Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in seinem aktuellen Fiscal Monitor eine deutliche Warnung ausgesprochen: Die weltweiten Staatsschulden steigen weiter – und Deutschland kann sich diesem Trend nicht entziehen. Laut den Projektionen werden die globalen Schulden bis 2030 auf 118,5 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) klettern. Das entspricht einem deutlichen Anstieg gegenüber der letzten Prognose vom April (113,3 Prozent). Haupttreiber sind die hohen Defizite der großen Industrieländer, allen voran der USA.
Deutschland: Stabil, aber nicht immun
Für Deutschland rechnet der IWF mit einer Schuldenquote von 73,6 Prozent des BIP im Jahr 2030 – nur leicht unter dem derzeitigen Niveau von rund 75 Prozent. Damit bleibt die Bundesrepublik zwar unter dem EU-Stabilitätsziel von 60 Prozent, aber weit entfernt von der „schwarzen Null“-Politik, die einst die fiskalische Leitlinie der Bundesrepublik war. Besonders kritisch bewertet der IWF den strukturellen Druck auf die öffentlichen Finanzen: steigende Verteidigungsausgaben, Kosten der Energiewende, demografische Belastungen und Investitionen in digitale Infrastruktur. Diese Faktoren lassen den finanzpolitischen Spielraum zunehmend schrumpfen.
Globaler Kontext: USA und Japan als Schuldenmotoren
Die größten Impulse für den weltweiten Schuldenanstieg kommen laut IWF aus den USA und Japan. Die Vereinigten Staaten sollen bis 2030 eine Verschuldung von 143,4 Prozent des BIP erreichen (nach zuvor erwarteten 128,2 Prozent), während Japans Quote trotz leichter Korrektur weiterhin auf extrem hohem Niveau bleibt – bei 222,2 Prozent. Die G7-Staaten zusammen werden laut Prognose auf 137,2 Prozent steigen. Im Euroraum wird die Verschuldung bei 92,2 Prozent erwartet, wobei Frankreich und Italien mit 121,1 bzw. 128,3 Prozent die höchsten Werte aufweisen.
IWF mahnt zu fiskalischer Disziplin
Der IWF warnt ausdrücklich, dass hohe Schuldenstände die finanzielle Stabilität langfristig gefährden könnten. Insbesondere die Kombination aus wachsendem Ausgabedruck und politischem Widerstand gegen Steuererhöhungen berge Risiken. Die Schlussfolgerung des Fonds ist klar: Ohne entschlossene Konsolidierung droht eine „Erosion fiskalischer Glaubwürdigkeit“. Für Deutschland bedeutet dies, dass die Rückkehr zu soliden Haushalten keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist – gerade in Zeiten steigender Zinskosten und wachsender globaler Unsicherheit.
Kritische Einordnung
Während die Zahlen des IWF unstrittig sind, bleibt die Interpretation umstritten. Eine Schuldenquote von über 70 Prozent ist für ein Land mit der Kreditwürdigkeit und Kapitalmarktstruktur Deutschlands derzeit tragfähig. Doch die Spielräume für neue Ausgabenprogramme werden enger, je länger strukturelle Defizite bestehen. Die Herausforderung für Berlin liegt daher weniger im kurzfristigen Schuldenabbau als in einer klaren Priorisierung der Ausgaben: Investitionen ja – aber finanziert durch Einsparungen, nicht durch neue Kredite.
Fazit
Deutschland steht vergleichsweise solide da, doch der Trend ist eindeutig: Ohne disziplinierte Haushaltspolitik droht der Verlust fiskalischer Souveränität. Der IWF sendet damit eine Botschaft, die gerade in Berlin Gehör finden sollte: Der Weg zurück zur Haushaltsdisziplin ist lang – aber unvermeidlich.
Quelle: IWF-Projektionen (Fiscal Monitor, Oktober 2025)