Strategie. Wer im Hoch investiert, erlebt nicht selten, wie die Kurse nach einer Phase der Übertreibung brutal korrigieren. Doch genau dann setzt die psychologische Trägheit ein: Die Hoffnung auf Erholung lähmt den klaren Blick. Statt Verluste zu begrenzen, werden Positionen ausgesessen – häufig mit fatalem Ergebnis.
Wer thematisch investiert, muss deshalb mit einem disziplinierten Regelwerk agieren. Das kann ein zeitlich begrenztes Investment sein (etwa auf ein oder zwei Jahre), ein technischer Ausstieg anhand gleitender Durchschnitte oder ein fundamental-narrativer Trigger: etwa der Wandel im öffentlichen Diskurs oder politische Maßnahmen, die das Ertragspotenzial nachhaltig schmälern. Wer ohne solche Mechanismen investiert, begibt sich auf das Feld der Spekulation – nicht der strategischen Kapitalanlage.
Langfristigkeit verlangt Substanz
Ein weiteres Problem: Die meisten thematischen ETFs fehlen robuste Fundamentaldaten, an denen sich langfristige Anleger orientieren könnten. Bewertungskennzahlen sind oft überzogen, Dividendenrenditen niedrig oder gar nicht vorhanden, der Cashflow volatil. Das macht es schwer, Über- oder Unterbewertungen zu erkennen – und begünstigt herdentriebartiges Verhalten. Wer langfristig investieren will, sollte sich auf Unternehmen mit nachweislich stabilen Ertragsstrukturen, technologischem Burggraben und solider Bilanz konzentrieren – nicht auf Hoffnungsträger im medialen Rampenlicht.
Fazit: Taktische Beimischung, kein strategisches Fundament
Thematische ETFs können ihren Platz im Portfolio haben – aber nur als Beimischung, nicht als tragende Säule. Wer sich ihrer bedient, muss sich der Risiken bewusst sein und vor allem den Ausstieg von Anfang an mitdenken. Ein Core-Satellite-Ansatz kann hier helfen: Ein breit diversifiziertes Weltportfolio bildet das strategische Fundament, während thematische Positionen gezielt, bewusst und zeitlich begrenzt zur Performancebeimischung genutzt werden. Wer hingegen Hypes zur Grundlage seines Vermögensaufbaus macht, investiert weniger in reale Werte als in Wunschdenken – und das ist mit langfristiger Stabilität unvereinbar.
Der kluge Anleger weiß: Der Gewinn liegt nicht im Einstieg, sondern im gelungenen Ausstieg. Wer das nicht vorbereitet, handelt nicht strategisch – sondern spekuliert.