Koalition ohne Zweidrittelmehrheit: Ein Spiel mit hohen Kosten

Wenn die Koalition eine Zweidrittelmehrheit braucht, wird es immer sehr teuer

In der politischen Architektur der Bundesrepublik Deutschland ist die Zweidrittelmehrheit ein bewusst hoch angesetzter Schwellenwert. Sie schützt das Grundgesetz vor willkürlichen Änderungen, sichert die Unabhängigkeit zentraler Institutionen – etwa des Bundesverfassungsgerichts – und zwingt die Regierenden zu einem überparteilichen Konsens. Doch dieser Konsens hat seinen Preis – und der wird in Zeiten politischer Fragmentierung und haushaltspolitischer Enge zunehmend zur Belastungsprobe für Regierung und Steuerzahler gleichermaßen.

Aktuell verfügt die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD über 328 von 630 Bundestagssitzen – eine komfortable absolute Mehrheit, aber weit entfernt von den 420 Stimmen, die für verfassungsändernde Projekte nötig wären. Wenn die Regierung also Hand an das Grundgesetz legen will oder wichtige Richterposten wie am Bundesverfassungsgericht neu besetzen muss, bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich Stimmen aus der Opposition zu erkaufen – im übertragenen wie im haushaltspolitischen Sinne.

Ein prägnantes Beispiel war die Einführung des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für den Klima- und Transformationsfonds. Um die Zustimmung der Grünen zur Umgehung der Schuldenbremse im Zuge des Ukraine-Krieges zu erhalten, flossen gigantische Summen in Klimaprojekte, Energiewende-Infrastruktur und industriepolitische Subventionen. Was als Notfallmaßnahme begann, wurde zum Paradebeispiel für eine strukturelle Ausweitung staatlicher Lenkung, die ohne die politischen Erpressungspotenziale der Opposition kaum diese Größenordnung erreicht hätte.

Doch auch jenseits grüner Einflussnahme droht Ähnliches: Die Linke fordert in jeder denkbaren Verfassungsfrage massive soziale Gegenleistungen – von höheren Bürgergeldsätzen über Sozialwohnungen bis hin zu einem Ausbau der Vermögensbesteuerung. Selbst die AfD, die von anderen Fraktionen zwar zu Recht politisch isoliert wird, könnte im Falle einer schwächeren Koalition oder zunehmender Instabilität in die Nähe von „Zünglein an der Waage“-Rollen geraten – mit unkalkulierbaren Folgen für die politische Kultur und die fiskalische Integrität des Staates.

Was viele Beobachter unterschätzen, ist die strukturelle Schieflage, die solche Verhandlungslogiken erzeugen: Wer zur Verfassungsmehrheit gezwungen ist, verliert die Kontrolle über die Kosten seiner politischen Agenda. Es werden nicht nur Kompromisse im Inhalt geschlossen, sondern regelrechte politische Tauschgeschäfte, die den Haushalt dauerhaft belasten, ohne notwendigerweise einen Mehrwert für die Allgemeinheit zu schaffen. In der Summe entstehen milliardenschwere Programme, die weniger aus ökonomischer Vernunft als aus parteitaktischer Erpressbarkeit geboren werden.

Aus bürgerlich-konservativer Perspektive stellt sich die Frage nach der politischen Verantwortlichkeit: Kann eine Regierung, die sich auf teure Oppositionszugeständnisse stützt, überhaupt noch eine konsistente und verlässliche Reformpolitik betreiben? Aus marktwirtschaftlicher Sicht steht die Befürchtung im Raum, dass der Staat durch solche Verhandlungslogiken immer weiter in eine Ausgabenfalle gedrängt wird, aus der es kein Zurück mehr gibt – mit wachsender Staatsquote, steigender Steuerlast und sinkender Investitionsfreiheit.

Fazit: Wenn eine Regierung auf eine Zweidrittelmehrheit angewiesen ist, wird es fast zwangsläufig teuer – nicht nur im finanziellen Sinne, sondern auch in Bezug auf politische Klarheit, Haushaltsdisziplin und demokratische Verlässlichkeit. Was als notwendige Schutzklausel des Grundgesetzes gedacht war, wird in einer fragmentierten Parteienlandschaft zum Preishebel für teure Nebenabsprachen. Wer hier nicht aufpasst, bezahlt am Ende nicht nur mit Geld – sondern mit politischer Berechenbarkeit.


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