1. Gesamtwirtschaftliche Entwicklung
Der zu Jahresbeginn 2025 eingesetzte wirtschaftliche Aufschwung ist ins Stocken geraten. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging im zweiten Quartal preis-, saison- und kalenderbereinigt zurück. Eine moderate Erholung zeigt sich lediglich im Bauwesen, während die Industrieproduktion weiterhin schwach bleibt. Die Konsumnachfrage stagniert; allerdings haben sich die Geschäftserwartungen im Oktober leicht verbessert. Dennoch sind die Folgen der konjunkturellen Schwäche am Arbeitsmarkt deutlich sichtbar.
2. Außenwirtschaftliches Umfeld
Die Weltwirtschaft befindet sich auf einem verhaltenen Erholungspfad. In den USA zog das Wachstum im zweiten Quartal mit +0,9 % an, in China wuchs das BIP im dritten Quartal um +1,1 %. Beide Länder verzeichnen leicht positive, aber nicht stabile Konjunkturaussichten. In der Eurozone fiel das Wachstum im zweiten Quartal mit +0,1 % schwach aus (nach +0,6 % im Vorquartal), die Erwartungen bleiben zwar positiv, haben sich jedoch eingetrübt.
3. Außenhandel
Der Rückgang des deutschen BIP im zweiten Quartal wurde maßgeblich durch den Außenhandel verursacht. Der Zollkonflikt mit den USA führte zu Vorzieheffekten bei Exporten Anfang des Jahres, die anschließend fehlten. Im Sommer setzte sich die Schwäche fort: Exporte sanken im August um 0,5 %, Importe um 1,3 %. Auch im produzierenden Gewerbe und in den Exporterwartungen spiegeln sich die unsicheren globalen Rahmenbedingungen wider.
4. Investitionen
Die Investitionstätigkeit nahm im zweiten Quartal zu, begünstigt durch Zinssenkungen und bessere Finanzierungsbedingungen. Im August kam es jedoch zu einem Produktionsrückgang bei Investitionsgütern; Auftragseingänge sanken bereits das dritte Mal in Folge. Positiv ist die Entwicklung im Bauhauptgewerbe, wo Produktion und Aufträge leicht zunahmen. Trotz eines leichten Rückgangs der Baugenehmigungen liegen diese weiterhin über dem Vorjahreswert. Das Geschäftsklima im Bau bleibt jedoch negativ.
5. Konsum
Die Konsumnachfrage bleibt schwach. Die Inflation lag im September bei 2,4 %, insbesondere Dienstleistungen verteuerten sich, während Energiepreise langsamer sanken. Wegen wirtschaftlicher Unsicherheit bleibt die Sparquote hoch. Reale Einzelhandelsumsätze stiegen im ersten Halbjahr, fielen aber im August erneut. Das Gastgewerbe verzeichnete rückläufige Umsätze, und das Konsumklima trübte sich nach einer kurzen Erholung wieder ein.
6. Arbeitsmarkt
Die Lage am Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Nach einem Anstieg der saisonbereinigten Arbeitslosigkeit im September sank sie im Oktober leicht. Die Unterbeschäftigung nahm stärker ab, der Bestand offener Stellen sank weiterhin leicht. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ging im August zurück, nachdem sie zuvor leicht gestiegen war. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer fiel im Oktober geringfügig, liegt mit 100,3 Punkten aber weiterhin knapp über der neutralen Marke (100 Punkte).
Kritische Einordnung
Die IAB-Einschätzung verdeutlicht eine fragile Stabilisierung: Während der Arbeitsmarkt noch eine gewisse Robustheit zeigt, droht die wirtschaftliche Basis – insbesondere Industrie und Konsum – zu erodieren. Die leichte Verbesserung der Erwartungen deutet auf ein mögliches Ende der Talsohle hin, ist aber aufgrund der volatilen internationalen Rahmenbedingungen (Zollkonflikte, Nachfrageschwäche, Zinsunsicherheit) mit Vorsicht zu interpretieren. Ohne nachhaltige Erholung der Binnennachfrage und Industrieproduktion bleibt die Gefahr einer Stagnation oder technischen Rezession bestehen.
Quelle: Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage – Oktober 2025 – IAB-Forum
